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Hypertonie

Blutdrucksenkung im Tagesrhythmus

18.12.2006  15:30 Uhr

Hypertonie

Blutdrucksenkung im Tagesrhythmus

Von Hannelore Gießen

 

Auch das cardiovaskuläre und das renale System unterliegen täglich Schwankungen. So können Patienten mit Hypertonie davon profitieren, wenn die medikamentöse Therapie dem circadianen Verlauf ihres Blutdrucks folgt.

 

Das 24-Stunden-Blutdruckprofil macht es deutlich: Wie andere physiologische Parameter folgt auch der Blutdruck einem circadianen Rhythmus, wobei er nachts um etwa 10 Prozent abfällt. Dieses Tief tritt sowohl bei Gesunden als auch bei Patienten mit primärer Hypertonie auf, die deshalb »Dipper« genannt werden.

 

Oftmals fehlt der nächtliche Blutdruckabfall bei einer sekundären Hypertonie, zu der es beispielsweise durch eine Niereninsuffizienz kommt. Diese Patienten werden als »Non-Dipper« bezeichnet.

 

Morgens ACE-Hemmer

 

Wie sich eine morgendliche oder abendliche Gabe der verschiedenen Antihypertensiva auf das 24-Stunden-Blutdruckprofil auswirkt, untersuchte die Arbeitsgruppe um Professor Dr. Björn Lemmer von der Universität Heidelberg. Ihr Ergebnis: ACE-Hemmer sollten bei Dippern nur morgens gegeben werden. »Eine abendliche Dosis senkt den Blutdruck nachts zu sehr und erhöht das Risiko für einen ischämischen Insult«, warnte Lemmer in einem Vortrag beim 30. Wissenschaftlichen Kongress »Hypertonie 2006« in München. Dagegen profitieren Non-Dipper mit einem ausgeprägten Bluthochdruck bisweilen von einer zusätzlichen abendlichen Dosis des ACE-Hemmers. Bei AT1-Antagonisten spiegelt sich der Zeitpunkt der Einnahme dagegen nicht im 24-Stunden-Blutdruckprofil wider.

 

Abends Calciumkanal-Blocker

 

Besonders interessant sei der Einfluss der Calciumkanal-Blocker, hob Lemmer hervor. In einigen Studien hatte eine abendliche Gabe von Isradipin beziehungsweise Amlodipin bei Non-Dippern nicht nur deren Blutdruck gesenkt, sondern auch das gestörte Blutdruckprofil normalisiert: In der 24-Stunden-Blutdruckmessung zeigte sich jetzt die charakteristische Nachtabsenkung. Aus Non-Dippern waren Dipper geworden, und damit war auch ihr Risiko gesunken, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu versterben. Lemmer empfahl, diesen für die Praxis äußerst wichtigen Aspekt in Endpunktstudien weiter zu untersuchen.

 

Diuretika scheinen ebenfalls aus Non-Dippern Dipper zu machen, während sie bei Patienten mit bereits ausgeprägter nächtlicher Blutdrucksenkung diesen Abfall nicht weiter verstärken. Die Patienten sind also keinem höheren Risiko durch »Super-Dipping« ausgesetzt.

 

Kein Einfluss von Betablockern

 

Betablocker wirken vor allem auf den Tagesblutdruck. Selbst bei einer dreimal täglichen Gabe änderte sich in den vorgestellten Untersuchungen der nächtliche Blutdruck nicht. Offenbar kann ein in der Nacht ohnehin niedriger Sympathikustonus durch eine Blockade der Betarezeptoren kaum mehr gesenkt werden. Non-Dipper profitieren also nicht von Betablockern.

 

Antihypertensiva greifen an unterschiedlichen Stellen in die Regulation des Blutdrucks ein. So erstaunt es nicht, dass sie auch unterschiedliche tageszeitliche Effekte aufweisen. Lemmer plädierte dafür, die circadiane Rhythmik bei der Hochdrucktherapie stärker zu berücksichtigen.

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