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Pharmazeutische Betreuung

Preisgekrönte Projekte

17.11.2009  18:41 Uhr

Die Preisträger im Überblick

1. Preis: Stephanie Freiin von Sobeck-Werder, derzeit Strauss-Apotheke, Hamm: »Teilaspekte der pharmazeutischen Betreuung von Morbus Parkinson Patienten« (Arbeit im Pharmaziepraktikum in der Ickerner Markt-Apotheke, Castrop-Rauxel)

 

2. Preis: Marion Eberlin und Vanessa Kaiser, Doktorandinnen am Universitätsklinikum Mainz: »Pharmazeutische Betreuung lebertransplantierter Patienten zur Förderung der Compliance mit der immunsuppressiven Therapie« (Diplom- und Doktorarbeit)

 

2. Preis: Dr. Daniel Lewinski, derzeit Europäische Zulassungsbehörde EMEA: »Maßnahmen zur Risikodetektierung und Risikominimierung in Apotheken« (Doktorarbeit bei der Apothekerkammer Berlin und der Universität Bonn)

 

2. Preis: Kathrin Glowalla und Dr. Ulrich Warnke, Havellandklinik, Nauen:

»Pharmazeutische Betreuung während der klinischen Aufnahme – Beitrag zur Erhöhung der patientenindividuellen Arzneimittelsicherheit in der Klinik« (Projektarbeit)

Demnach kommt es bei vielen Parkinson-Patienten trotz intensiver fachärztlicher Betreuung zu therapeutischen Problemen, insbesondere zu einer schlechten Compliance, der fehlerhaften Anwendung von Medikamenten und einer ausbleibenden Co-Medikation gegen Nebenwirkungen und Begleiterkrankungen. All diese Gefahren könnten sich der Arbeit zufolge durch Pharmazeutische Beratung verringern lassen. Dazu sollten Apothekenmitarbeiter Parkinson-Patienten zu Beginn der Therapie die Wirkung, den Nutzen und die richtige Anwendung der Medikamente erläutern und sich bei Wiederholungsverordnungen nach dem Befinden erkundigen. Dabei gelte es, gezielt mögliche Komplikationen und Nebenwirkungen zu erfragen.

 

Grundsätzlich sei es für die umfassende Pharmazeutische Betreuung sehr wichtig, dass sich das Medikationsprofil der Patienten in der Apotheke einsehen und beispielsweise mithilfe der ABDA-Datenbank bewerten lasse. Daneben seien umfassende pharmazeutische Kenntnisse und ein laienverständliches Ausdrucksvermögen erforderlich. Deshalb gibt die Autorin einen Überblick über die verfügbaren Wirkstoffklassen sowie galenische Zubereitungen von Parkinson-Medikamenten und nennt jeweils Hintergrundwissen für die Beratung. Ein weiteres Kapitel beschreibt typische Nebenwirkungen und Krankheitskomplikationen einschließlich medikamentöser Gegenmaßnahmen. Den Abschluss machen allgemeine Angebote für Parkinson-Patienten und zwei Fallbeispiele, um die Umsetzung der Pharmazeutischen Betreuung praktisch zu erproben.

 

»Die Arbeit gibt den Apotheken Impulse und praxisnahe Hinweise, um diese spezielle Patientengruppe pharmazeutisch zu betreuen«, sagte Laudator Ronald Schreiber, Vorstandsmitglied der Förderinitiative und Präsident der Landesapothekerkammer Thüringen. Zudem sei außerordentlich bemerkenswert, dass die Autorin sich dem Thema nicht im Zuge einer Diplom- oder Doktorarbeit gewidmet hätte, sondern schlicht und einfach aus eigenem Interesse.

 

Schreiber selbst wird sich künftig noch mehr als bisher für die Pharmazeutische Betreuung engagieren. Die Mitgliederversammlung wählte den bisherigen stellvertretenden Vorsitzenden zum neuen Vorsitzenden der Förderinititaive. Sein Vorgänger Heinz-Günter Wolf hatte das Amt ein Jahr vor Ablauf der regulären Wahlperiode niedergelegt, da er in seiner Funktion als ABDA-Präsident zeitlich stark eingebunden ist. Zur neuen stellvertretenden Voristzenden wählte die Mitgliederversammlung Karin Graf, Vizepräsidentin der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg.

 

Schreiber dankte für das Vertrauen: »Ich werde mich im Sinne der Inititative weiterhin um die Förderung wissenschaftlicher Projekte bemühen, die die Pharmazeutische Betreuung stärken, also die Arzneimitteltherapie der Patienten durch den Einsatz von Apothekern verbessern.« Wichtig sei ihm, dass die Ergebnisse an der Basis ankommen, sich also gut in den deutschen Apotheken umsetzen lassen. Zudem möchte Schreiber die Pharmazeutische Betreuung noch stärker in die öffentliche Wahrnehmung rücken. Die 1997 gegründete Förderinitiative unterstützt mit finanziellen Mitteln und fachlichem Rat Modellprojekte und Studien. Das neueste Projekt wird von Apotheker Dr. Jörg Wittig aus Schleiz durchgeführt und bei der nächsten Mitgliederversammlung erstmals präsentiert. Drei Projekte wurden bei der aktuellen Veranstaltung vorgestellt. Bei zwei von ihnen lief die Förderung kürzlich aus.

