Wann ist welcher Katheter der richtige? |
10.12.2007 16:39 Uhr |
Wann ist welcher Katheter der richtige?
Von Sven Siebenand
Die Verordnung von Kathetern zum Beispiel zur künstlichen Harnableitung stellt Apothekenmitarbeiter gelegentlich vor eine mittelschwere Aufgabe. Neben der oft unklaren ärztlichen Verordnung, stellt sich auch das Problem der Produktvielfalt und der unterschiedlichen Einteilungsklassen.
Die in der Apotheke am häufigsten vor-kommenden Katheter sind solche zum Spülen und Entleeren der Blase. Sie werden durch die Harnröhre in die Blase geschoben, daher ihre Bezeichnung transurethrale Katheter. Bedingt durch die wesentlich längere Harnröhre haben Katheter für Männer eine Länge von circa 40 cm. Frauenkatheter sind dagegen nur etwa 18 bis 20 cm lang. Diese eignen sich daher nicht zur Anwendung bei Männern.
Die Unterscheidung von Kathetern erfolgt häufig nach ihren Spitzen: Gebräuchlich sind der Nelaton-, Tiemann- und Mercier-Katheter. Ersterer ist gerade, zylindrisch mit auslaufender, abgerundeter Spitze und wird vorwiegend bei Frauen verwendet. Der Tiemann-Katheter dagegen ist leicht abgebogen und konisch dünn auslaufend. Das erleichtert die Passage der hinteren männlichen Harnröhre, weshalb diese Form hauptsächlich bei Männern zum Einsatz kommt. Eine Kombination der beiden ersten stellt der Katheter nach Mercier dar. Er ist zylindrisch mit gekrümmter Spitze und findet bei urologischen Spezialindikationen Einsatz.
Einteilung nach Charrière
Die Öffnungen des Katheters werden als Augen bezeichnet. Je nach Verwendung gibt es bis zu vier Augen, die versetzt, gegenüberliegend oder spiralförmig angeordnet sein können. Katheter ohne Öffnung heißen Bougies. Sie dienen zum Beispiel zum Dehnen und Weiten von Verengungen der Harnröhre.
Der Außendurchmesser klassifiziert die Stärke eines Katheters. Die Maßeinheit ist nach dem französischen Instrumenten- und Apparatebauer Joseph-Frédéric-Benoît Charrière benannt. Ein Charrière (Ch oder Charr) entspricht einem Drittel Millimeter. Für Männer wird in der Regel die Stärke 16 bis 18 Ch gewählt, für Frauen 12 bis 14 Ch und für Kinder 8 bis 10 Ch. Wegen der Verletzungsgefahr durch Schleimhautirritationen in der Harnröhre sollten auf keinen Fall zu große Stärken verwendet werden. Zur schnellen Identifizierung der unterschiedlichen Kaliber dient ein einheitlicher Farbcode (siehe Kasten).
Charrière 8: blau
Charrière 10: schwarz
Charrière 12: weiß
Charrière 14: grün
Charrière 16: orange
Charrière 18: rot
Charrière 20: gelb
Charrière 22: violett
Neben den einlumigen Einmalkathetern, die meist aus thermoplastischem PVC-Kunststoff oder Weichgummi bestehen und für die Urinabnahme vorgesehen sind, gibt es zwei- und dreiläufige Dauerkatheter. Unter diesen ist der doppelläufige Ballonkatheter, der nach seinem Erfinder auch als Foley-Katheter bezeichnet wird, der am häufigsten eingesetzte. Verwendet wird er zum Beispiel zur Therapie von Schockpatienten oder Bewusstlosen, bei Inkontinenz und Blasenlähmung. Nach Platzierung in der Harnblase wird er durch einen auffüllbaren Ballon unterhalb der Katheterspitze vor dem Herausgleiten gesichert. Dauerkatheter sind mindestens zweiläufig. Durch den inneren Lauf fließt der Harn ab, der äußere endet in einem Ventil mit verschließbarem Schenkel. Durch ihn wird destilliertes Wasser zum Füllen des Ballons eingespritzt. Zum Entfernen wird auf diesem Wege mit einer Spritze Wasser abgesaugt, der Ballon fällt zusammen und der Katheter ist »entblockt« und kann entnommen werden. Dreiläufige Katheter ermöglichen zusätzlich eine Spülung beziehungsweise das Einbringen einer Wirkstofflösung (Blaseninstillation).
Bereits nach drei Tagen Verweildauer können Keime die Blasenschleimhaut besiedeln, was zu einer aufsteigenden Infektion führen kann, der häufigsten Begleiterscheinung eines transurethralen Dauerkatheters. Zudem wirkt der Katheter mechanisch verletzend auf das Blasen- und Schleimhautepithel ein. Damit Rückfluss oder Stauung nicht auftreten können, sollte sich der Urinauffangbeutel unterhalb des Blasenniveaus befinden. Ferner ist darauf zu achten, dass die Schläuche nicht geknickt werden.
Unterschiedliche Materialien
Als Kathetermaterialien finden häufig Latex oder Silikon Verwendung. Latexkatheter neigen zur Inkrustationsbildung durch Harnsalze. Zudem können bei der Herstellung benötigte proinflammatorische Zusatzstoffe wie Weichmacher freigesetzt werden. Die Verweildauer von Latexkathetern sollte sieben Tage nicht überschreiten. Im Gegensatz dazu haben Silikonkatheter eine dünnere Wandstärke und größeres Lumen, eine glatte, nicht zu Inkrustationen neigende Oberfläche und eine bessere Gewebeverträglichkeit. Auch die Anlagerung von urologischen Problemkeimen ist geringer als auf Latexkathetern. Die Verweildauer von Silikonkathetern beträgt maximal acht Wochen. Der Katheter Profil Cath besteht aus Silikon mit zusätzlichen Längsrillen. Durch Kapillareffekte gelangen keimbesiedelter Schleim und Sekret nach außen. Bei einer bereits bestehenden Entzündung können die Rillen mit antibiotikahaltigen Salben bestrichen werden. Der Einsatz von gebrauchsfertigen sterilisierten Kathetersets dient der Einhaltung absoluter Sterilität. Der Arzt verordnet sie meist zusammen mit dem Kathetermaterial.
Generell sollten Katheter dunkel und bei circa 18 °C gelagert werden, damit es nicht zu Alterungsvorgängen kommt.