Pharmazeutische Zeitung online
BSG-Urteil

Kassen wollen Restsumme einholen

17.12.2013  17:39 Uhr

Von Ev Tebroke / Einige Apotheken müssen nachzahlen: Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zu Nullretaxierungen bei Nichtbeachtung von Rabattverträgen können die Ersatzkassen ab sofort die verbliebenen Restbeträge absetzen. Darauf weist der Hessische Apothekerverband (HAV) in einem Mitglieder- Rundschreiben hin.

Die der Vereinbarung beigetretenen Kassen würden nun die über den bereits abgesetzten Betrag hinausgehende Summe geltend machen, so der HAV. Zinsen dürfen aber nicht erhoben werden. Der Verband der Ersatzkassen (VDEK) hatte bereits nach der Urteilsverkündung mitgeteilt, dass die beteiligten Ersatzkassen frühestens einen Monat nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsbegründung die verbliebenen Restbeträge absetzen werden. Der genaue Zeitpunkt ist allerdings offen: »Wir wissen nicht, wann unsere Mitgliedskassen mit der Rückabwicklung beginnen«, so eine VDEK-Sprecherin. Dies entschieden die Kassen individuell.

Unter Beobachtung

 

In einem Musterprozess des Deutschen Apothekerverbands (DAV) gegen die Techniker Krankenkasse hatte das BSG am 2. Juli entschieden, dass Nullretaxierungen der Kassen zulässig sind, wenn der Apotheker trotz eines bestehenden Rabattvertrags ohne dokumentierten Grund ein anderes Arzneimittel abgibt. Mit Ausnahme der BarmerGEK hatten sich alle Ersatzkassen dem Musterprozess angeschlossen. Bei Apotheken, die der Musterstreitvereinbarung beigetreten waren, wurde während der Prozessdauer vorläufig nur die Hälfte des Taxbetrages inklusive Mehrwertsteuer abgesetzt. Der Maximalbetrag pro Packung lag bei 25 Euro. Aus Sicht des VDEK wird mit der Rückabwicklung nun für ausgleichende Gerechtigkeit gesorgt. »Apotheken, die sich nicht am Musterstreitverfahren beteiligt hatten, wurden bereits zu Beginn auf null retaxiert«, so die Sprecherin.

 

Dies könnte in Zukunft wesentlich öfter passieren. Der HAV weist darauf hin, dass aufgrund der BSG-Entscheidungen die Einhaltung der Rabattverträge durch die Apotheken nun noch genauer beobachtet werde. Um zukünftig Nullretaxierungen zu vermeiden, sollten Apotheker daher unbedingt auf die entsprechende Kennzeichnung des Rezeptes mit der vorgesehenen Sonder-PZN achten. Dies gelte immer dann, wenn ein Rabattarzneimittel nicht verfügbar ist oder aus dringenden Gründen, beispielsweise im Fall einer Akutversorgung oder bei pharmazeutischen Bedenken, bewusst nicht abgegeben werden kann.

 

Der DAV hat zwar nun auf Basis der schriftlichen Urteilsgründe des BSG beschlossen, die Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde zu prüfen. Unabhängig vom Ausgang einer möglichen Verfassungsbeschwerde sei aber »weiterhin eine rechtssichere, vertragliche oder gesetzliche Lösung anzustreben«, so der HAV. Gewünscht wird, dass die Krankenkassen die Rechnung nur um den Betrag korrigieren können, den der Vertragsverstoß sie gekostet hat, sprich die Preisdifferenz von abgegebenem zum vertraglich vorgesehenen Rabattarzneimittel. /

Mehr von Avoxa