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Nachtschlaf bei Naturvölkern ist kurz

20.10.2015  16:12 Uhr

dpa / Die Mitglieder von Naturvölkern schlafen nicht länger als die industrieller Gesellschaften. Zu diesem Ergebnis kommt eine im Fachjournal »Current Biology« veröffentlichte Studie von US-Forschern (DOI: 10.1016/j.cub.2015. 09.046).

 

Ein Team um Gandhi Yetish von der University of New Mexico untersuchte das Schlafverhalten von drei ursprünglich lebenden Volksgruppen: den Hadza aus Tansania, den San aus Namibia und den Tsimanen aus Bolivien. Die Jäger und Sammler schlafen nach Studienangaben durchschnittlich nur knapp 6,5 Stunden pro Nacht. Damit befinden sie sich sogar am unteren Ende der Schlafskala von Industrienationen.

 

»Der kurze Schlaf in diesen Kulturen stellt die Annahme, dass der Schlaf in der modernen Welt erheblich reduziert wurde, infrage«, sagt Co-Autor Jerome Siegel von der University of California. Experten hatten bislang für die vermeintlich reduzierte Ruhephase der Menschen in Industrieländern vor allem drei Erfindungen verantwortlich gemacht: das Fernsehen und das Internet, die vom Zubettgehen abhielten, sowie das elektrische Licht, das den Tag künstlich verlängerte.

 

Doch trotz fehlender elektrischer Lichtquellen richten sich die Jäger und Sammler auch nicht nach dem Sonnenuntergang und -aufgang, sondern bleiben bei Anbruch der Dunkelheit im Schnitt noch drei Stunden wach. Und sie stehen bereits vor dem ersten Morgenlicht wieder auf. Tatsächlich ist die Temperatur wohl der entscheidende Antrieb. Sie legen sich dann schlafen, wenn die Hitze nachlässt.

 

Ein Manko hat die Studie jedoch: »Sie lässt keine direkten Rückschlüsse auf den Erholungswert des Schlafes zu«, betont Alfred Wiater, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin. Der sei wiederum bei Menschen in Industrienationen, zum Beispiel bei Schichtarbeitern oder durch Verkehrslärm, eingeschränkt.

 

Einen wesentlichen Unterschied gab es jedoch bei chronischen Schlafstörungen. Darunter litten nur wenige Mitglieder der Naturvölker – im Gegensatz zu den Menschen in Industrienationen, von denen schätzungsweise 6 bis 10 Prozent der Erwachsenen betroffen sind. Naturvölker haben nicht einmal ein Wort für Schlafstörungen. /

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