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OTC-Präparate

Switches stärken Apotheken

18.10.2016  16:26 Uhr

Die Entlassung von Arzneimitteln aus der Verschreibungs- in die Apothekenpflicht – ein sogenannter Switch – stärkt die Verantwortung des Apothekers. Gleichzeitig spart er der Solidargemeinschaft viel Geld, denn wenn ein Medikament als OTC-Präparat verfügbar ist, fallen meist die Kosten für einen Arztbesuch weg. Das wurde bei einer Podiumsdiskussion in der Pharma World deutlich.

»Switches waren in den vergangenen Dekaden extrem wichtig für Apotheken«, sagte Professor Manfred Schubert-Zsilavecz von der Goethe-Universität Frankfurt. Als Beispiele nannte er die beiden Triptane Naratriptan und Almotriptan, die Protonenpumpeninhibitoren (PPI) Omeprazol und Pantoprazol sowie die Pille danach. 

 

Die Freigabe dieser Wirkstoffe habe zu einem großen Anstieg der Verantwortung der Apotheker geführt – ein Trend, der sich hoffentlich fortsetze. Ein Switch komme jedoch nur dann ­infrage, wenn der Wirkstoff im Rx-­Bereich bereits millionenfach eingesetzt wurde. Das sei eine wichtige Voraussetzung.

 

Mehr beratungsintensive OTC-Präparate bedeuten mehr Verantwortung für Apotheker. Professor Uwe May, Gesundheitsökonom an der Hochschule Fresenius in Idstein, bezeichnete das als »Daseinsberechtigung für den akademischen Heilberuf des Apothekers«. Er wies zudem auf den wirtschaftlichen Aspekt von Switches hin: »Die Selbstbehandlung bietet im Vergleich zur Verschreibungspflicht pro Euro eine Einsparung von 17,57 Euro.« ­Allein 13,93 Euro davon entfielen auf die Gesetzliche Kranken­versicherung, so May. Wer so viel Geld einspare wie die Apotheker, habe auch ein Recht auf eine entsprechende ­Vergütung.

 

Kein Übergebrauch

 

Schubert-Zsilavecz erinnerte daran, dass Kritiker des OTC-Switches von PPI durch die Freigabe aus der Verschreibungspflicht einen Übergebrauch der Medikamente befürchten. Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands, wies das zurück. Im Gegen­teil verschrieben Ärzte PPI sehr locker, sehr häufig in Kombination mit Schmerzmitteln. »Apotheker wirken hier eher dämpfend und gehen verantwortungsvoll mit den Produkten um.« Die Verschreibungspflicht sei kein ­hinreichendes Instrument, um einen Übergebrauch zu verhindern, ergänzte May. Das sehe man etwa bei den Antibiotika, die trotz aller Appelle immer noch zu häufig bei banalen Erkältungen verordnet würden.

 

Becker sprach sich eindeutig für Switches aus. Welche weiteren Wirkstoffe sich zur Freigabe eignen, solle untersucht werden. Diesen Vorschlag begrüßte Jörg Wieczorek, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller. »Auch wir wünschen uns mehr Switches.« Als mögliche Kandidaten nannte er bestimmte Antihistaminika, Präparate aus der Augenheilkunde und gegen Harnwegsinfektionen. »In den kommenden Jahren werden wir wesentlich mehr Switches erleben als früher«, prognostizierte er.

 

Werden ehemalige Rx-Präparate OTC-Produkte, haben sie naturgemäß eine höhere Evidenz als etwa registrierte traditionelle Präparate, gab Schubert-Zsilavecz zu bedenken. Für Becker stellt das unterschiedliche Evidenz­niveau in der Beratung in der Apotheke kein Problem dar. »Das bekommen wir hin.« May sah das pragmatisch: »Wenn ich zum Beispiel nicht schlafen kann, in der Apotheke ein OTC-Schlafmittel bekomme und das Problem mit der Einnahme dieses Mittels gelöst ist, ist mir das Evidenzniveau egal.«

 

Die Apotheker auch für künftige Switches beratungsfit zu machen, ist aus Beckers Sicht keine Schwierigkeit. »Apotheker sind sehr fortbildungs­willig und gehen fit in neue Switches.« /

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