Zweiter Anlauf für Tofacitinib |
28.09.2016 09:16 Uhr |
Von Kerstin A. Gräfe, Frankfurt am Main / Der orale Januskinase (JAK)-Inhibitor Tofacitinib könnte zukünftig auch in Deutschland Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) zur Verfügung stehen. Neue Daten vom Kongress der europäischen Rheuma-Liga (EULAR) bescheinigen dem Wirkstoff eine gute langfristige Wirksamkeit und Sicherheit. Hersteller Pfizer erwartet die Zulassung Mitte des nächsten Jahres.
Tofacitinib ist bereits in mehr als 45 Ländern unter dem Handelsnamen Xeljanz® zur Behandlung von RA-Patienten auf dem Markt. In den USA wurde der JAK-Inhibitor Ende 2012 als Monotherapie und in Kombination mit einem krankheitsmodifizierenden Antirheumatikum (DMARD) nach Versagen einer Methotrexat-Behandlung zugelassen. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA verweigerte allerdings im April 2013 die Zulassung mit der Begründung, es gebe zum einen erhebliche Bedenken hinsichtlich des Sicherheitsprofils der Substanz. Zum anderen hatten laut EMA die bisherigen Studien keinen ausreichenden Beweis für eine konsistente Reduktion der Krankheitsaktivität und der strukturellen Gelenkschäden erbracht. Firmenvertreter von Pfizer zeigten sich auf einer Veranstaltung in Frankfurt am Main nun zuversichtlich, dass die neu generierten Daten die Bedenken ausräumen.
Studienlage bewertet
Vor allem morgens haben Rheumapatienten oft Gelenkschmerzen.
Foto: Pfizer
Auch Professor Dr. Klaus Krüger, Leiter des Praxiszentrums St. Bonifatius in München, bewertete die aktuelle Studienlage als vielversprechend. So habe zum Beispiel ein Literaturreview mit 68 Publikationen und elf EULAR-Kongress-Abstracts zu insgesamt 45 randomisierten Studien ab Phase II gezeigt, dass die zweimal tägliche Gabe von 5 mg oder 10 mg Tofacitinib sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit konventionellen und biologischen DMARD vergleichbare Ansprechraten erzielt wie beispielsweise Tocilizumab, Etanercept und Adalimumab.
Gepoolte Daten von zwei multizentrischen, offenen Erweiterungsstudien an rund 4900 RA-Patienten zeigen laut Krüger für beide Dosierungen eine anhaltende Wirksamkeit über bis zu 60 Monate und ein konsistentes Sicherheitsprofil über bis zu 96 Monate. 15,6 bis 23,0 Prozent der Patienten hatten die Teilnahme an der Studie unterbrochen. Als häufigste Gründe wurden in den Studien Infektionen (7,0 bis 7,8 Prozent), veränderte Laborparameter (2,5 bis 4,6 Prozent) und Neoplasmen (2,1 bis 3,9 Prozent) genannt. Eine Therapieunterbrechung aufgrund eines Wirkverlusts fand bei 2,5 bis 2,7 Prozent der Patienten statt.
»Auch im direkten Vergleich mit Biologika schneidet Tofacinitib gut ab«, sagte Krüger. So belege eine Post-hoc-Analyse der Phase-III-Studie ORAL Standard, dass Tofacitinib (zweimal täglich 5 mg oder 10 mg) im Vergleich zu Adalimumab (40 mg subkutan alle zwei Wochen) bei RA-Patienten, die unzureichend auf Methotrexat angesprochen haben, höhere Ansprechraten erzielt. Nach zwölf Monaten hatten 24,9 Prozent der Tofacitinib-Patienten eine ACR70-Response erreicht, also eine Besserung ihrer Beschwerden um mindestens 70 Prozent. In der Adalimumab-Gruppe war dies bei 16,8 Prozent der Fall.
Erwähnung in Leitlinien
Obwohl Tofacitinib in der EU noch nicht zugelassen ist, ist der JAK-Inhibitor bereits fester Bestandteil der zukünftigen EULAR-Empfehlungen zum RA-Management. Ein erster Entwurf wurde auf dem Kongress vorgestellt. Demnach wären JAK-Inhibitoren und Biologika gleichgestellt und dürften gleichberechtigt zum Einsatz kommen, wenn eine Therapie mit konventionellen DMARD versagt. Der bislang gültige Behandlungsalgorithmus aus dem Jahr 2013 sieht einen Wechsel auf einen JAK-Inhibitor erst dann vor, wenn die Erkrankung auf mindestens ein anderes Biologikum nicht angesprochen hat.
In der Begründung für die Gleichstellung heißt es, dass sich die Datenbasis für Tofacitinib durch mehrere Langzeitextensionen zu Phase-III-Studien erweitert hat, ohne dass neue Sicherheitsaspekte gesehen wurden. Zugleich zeige auch Baricitinib als zweiter JAK-Inhibitor in mehreren Phase-III-Studien eine signifikante Effektivität (auch gegen einen TNFα-Inhibitor), ohne dass neue Sicherheitssignale auftraten. /