Salziges Essen schädigt Darmmikrobiom |
22.11.2017 10:45 Uhr |
Von Annette Mende / Berliner Forscher haben eine mögliche gemeinsame Erklärung dafür gefunden, warum ein hoher Kochsalzkonsum Bluthochdruck auslösen und den Verlauf einer Multiplen Sklerose (MS) negativ beeinflussen kann: Zu viel Salz in der Nahrung tötet bestimmte Darmbakterien und erhöht dadurch indirekt die Zahl bestimmter Immunzellen. Diese Th17-Zellen sind sowohl an der Regulation des Blutdrucks beteiligt als auch an der Pathogenese von MS. Die gezielte Beeinflussung des Mikrobioms könne demnach möglicherweise Folgeerkrankungen eines hohen Salzkonsums verhindern, schreibt die Gruppe des Max-Delbrück-Zentrums und der Charité um Dr. Nicola Wilck im Fachjournal »Nature« (DOI: 10.1038/nature24628).
Die Forscher machten ihre Beobachtung an Mäusen, deren Futter entweder normal viel oder sehr viel Salz enthielt. Das wirkte sich auf die Zusammensetzung des Darmmikrobioms aus; besonders auffällig war das Fehlen von Lactobacillus murinus im Darm salzreich ernährter Tiere. Gleichzeitig mit dem Rückgang dieser Bakterienart stiegen der Blutdruck und die Zahl von Th17-Zellen im Blut der Mäuse an.
Zu viel Salz in der Nahrung stört das Darmmikrobiom. Darüber könnte es zur Entwicklung von Hypertonie und Autoimmunerkrankungen beitragen.
Foto: Fotolia/Lev Dolgachov
Fütterten die Forscher ihnen zusätzlich zur salzreichen Kost probiotische Laktobazillen, ging die Zahl dieser T-Helferzellen wieder zurück und der Blutdruck sank. Die Probiotika milderten auch die Symptome einer experimentellen autoimmunen Encephalomyelitis, eines Krankheitsmodells für MS bei Mäusen, die durch die salzreiche Kost verstärkt wurden.
In einem zweiten Experiment überprüften die Forscher die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen. Zwölf gesunde Männer wurden zu diesem Zweck dazu angehalten, 14 Tage lang zusätzlich zu ihrer normalen Ernährung 6 g Salz zu sich zu nehmen, was eine Verdopplung ihres Salzkonsums bedeutete. Auch bei den Probanden gingen durch die salzreiche Ernährung die Laktobazillen im Darm zurück und Blutdruck sowie die Th17-Zellzahl stiegen an.
Ob der Rückgang der Laktobazillen tatsächlich die beschriebenen Veränderungen auslöste, lässt sich anhand der Studie jedoch nicht eindeutig belegen. »Wir können nicht ausschließen, dass es andere salzempfindliche Bakterien gibt, die ähnlich wichtig sind«, sagt Seniorautor Professor Dr. Dominik Müller in einer Pressemitteilung des Max-Delbrück-Centrums. In einer größeren, placebokontrollierten und doppelblinden Studie mit menschlichen Probanden wollen die Forscher nun das therapeutische Potenzial von Lactobacillus-haltigen Probiotika bei Bluthochdruck weiter untersuchen. /