 

So hat Oliver Schwalbe seine seit 2005 geförderte Doktorarbeit am Institut für Pharmazie der Freien Universität Berlin im vergangenen Oktober erfolgreich verteidigt. Es handelt sich um die Entwicklung und Evaluierung eines pharmazeutischen Betreuungskonzepts für Alzheimer-Patienten. In die Auswertung flossen Daten von rund 50 Betroffenen ein. 16 von ihnen und ihre Angehörigen wurden während des sechsmonatigen Untersuchungszeitraums in speziell geschulten Apotheken regelmäßig gemäß den Leitlinien der Bundesapothekerkammer beraten. Zudem dokumentierten und überwachten die Pharmazeuten sämtliche eingenommenen Medikamente. Die übrigen 31 Patienten blieben ohne Pharmazeutische Betreuung. In dieser Gruppe zeigt sich Schwalbes Auswertung zufolge mehr als 86 Prozent des Untersuchungszeitraums eine gute Compliance. In der Interventionsgruppe liegt dieser Wert sogar bei 92 Prozent.

 

Zudem scheint sich die Pharmazeutische Betreuung positiv auf die Zufriedenheit der Patienten und ihr Wissen bezüglich der antidementiven Therapie auszuwirken. Das belegen Befragungen der Patienten, Angehörigen und Apotheker. Letztere gaben zudem an, bei den betreuten Alzheimer-Patienten 46 arzneimittelbezogene Probleme entdeckt zu haben, vor allem eine unzweckmäßige Auswahl, Anwendung und Dosierung von Medikamenten. Knapp 60 Prozent dieser Probleme ließen sich vollständig von den Apothekern lösen.

 

Kurz vor dem Abschluss steht die Doktorarbeit von Sebastian Baum am Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie der Universität Münster, die seit 2007 gefördert wurde. Dafür hat Baum die Arzneimitteltherapie von mehr als 1200 alten Menschen in fünf Krankenhausstationen überwacht. Dabei entdeckte er mehr als 3000 potentielle arzneimittelbezogene Probleme, vor allem mögliche Wechselwirkungen. In mehr als 400 Fällen hielt Baum eine apothekerliche Intervention für erforderlich und er erörterte seine Bedenken und Lösungsansätze mit den Ärzten und Pflegekräften. Diese akzeptierten die Intervention in rund drei Viertel der Fälle. Zudem zeigten sich bei der Entlassung nur bei etwa 16 Prozent der von Baum betreuten Patienten Arzneimittelneben- oder -wechselwirkungen. In einer Vergleichsgruppe ohne Pharmazeutische Betreuung betrug die Rate dagegen 24 Prozent. Auch Schulungen für das medizinische Personal zur Vorbeugung arzneimittelbezogener Probleme, die Baum durchführte, erwiesen sich in der Auswertung als recht erfolgreich. Die Kliniken scheinen den Wert ihres Arzneimittelüberwachers zu erkennen: Baum wird dort wohl auch nach Abschluss seiner Dissertation weiter beschäftigt.

 

Baums Projekt zeigt viele Berührungspunkte mit der noch laufenden Doktorarbeit von Thomas Uhrhan am Institut für Klinische Pharmakologie der Charité Universitätsmedizin Berlin, die seit 2007 gefördert wird. Sie beschäftigt sich mit der Optimierung der Arzneimittelversorgung für Bewohner von Alten- und Pflegeheimen. Auch Uhrhan hat bei der Überwachung von Medikamenten in entsprechenden Einrichtungen eine hohe Rate an arzneimittelbezogenen Problemen ausgemacht und teilweise im Gespräch mit Ärzten und Pflegekräften lösen können. Zudem entdeckte er bei rund 10 Prozent aller vorrätigen Arzneimittelpackungen Mängel bezüglich Lagerung und Dokumentation. Auch diese Probleme ließen sich durch Uhrhans kritische Anmerkungen und Schulungen verringern.

 

»Der Einsatz der Förderinitiative lohnt sich«, kommentierte Schreiber. Um Konzepte für ihre zukünftige Arbeit zu entwickeln, finde nächsten März ein Workshop statt. Übrigens kann jeder die Initiative und damit die Projektförderung durch eine Mitgliedschaft oder Spende unterstützen. Nähere Informationen finden sich unter www.abda.de/betreu_fi.html. /

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