Pharmazeutische Zeitung online
Malaria-Therapie

Potenzielles Comeback für Chloroquin

14.11.2006  10:41 Uhr

Malaria-Therapie

Potenzielles Comeback für Chloroquin

Von Brigitte M. Gensthaler

 

Wegen zunehmender Resistenzen ist Chloroquin in der Therapie der Malaria tropica weltweit kaum noch von Relevanz. Doch wenn für etliche Jahre auf seine Verwendung vollständig verzichtet wird, scheint der Arzneistoff wieder zu wirken. In einer kleinen Studie in Malawi war er zu 99 Prozent erfolgreich.

 

Über ein halbes Jahrhundert war Chloroquin das wichtigste Anti-Malariamittel. Es war einfach anzuwenden, schnell und lang anhaltend wirksam sowie nebenwirkungsarm. Zudem dürfen es Kinder und schwangere Frauen einnehmen. Vor allem aber war es für Menschen in Entwicklungsländern erschwinglich. Das Therapeutikum war so weit verbreitet, dass es bei einem Großteil der Bevölkerung in Malaria-Endemiegebieten im Blut nachweisbar war (1). Bereits Ende der 1950er-Jahre traten erste Resistenzen in Südostasien und Südamerika auf, zwanzig Jahre später auch in Afrika.

 

Heute ist Plasmodium falciparum nahezu weltweit resistent gegen Chloroquin. Das Nachfolgemittel Sulfadoxin-Pyrimethamin führte ebenfalls schnell zu Resistenzen. Die WHO empfiehlt in Endemiegebieten heute den Einsatz von Artemisinin-basierten Kombinationen als Erstlinien-Therapie bei Falciparum-Malaria. Doch diese Medikamente sind für Entwicklungsländer oft zu teuer.

 

Malawi war 1993 das erste Land in Afrika, das Konsequenzen aus der mäßigen Wirksamkeit von Chloroquin zog. Dieses wurde konsequent durch Sulfadoxin-Pyrimethamin ersetzt, das fortan als einziges Mittel zur Therapie der unkomplizierten Malaria tropica eingesetzt wurde. In den Folgejahren ging die Prävalenz des Resistenzmarkers, eine Punktmutation im Plasmodium-falciparum-Chloroquin-Resistenz-Transporter-Gen (PfCRT), immer weiter zurück und verschwand 2001 völlig. Dies ermutigte ein Forscherteam um die Kinderärztin Miriam K. Laufer von der Universität von Maryland in Baltimore, das alte Therapeutikum erneut zu erproben.

 

In einer Studie bekamen 210 Kinder mit unkomplizierter Malaria tropica entweder Chloroquin oder Sulfadoxin-Pyrimethamin und wurden 28 Tage lang beobachtet (2). Nur bei einem von 80 Patienten im Chloroquin-Arm, aber bei 71 von 87 Kinder, die die Kombination erhielten, schlug die Therapie fehl. Es dauerte im Mittel rund zehn Stunden, bis die Kinder unter Chloroquin fieberfrei waren, und 2,6 Tage bis zur Elimination der Parasiten. Beides dauerte unter der Kombitherapie wesentlich länger oder gelang (meistens) gar nicht. Unerwartete Nebenwirkungen traten unter dem »Oldie« nicht auf, allerdings erbrachen die Kinder häufiger. 

 

Diese Ergebnisse stimmen optimistisch, geben jedoch keinen Anlass zur Euphorie. Laufer empfiehlt, Chloroquin komplett aus der Therapie zu streichen, wenn es schlecht wirkt. Wenn dies konsequent in ganz Afrika gelänge, bestünde die Chance, dass sich wieder Chloroquin-sensible Plasmodien ausbreiten. Dann könnte das alte Medikament mittelfristig wieder eingeführt werden, aber nicht als Monotherapie, sondern als Bestandteil neuer Kombitherapien gegen Plasmodium falciparum.

Literatur

White, N. J., Malaria ­ Time to Act. N. Engl. J. Med. 355, Nr. 19 (2006) 1956-1957.

Laufer, M. K, et al., Return of Chloroquine Antimalarial Efficacy in Malawi. N. Engl. J. Med. 355, Nr. 19 (2006) 1959-1966.

 

Mehr von Avoxa