Chapeau! |
25.10.2011 12:42 Uhr |
Einmal ganz ehrlich gesagt: Das hätte ich nicht gedacht! Da beschert das Bundesgesundheitsministerium der geschundenen Apothekerschaft ein vermeintliches »Geschenk«, indem es die Ausstattungsvorschriften und Pflichten für Filialapotheken deutlich herunterfahren will, und die ganz große Mehrzahl der Kolleginnen und Kollegen schlägt dieses »Geschenk« unter Protest aus!
Recht so. Hier handelt es sich um ein faules Ei, das man diesem Heilberuf ins Nest legen will: Zum einen haben wir »Pharmazie light« wahrhaftig schon genug. Neben Internet- und Versandapotheken, CoBoxen und Pick-up-Stellen, die man munter aus dem Hut gezaubert hat und die man jetzt nicht mehr oder kaum noch los wird, muss die Präsenzapotheke eine echte »Apotheke« bleiben, die alles anbietet, was Patienten benötigen – egal ob Haupt- oder Filialapotheke. Zum anderen kann nicht nur ein Schelm Böses dabei denken, wenn ein solches Angebot gemacht wird. Wer hier nicht ein System erkennt, das zum Ziel hat, bewährten Strukturen der Arzneimittelversorgung eine vielleicht kostengünstigere, aber ganz sicher minderwertige Variante entgegenzustellen, ist entweder naiv oder hoffnungsloser Optimist. Das trifft aber offenbar nur auf eine verschwindende Minderheit der Kolleginnen und Kollegen zu. Die meisten halten an ihrem Ethos, dem sie sich mit der Wahl dieses Berufes verpflichteten, fest. Und schließlich kratzen die Pläne zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung an dem Selbstverständnis dieses Heilberufs, der auf einer umfassenden experimentellen akademischen Ausbildung beruht.
Das alles mag man in der Politik anders sehen. Komplexe Rabatt- und Lieferverträge haben die pharmazeutische Arbeit in den Apotheken schon jetzt in großen Teilen zum Verwaltungsakt degradiert. Wen wundert es da, wenn diese Linie konsequent weiterverfolgt wird?
Die Reaktion auf diese Vorschläge ist hingegen bemerkenswert. Mit dem fast einstimmigen Protest der Apothekerschaft gegen die »Apotheke light« widerlegt diese Berufsgruppe all diejenigen, die Apothekerinnen und Apothekern Oberflächlichkeit und unseriöse Geschäftemacherei unterstellen. Das Gegenteil ist der Fall. Der Versorgungsauftrag wird von Apothekerinnen und Apothekern ernst genommen und konsequenterweise lehnen sie Apotheken zweiter Klasse ab, selbst wenn ihnen dies mit der Aussicht auf eine wirtschaftlich bessere Zukunft versüßt werden soll.
Nochmal: Chapeau, Kolleginnen und Kollegen!
Professor Dr. Theo Dingermann
Mitglied der Chefredaktion