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Antibiotika

BfArM erlaubt Einzelimporte bei Cotrimoxazol-Lösungen

Bereits seit 2020 besteht ein offizieller Lieferengpass bei Cotrimoxazol. Um die Versorgung mit Lösungen zum Einnehmen und Injektionslösungen aufrechtzuerhalten, dürfen Apotheken nun ein spezifisches Kontingent per Einzelimport aus dem Ausland beziehen.
Benjamin Rohrer
Daniela Hüttemann
10.10.2022  15:45 Uhr

Antibiotika gehören leider zum festen Inventar in der Lieferengpass-Datenbank des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) – und es betrifft immer häufiger völlig gängige Substanzen: Schon in den vergangenen Tagen berichteten immer mehr Apotheken gegenüber der PZ über Lieferprobleme bei Cotrimoxazol und Amoxicillin.

Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) berichtet heute, dass der Cotrimoxazol-Lieferengpass mehrere Hersteller und Applikationsformen betrifft. Derzeit sind es laut Lieferengpass-Datenbank Tabletten, Suspensionen und Konzentrate zur Herstellung von Infusionslösungen. Lieferfähig sind die Firmen eigenen Angaben zufolge wohl erst Ende 2022 bis Mitte 2023. Nach Informationen der PZ wurde der Engpass in der vergangenen Woche im Lieferengpass-Beirat des BfArM besprochen. Das BfArM teilte mit, dass es kurzfristig für Lösungen zum Einnehmen und Injektionslösungen eine Import-Lösung gebe.

Lösungen zum Einnehmen und Injektionslösungen importierbar

Laut AMK hat das BfArM die Apotheken nun konkret in die Lage versetzt, ein Kontingent an bestimmter ausländischer Ware per Einzelimport zu beziehen. Zur Erklärung: Im Arzneimittelgesetz § 73 ist vorgesehen, dass Fertigarzneimittel, die hierzulande nicht zugelassen sind, auch über Einzelimporte in den Verkehr gebracht werden können, wenn der betroffene Wirkstoff für die Versorgung unbedingt benötigt wird.

Laut AMK betrifft dies die Lösung zum Einnehmen sowie die Injektionslösung der Firma Eumedica, die in den Aufmachungen Englisch/Arabisch, Norwegisch, Französisch, Englisch/Russisch, Niederländisch, Serbisch sowie Griechisch für den Import nach Deutschland verfügbar ist. Die Importe sollten über den Weg der internationalen Apotheken geschehen, heißt es weiter.

Große therapeutische Lücke

Cotrimoxazol (die Fixkombination aus Sulfamethoxazol und Trimethoprim) gehört zu den am häufigsten verordneten Arzneimitteln. Beide Wirkstoffe wirken bakteriostatisch, indem sie die Synthese von Tetrahydrofolsäure hemmen. Gemeinsam wirken sie bakterizid auf aerobe grampositive und -negative Keime, daher ist das Einsatzgebiet breit und die therapeutische Lücke groß.

Eingesetzt wird Cotrimoxazol unter anderem bei Infektionen der oberen und unteren Atemwege, des Hals-Nasen-Ohren-Trakts (außer bei Streptokokken-Angina), der Nieren und der ableitenden Harnwege, unkomplizierten Blasenentzündungen (auch zur Langzeit-Rezidivprophylaxe), Infektionen des Genitaltrakts sowie auch einigen Infektionen des Magen-Darm-Trakts, darunter Reisediarrhö. Die Fixkombination steht auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation (WHO), es ist allerdings meist nicht Mittel der Wahl, zum Beispiel bei Blasenentzündungen.

Auf welches Antibiotikum im akuten Fall ausgewichen werden sollte, entscheidet der Arzt anhand der Leitlinien für die spezifische Infektion und der Resistenzlage. Cotrimoxazol wird auch bei Krebspatienten zur Prophylaxe und Therapie von Infektionen eingesetzt, vor allem einer Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie. Hier hatte die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) bereits 2020 Empfehlungen herausgegeben, wie mit dem Lieferengpass umzugehen ist.

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