Anlaufstellen für den Patienten |
11.11.2015 10:00 Uhr |
Von Eugen J. Verspohl / Mit dem Versorgungsstärkungsgesetz erhalten Patienten vor bestimmten Eingriffen das Recht, einen zweiten Arzt um seine Einschätzung zu bitten. Apotheker können bei der Suche nach entsprechenden Anlaufstellen für die Einholung einer Zweitmeinung unterstützen.
Mit dem Anspruch auf eine weitere Experten-Einschätzung wollen Union und SPD die Rechte der Patienten stärken. »Die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass nur Operationen durchgeführt werden, die auch tatsächlich medizinisch notwendig sind«, heißt es im Koalitionsvertrag. Daher sollen Ärzte ihre Patienten vor bestimmten planbaren Behandlungen künftig auf ihr Recht hinweisen, einen zweiten Arzt konsultieren zu können. Vor welchen Eingriffen genau diese Regelung greift, soll der Gemeinsame Bundesausschuss festlegen.
Operation unumgänglich? Bevor ein Patient sich operieren lässt, hat er das Recht, die Meinung eines zweiten Mediziners einzuholen.
Foto: Fotolia/Jeanette Dietl
Das Vorhaben stößt selbst in der Ärzteschaft auf breiten Zuspruch. Umfragen zufolge befürchten nur wenige Mediziner, dass diese Regelung das Vertrauen zwischen Arzt und Patient untergraben wird. Viele Ärzte begrüßen sie sogar als sinnvolle Qualitätsinitiative.
Die Kosten für die Einholung einer Zweitmeinung sollen die Krankenkassen übernehmen. Bereits heute zahlen sie Zweitmeinungsverfahren, vor allem bei schwerwiegenden Diagnosen wie Tumorerkrankungen, einschneidenden chirurgischen Behandlungen am Herzen oder in der Gynäkologie sowie vor planbaren Eingriffen wie Hüftgelenksoperationen. Einige Kassen vermitteln für eine Zweitmeinung selbst spezialisierte Ärzte verschiedener Fachrichtungen, mit denen sie Verträge abgeschlossen haben.
Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen haben ein Zweitmeinungsmodell gestartet und neutrale Beratungsinstanzen eingerichtet. Dort kann kostenlos eine weitere fachlich fundierte Experten-Einschätzung etwa zum Zahnersatz eingeholt werden. Dies setzt voraus, dass bereits eine konkrete Behandlungsplanung des behandelnden Zahnarztes in Form eines Heil- und Kostenplans vorliegt. Auch die privaten Krankenversicherungen erstatten in der Regel die Kosten für ärztliche Zweitmeinungen, es gilt aber immer der individuell abgeschlossene Vertrag.
Zweifel an Objektivität
Apotheker können ihre Patienten bei der Suche nach der richtigen Anlaufstelle in Sachen Zweitmeinung unterstützen. Gewarnt werden sollte vor gewinnorientierten Organisationen, die Zweitmeinungen anbieten und häufig im Internet auf Kundenfang gehen. Auch die Objektivität von Krankenkassen, die mit der Vermittlung von geeigneten Zweitmeinungsexperten werben, kann zumindest infrage gestellt werden. Schließlich könnte die Kasse als Zahler der Leistung unter Umständen ein Interesse daran haben, dass ein Eingriff für nicht nötig befunden wird. /