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Paul-Ehrlich-Preis

Auszeichnung für Impfstoffpioniere

Die Entwickler des Covid-19-Impfstoffs Comirnaty® von Biontech und Pfizer, Katalin Karikó, Özlem Türeci und Uğur Şahin werden mit dem Paul-Ehrlich- und Ludwig-Darmstaedter-Preis 2022 ausgezeichnet.
Theo Dingermann
21.09.2021  10:00 Uhr

Heute gab der Stiftungsrat der Paul-Ehrlich-Stiftung bekannt, dass der Paul-Ehrlich- und Ludwig-Darmstaedter-Preis 2022 an Professor Dr. Katalin Karikó, Privatdozentin Dr. Özlem Türeci und Professor Dr. Uğur Şahin verliehen wird. Sie werden für ihre Erforschung und Entwicklung von messenger-RNA (mRNA) zu präventiven und therapeutischen Zwecken ausgezeichnet. Basierend auf einer langjährigen Erfahrung bei der Entwicklung von Wirkstoffen, die auf mRNA beruhen, war es den zwei Wissenschaftlerinnen und dem Wissenschaftler gelungen, in extrem kurzer Zeit einen hochwirksamen Impfstoff gegen Covid-19 zu entwickeln und bereitzustellen.

mRNA als Wirkstoff verwenden, war zu Beginn der Impfstoffentwicklung zwar nicht neu. Aber bis dahin hatte keines der vielen Entwicklungspräparate dieses Typs Marktreife erlangt. Somit ist der von den drei Preisträgern entwickelte Impfstoff das erste Arzneimittel, dem von allen relevanten Arzneimittelaufsichtsbehörden der Welt eine Zulassung erteilt wurde.

Forschung »gegen den Mainstream«

Alle drei Wissenschaftler sind ausgewiesene RNA-Forscher. Dieses Attribut war nicht immer ein Erfolgsgarant. Denn RNA ist chemisch äußerst labil und biochemisch anspruchsvoll. Daher galt sie lange als ungeeignet, als pharmazeutischer Wirkstoff zu fungieren.

Unter diesen Vorurteilen hatte besonders Karikó zu leiden. Sie arbeitete auf Basis von mRNA an der Herstellung von Enzymen zur Substitutionstherapie beispielsweise bei Mucoviszidose. Ihr wurden Fördermittel versagt und sie wurde an der University of Pennsylvania wegen »mangelnden wissenschaftlichen Erfolgs« beruflich degradiert. Ungeachtet dessen gelang ihr der entscheidende Durchbruch für die Realisierung einer verträglichen Therapie auf mRNA-Basis. Sie entdeckte, wie sich die hohe Reaktogenität synthetischer RNA, die als Agonist an bestimmten Toll-like Rezeptoren das unspezifische Immunsystem massiv aktiviert, durch Modifikationen in der Basenzusammensetzung abmildern ließ.

Türeci und Şahin schwebte vor, einen »idealen Krebsimpfstoff« auf mRNA-Basis zu entwickeln. Dazu begannen die beiden Mediziner in den 1990iger-Jahren zunächst, systematisch nach molekularen Markern zu suchen, die in Tumoren, nicht jedoch in den Zellen vorhanden sind, von denen sich die Tumoren ableiten. Diese Marker sollten die Basis bieten, um das Immunsystem eines Tumorpatienten spezifisch zu trainieren und somit in die Lage zu versetzen, den Tumor effektiv zu bekämpfen.

Der Ausgangspunkt dieses Trainingsprogramms sollte eine mRNA bilden, die die Information für das Antigen enthält, gegen das das Immunsystem eine Immunantwort entwickeln sollte. Der Vorteil, mRNA und nicht etwa das Protein-Antigen selbst als Basis für einen Tumorimpfstoff zu verwenden, sahen die Wissenschaftler darin, dass bei einer Immuntherapie mit mRNA neben den CD4+-T-Helferzellen auch zytotoxische CD8+-T-Zellen gebildet werden. Dadurch greifen nicht nur Antikörper, sondern auch spezifische Killerzellen den Tumor an.

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