Warnschuss |
17.12.2014 09:42 Uhr |
Am Jahresende zieht man Bilanz. In diesem Jahr reicht der Fall der in Indien gefälschten Bioäquivalenzstudien für Generika (lesen Sie dazu Ruhende Zulassungen: Schwierige Situation in der Apotheke), das zentrale Problem des Gesundheitswesens zu beschreiben: Die maximale Fixierung auf die Kosten verstellt immer mehr den Blick auf die medizinisch-pharmazeutischen Notwendigkeiten einer angemessenen Versorgung der Patienten. Gleichzeitig senkt sie das Bewusstsein für die potenziellen Risiken von Arzneimitteln.
In den vergangenen zehn Jahren haben die Kassen über Rabattverträge die Preise für Generika immer weiter gedrückt. Heute müssen die Hersteller unter dem Druck der Rabattverträge ihre Medikamente oftmals verramschen. Generika werden deshalb fast nur noch in Asien hergestellt. Noch schlimmer ist aber, dass auch die Qualitätssicherung in die Schwellenländern verlagert und dort vermutlich auch schlecht bezahlt wird. Zu Recht bezeichnet ABDA-Präsident Friedemann Schmidt den Fall als Konsequenz der fortgeschrittenen Globalisierung der Arzneimittelproduktion, die eine neue Unübersichtlichkeit geschaffen habe.
Bislang hat die Produktion von Arzneimitteln in Asien keine größeren Schwierigkeiten bereitet. In den vergangenen Tagen traten aber die Schwachstellen ans Licht. Zeitweise hatte das BfArM 80 Medikamente wegen gefälschter Studien vom Markt genommen. Politik und Kassen schwiegen dazu. Dabei haben sie mit den Rabattverträgen den Weg für Billigstarzneimittel aus Billigstproduktionen gebahnt. Es ist bemerkenswert, wie die Konstrukteure des Rabattsystems ihre Verantwortung für die maximal kostenorientierte Arzneimittelversorgung an sich abperlen lassen.
Was sich im indischen Hyderabad ereignet hat, ist ein Warnschuss, der nicht überhört werden darf. Auch wenn der Skandal wohl glimpflich ausgeht. Laut BfArM müssen Patienten nach der Einnahme der Medikamente keine gesundheitlichen Probleme fürchten, immerhin. Der Fall zeigt aber die Risiken einer in die Schwellenländer ausgelagerten Produktion. Qualitätssicherung hat ihren Preis. Kann ein Unternehmen nur ein paar Cent für Arzneimittel bezahlen, dann ist das ein Problem. Die jetzt aufgekommene Forderung, wieder verstärkt Arzneimittel in Deutschland zu produzieren ist fraglos richtig. Die Chancen auf Umsetzung stehen aber schlecht. Zu viel müsste sich an der durchökonomisierten Gesundheitsversorgung mit globalisierten Beschaffungswegen ändern.
Daniel Rücker
Chefredakteur