Unschön, aber ungefährlich |
18.09.2012 16:18 Uhr |
Von Annette Mende / Genitalwarzen zählen zu den am weitesten verbreiteten sexuell erworbenen Krankheiten. Sie sind in den allermeisten Fällen gutartig, doch empfinden viele Betroffene sie als hässlich und störend. Da Feigwarzen durch humane Papillomaviren (HPV) ausgelöst werden, stellt die HPV-Impfung die wirksamste Präventionsmöglichkeit dar.
Feigwarzen oder auch spitze Kondylome sind rötliche, grau-bräunliche oder weißliche Papeln im äußeren Genital- und Analbereich. Ihre Größe variiert von der eines Stecknadelkopfs bis zu mehreren Zentimetern. Häufig treten sie in Vielzahl auf, neigen zu Beetbildung und können gelegentlich riesenhafte, blumenkohlartige Konglomerate bilden. Ob, wie stark und wie schnell Feigwarzen wachsen, lässt sich nicht vorhersagen. Nicht selten bilden sie sich von selbst wieder vollständig zurück.
Elektronenmikroskopische Aufnahme von humanen Papillomaviren. Die Erregertypen 6 und 11 werden besonders häufig in genitalen Warzen gefunden.
Foto: dpa
Kondylome sondern mitunter ein übelriechendes Sekret ab, das zu einem ständig feuchten Milieu führt. Sie verursachen keine Schmerzen, häufig jedoch Juckreiz und geringe Blutungen. Viele Patienten leiden unter Scham- und Schuldgefühlen, haben Krebsangst und machen sich Sorgen um ihre Fertilität. Auf diese Weise wirken sich Genitalwarzen sehr negativ auf das Sexualleben aus.
Auslöser der Warzen sind HP-Viren, meist der sogenannten Low-Risk-Typen 6 oder 11, manchmal aber auch der onkogenen Typen 16 oder 18. Die Übertragung der Viren erfolgt überwiegend sexuell, in seltenen Fällen auch über andere Infektionswege wie gemeinsames Baden oder gemeinsam benutzte Handtücher. Die Durchseuchung der sexuell aktiven Bevölkerung mit verschiedenen HPV-Typen im anogenitalen Bereich ist hoch. Laut Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe sollen bei 60 Prozent der Menschen HPV-Antikörper gefunden werden.
Keine kausale Therapie
Die Therapie richtet sich nach der Morphologie und der Ausdehnung der Genitalwarzen. Im einfachsten Fall kann der Patient mit Podophyllotoxin-Lösung oder -Creme (Condylox® oder Wartec®), Imiquimod-Creme (Aldara®) oder Interferon-Beta-Gel (Fiblaferon®, in Deutschland nicht als Fertigarzneimittel zugelassen) die Behandlung selbst vornehmen. Die Erfahrungen mit dem Grüntee-Extrakt Veregen®, der seit 2010 auf dem Markt ist, reichen für eine offizielle Empfehlung in der Leitlinie noch nicht aus. Weitere Therapieverfahren wie die Verätzung mit Trichloressigsäure, die Kryotherapie und die operative Entfernung der Warzen sind dem Arzt vorbehalten.
Allen Behandlungsformen gemein sind mehr oder weniger stark ausgeprägte lokale Hautreaktionen wie Entzündung, Ödembildung und Erosionen, die von Brennen, Juckreiz und Schmerzen begleitet sein können. Keines der momentan zur Verfügung stehenden Verfahren kann mit Sicherheit die Feigwarzen vollständig und dauerhaft entfernen. HPV-DNA kann latent im Gewebe verbleiben; daher kommt es in mindestens 20 Prozent der Fälle nach zunächst erfolgreicher Therapie innerhalb eines halben Jahres erneut zur Warzenbildung.
Impfung gegen Krebs und Warzen
Seit einigen Jahren sind in Europa zwei Impfstoffe gegen HPV auf dem Markt: Cervarix® und Gardasil®. Beide sind zugelassen für Mädchen und junge Frauen zur Prävention HPV-assoziierter Neoplasien und bieten Schutz vor Infektionen mit den den High-Risk- Virustypen 16 und 18. Gardasil schützt zusätzlich vor Infektionen mit HPV 6 und 11, den häufigsten Verursachern von Genitalwarzen.
In Deutschland lässt die Akzeptanz der Impfung unter anderem aufgrund von reißerischen und sachlich falschen Berichten, die kurz nach der Markteinführung durch die Presse gingen, zu wünschen übrig. Andere Länder, beispielsweise Australien und Schweden, haben dagegen hohe Durchimpfungsraten der Zielgruppe mit der quadrivalenten Vakzine erreicht. In der Folge ist dort bereits ein kräftiger Rückgang der Feigwarzen-Neuerkrankungsrate zu verzeichnen.
So berichteten Wissenschaftler 2011 im Fachblatt »Lancet Infectious Diseases« von einer signifikanten Abnahme der Fallzahlen bei jungen australischen Frauen nach Start des Impfprogramms (doi: 10.1016/S1473-3099(10)70225-5). Bei jungen heterosexuellen Männern ging die Prävalenz ebenfalls zurück – ein Indiz dafür, dass auch sie vom Rückgang der HPV-Durchseuchungsrate profitierten.
Ein starker Abwärtstrend der Kondylom-Häufigkeit bei jungen Frauen ist auch in Schweden zu beobachten, wo die Impfung Mädchen zwischen elf und zwölf Jahren kostenlos angeboten wird. Bei 17- bis 18-jährigen Frauen lag die Genitalwarzen-Häufigkeit im Jahr 2010 um 25 Prozent niedriger als vor Einführung der Impfung im Jahr 2006, wie Forscher kürzlich im »Journal of Infectious Diseases« schrieben (doi: 10.1093/infdis/jis405). /
Unbedingt impfen lassen!
Man könnte versucht sein, Feigwarzen als vernachlässigbares medizinisches Problem abzutun. Denn nur etwa 1 bis 2 Prozent der sexuell aktiven Bevölkerung wird von sichtbaren Feigwarzen im Genitalbereich geplagt. Allerdings weisen circa 5 bis 10 Prozent der Bevölkerung subklinische HPV-assoziierte Läsionen im Anogenitalbereich auf, die mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind und in der Regel auch nicht diagnostiziert werden. Und bei etwa 60 Prozent der Bevölkerung lassen sich als Folge einer früheren Infektion Antikörper gegen HPV im Blut nachweisen. Aus all diesen Zahlen lässt sich ableiten, dass das Risiko, im Laufe des Lebens eine HPV-Infektion durchzumachen, zwischen 75 und 80 Prozent liegt. Eine andere Rechnung sieht wie folgt aus: Für das Zervixkarzinom ist durch Studien belegt, dass an seiner Entstehung immer Papillomaviren beteiligt sind. Dieses Risiko lässt sich vermeiden! Denn Impfungen gegen HPV schützen zu 100 Prozent. Was gibt es da noch zu überlegen?
Professor Dr. Theo Dingermann
Mitglied der Chefredaktion