Gerichte über Zuständigkeit uneins |
27.11.2007 16:21 Uhr |
Gerichte über Zuständigkeit uneins
Von Daniel Rücker
Bei den AOK-Rabattverträgen wendet sich fast täglich das Blatt. Nachdem zwei Vergabekammern die Verträge gestoppt hatten, hält das Oberlandesgericht (OLG) in Karlsruhe diese Stellen für womöglich nicht zuständig. Die AOK freut sich, allerdings mehr als angebracht.
Drei Gerichte, zwei Meinungen: In einem Verfahren zwischen einem Pharmahersteller und der AOK zu den Rabattverträgen der Krankenkasse gab der verantwortliche Richter des OLG Karlsruhe beiden Parteien den Hinweis, er tendiere zu einer Zuständigkeit der Sozialgerichte. In den ersten Novemberwochen hatten sich die Vergabekammern der Bezirksregierung Düsseldorf und des Bundeskartellamts für zuständig erklärt und damit die Zuständigkeit der Sozialgerichte ausgeschlossen.
Die AOK vertritt dagegen die Auffassung, dass Rabattverträge als Bestandteil des SGB V vor den Sozialgerichten verhandelt werden müssten. Grundsätzlich gelten Sozialgerichte auch als tendenziell kassenfreundlich.
Das trifft auf die Vergabekammern sicher nicht zu. Deshalb sehen die klagenden Pharmaunternehmen die Verfahren hier richtig angesiedelt. Die beiden Vergabekammern hatten am 8. und am 16. November die vom Kartellamt im September ausgesprochenen Zuschlagsverbote für 66 der 83 ausgeschriebenen Wirkstoffe bestätigt. Dagegen klagt die AOK nun beim OLG Düsseldorf.
Die Ortkrankenkassen wollen in dem Hinweis aus Karlsruhe eine grundsätzliche Wendung im Rechtsstreit um die Rabattverträge: »Das OLG hat in einem Hinweis-Beschluss klargestellt, dass Vergabekammern grundsätzlich nicht zuständig sind, sondern Rechtsfragen zu Arzneimittelrabatten ausschließlich vor den Sozialgerichten zu klären sind«, kommentierte der AOK-Verhandlungsführer Dr. Christopher Hermann. Die AOK habe bereits beim Sozialgericht in Stuttgart einen Eilantrag gestellt, damit alle Rabattverträge termingerecht zum 1. Januar in Kraft treten könnten.
Die Sprecherin des OLG Karlsruhe, Dr. Christiane Oehler, relativierte gegenüber der PZ allerdings Hermanns Sicht der Dinge. Zum einen habe das OLG noch gar nicht entschieden, sondern nur einen Hinweis abgegeben. Zum anderen gelte die Entscheidung des OLG nur für das Verfahren zwischen der AOK und dem einen betroffenen Pharmahersteller, der in Karlsruhe geklagt hatte. Die Entscheidungen der beiden Vergabekammern in Nordrhein-Westfalen könnten nur von dem für sie zuständigen OLG aufgehoben werden. Deshalb seien sie weiter für die AOK bindend.
Wie es nun weitergeht, ist offen. Vor diesem Hintergrund erscheint Hermanns Ankündigung, alle Rabattverträge würden pünktlich starten, sehr optimistisch. Andererseits sollte die Industrie auch nicht zu früh frohlocken. Noch ist nicht ausgemacht, dass nicht doch die Sozialgerichte zuständig sind. Dann würden ihre Chancen sinken.
Weitere Rabattverträge geschlossen
Unterdessen konnte die AOK die Zahl der Wirkstoffe, für die es für die Jahre 2008 und 2009 Rabattverträge geben wird, von 17 auf 22 erhöhen. Nach Hermanns Angaben handelt es sich dabei um fünf Wirkstoffe, die nicht von dem Rechtsstreit betroffen sind. An den Vereinbarungen über die neuen Substanzen sind zwölf Pharmahersteller beteiligt, sieben davon hatten zuvor noch keinen Rabattvertrag mit der AOK. Damit stieg die Zahl der AOK-Rabattpartner auf 30 an. Für diese Medikamente rechnet die AOK bundesweit für die Vertragslaufzeit mit Einsparungen von 175 Millionen Euro.