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Produktion in Europa

BfArM-Beirat schlägt 15 Wirkstoffe vor

Um sich von der Arzneistoff-Produktion in anderen Ländern weniger abhängig zu machen, soll die Herstellung kritischer Wirkstoffe nach Europa zurückgeholt werden. Jetzt gibt es einen ersten Vorschlag, für welche Wirkstoffe dies gelten sollte.
Annette Rößler
16.09.2020  08:16 Uhr

Seit Juli dieses Jahres gibt es einen neuen Beirat des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), der sich mit dem Thema Lieferengpässe beschäftigt. Die Schaffung dieses Beirats hatte die Bundesregierung mit dem Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz (GKV-FKG) angeordnet. Die Aufgaben des Beirats sind im neuen Absatz 3d § 52b Arzneimittelgesetz definiert: Er hat eine beratende Funktion und soll die Versorgungslage mit Arzneimitteln kontinuierlich beobachten und bewerten.

Ein Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) an den neu gegründeten BfArM-Beirat lautet, besonders relevante Wirkstoffe zu benennen, die perspektivisch wieder in der EU produziert werden sollten. Damit will man sich unabhängiger machen von der Produktion in anderen Wirtschaftsräumen, insbesondere in Asien. Die Liste soll Wirkstoffe enthalten, die für die Sicherstellung einer Notfallversorgung, des Operationsbetriebs und der intensivmedizinischen Versorgung unabdingbar sind.

Der Beirat schlägt jetzt vor, sich als Diskussionsgrundlage an der Verordnung zur Erhöhung der Bevorratung mit Arzneimitteln zur intensivmedizinischen Versorgung zu orientieren. Diese listet 14 Wirkstoffe auf: Adrenalin, Amiodaron, Argatroban, Clonidin, Esmolol, Heparine, Meropenem, Midazolam, Morphin, Noradrenalin, Novaminsulfon, Piperazillin/Tazobactam, Propofol, Sufentanil. Zusätzlich sollte Dexamethason aufgenommen werden, so der Beirat.

Offizinapotheker, die in ihrem Arbeitsalltag häufig mit der Nicht-Lieferbarkeit von Medikamenten konfrontiert sind, wird diese Auflistung wenig glücklich machen, enthält sie doch fast ausschließlich Wirkstoffe, die ganz überwiegend in der Klinik zum Einsatz kommen. Apothekers »Sorgenkinder« finden sich eher auf der deutlich umfangreicheren Liste versorgungsrelevanter Wirkstoffe wieder, die jetzt ebenfalls der neu gegründete BfArM-Beirat pflegt. Diese Liste, die das BfArM seit 2017 führt, wurde auf der Basis der Vorschläge von medizinischen Fachgesellschaften und der Liste der essenziellen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ursprünglich vom Jour Fixe zu Liefer- und Versorgungsengpässen erstellt, den die Bundesregierung im Zuge des Pharmadialogs ins Leben gerufen hatte.

Die Liste der der versorgungsrelevanten Wirkstoffe zu aktualisieren und eine Liste versorgungskritischer Wirkstoffe neu zu erstellen, sind zwei weitere Aufgaben des BfArM-Beirats. Dies ist erforderlich, damit die mit dem GKV-FKG geschaffenen Sanktionsmöglichkeiten greifen können: Droht ein Engpass eines versorgungsrelevanten oder gar versorgungskritischen Wirkstoffs, kann die zuständige Bundesoberbehörde – sprich BfArM oder Paul-Ehrlich-Institut (PEI) – nach Anhörung des Beirats »geeignete Maßnahmen zu dessen Abwendung oder Abmilderung ergreifen«. So können etwa eine Kontingentierung oder eine Verpflichtung zur Lagerhaltung angeordnet werden.

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