Unabhängige Fachkunde schafft Versorgungssicherheit |
18.09.2007 17:28 Uhr |
Unabhängige Fachkunde schafft Versorgungssicherheit
Von Daniel Rücker
In der Arzneimittelversorgung spielt der Verbraucherschutz eine wichtige Rolle. Apotheker sind dabei die Garanten für Sicherheit. Der Deutsche Apothekertag wird am 28. September in Düsseldorf das Thema diskutieren. Moderiert wird die Diskussionsrunde von ABDA-Geschäftsführer Lutz Tisch.
PZ: Ihr Arbeitskreis auf dem Deutschen Apothekertag heißt »Verbraucherschutz braucht Sicherheit«, was sind die wichtigsten Aspekte, die Sie diskutieren werden?
Tisch: Apothekerinnen und Apotheker in öffentlichen Apotheken sind motivierte, hoch qualifizierte Auftragnehmer des Staates. Sie nehmen als Angehörige eines freien Heilberufs verantwortlich eine staatliche Teilaufgabe innerhalb des Gesundheitswesens wahr - die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung. Der Gesetzgeber hat zum Wohle und der Sicherheit der Bevölkerung die Apotheker strengen staatlichen Reglementierungen unterworfen, damit Arzneimittel mit der unabhängigen Fachkunde hergestellt, behandelt und abgegeben werden, die ihrem Charakter als Ware besonderer Art entspricht. Genau deshalb dürfen die meisten Arzneimittel nur in Apotheken in den Verkehr gebracht werden, weil nur hier diese Voraussetzungen gewährleistet werden. Das bestehende gesetzliche System hat in Deutschland zu einem Höchstmaß an Arzneimittel- und Versorgungssicherheit geführt und sich in den rund 50 Jahren seines Bestehens bewährt.
In Verkennung dieser Zusammenhänge diskutieren interessierte Kreise die Demontage dieses präventiven Verbraucherschutzes und haben teilweise auch schon den Gesetzgeber zu unbedachten und kontraproduktiven Eingriffen verleiten können oder versuchen dies. Versandhandel und Fremdbesitz sind die markantesten Stichworte.
Der Arbeitskreis hat sich zum Ziel gesetzt, die ordnungspolitischen Zusammenhänge des deutschen Apothekenwesens und seine Verbraucher schützende Funktion herauszuarbeiten. Dabei wird erkennbar werden, dass sich staatliche Aufgabe und gesellschaftliche Erwartungshaltung mit grenzenloser Liberalität nicht vereinbaren lassen. Vielmehr kommt dem fordernden Staat auch eine Garantenstellung gegenüber den Apothekern zu, an die er erinnert werden soll und muss.
PZ: Welche Diskutanten haben Sie eingeladen?
Tisch: Apothekerin Monika Koch ist Vorsitzende des Landesapothekerverbandes Sachsen. Sie gehört dem Geschäftsführenden Vorstand des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) an und engagiert sich maßgeblich für die Zusammenarbeit mit Patienten-Selbsthilfegruppen.
Dr. Stefan Etgeton ist Referent für Gesundheit bei der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und begleitet seit Jahren fachkundig die Entwicklungen im Arzneimittel- und Apothekenwesen.
Professor Dr. Christian Starck ist emeritierter Professor für öffentliches Recht der Georg-August-Universität Göttingen. Er hat sich in mehreren wissenschaftlichen Gutachten mit dem Fremd- und Mehrbesitzverbot an Apotheken befasst. In einem aktuellen Gutachten für die ABDA befasst er sich mit der These, man könne im Falle einer Aufhebung des Fremdbesitzverbotes Niederlassungsbeschränkungen für Apotheken wieder einführen, die mit dem Grundgesetz und dem EU-Vertrag vereinbar wären.
Ministerialrat Walter Frie ist im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen für das Apothekenwesen und seine Weiterentwicklung zuständig. In diesem von Minister Karl-Josef Laumann verantworteten Ministerium prüft man derzeit, ob und wie einer Beliebigkeit von Arzneimittelübergabestellen entgegengetreten werden kann, nachdem das Oberverwaltungsgericht Münster Pick-up-Stellen in Drogeriemärkten für zulässig erklärt hat.
PZ: Mit Stefan Etgeton haben Sie einen Redner eingeladen, der die Regulierungen im Apothekenwesen durchaus kritisch sieht. Was versprechen Sie sich von dieser Konstellation?
Tisch: Auch meine anderen Gesprächspartner setzen sich mit dem Apothekenwesen kritisch auseinander. Herr Etgeton vertritt Verbraucherinteressen in einem immer unübersichtlicher werdenden Gesundheitsmarkt. Dabei bleibt es nicht aus, dass Meinungsverschiedenheiten mit anderen Marktbeteiligten bestehen. Wenn hiervon auch Apotheker und ihre Berufsorganisationen betroffen sind, sollten wir das entspannt sehen. Auch wir sind nicht Everybody's Darling und wollen es ja hin und wieder auch nicht sein. Spannend wird aber sicher die Frage sein, ob Etgeton ein bestimmtes Maß Verbraucher präventiv schützender Regelungen für unverzichtbar hält, oder für maximalen Wettbewerb mit der bloßen Möglichkeit nachträglicher Sanktion bei Fehlleistungen eintritt.
PZ: Walter Frie ist einer derjenigen, die das Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel vorantreiben wollen. Werden Sie mit ihm auch über die Initiative des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministers Karl-Josef Laumann diskutieren?
Tisch: Ja. Nordrhein-Westfalen ist Schauplatz des dm-Falles. Daher verwundert es nicht, dass man sich dort in besonderer Weise Gedanken macht, was die bisher erkennbare Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte für das Apothekenwesen bedeuten kann. Walter Frie, ein durchaus fordernder Begleiter der Apothekerschaft, hat erkannt, dass nur eine gesetzgeberische Unterstützung die Apotheken in ihrer heutigen Gestalt erhalten kann. Die Reduzierung des Versandhandels auf das vom Europäischen Gerichtshof geforderte Maß könnte hier weiterhelfen.
PZ: Ist der Arbeitskreis nur für die Delegierten des Apothekertags gedacht oder wendet er sich auch an Apotheker ohne berufspolitische Ambitionen?
Tisch: Alle Apothekerinnen und Apotheker, denen ihr Beruf eine Berufung ist, müssten sich für das Thema interessieren. Wir werden in den nächsten zwei Jahren entscheidende Weichenstellungen für die Zukunft der öffentlichen Apotheke erleben und da sollte man als Betroffener wissen, worum es geht. Nur dann kann man die Diskussion auch maßgeblich mitgestalten und zu einem positiven Ergebnis beitragen.
PZ: Warum ist der Arbeitskreis auch für normale Apotheker interessant? Welche Punkte betreffen sie besonders?
Tisch: Sollten die dm-Problematik und die Fremdbesitzdiskussion gegen die Apotheker entschieden werden, haben inhabergeführte Apotheken einen schweren Stand. Dies betrifft alle in öffentlichen Apotheken Tätigen und alle Peripherieunternehmen. Ich kann mir kaum eine brisantere Fragestellung vorstellen.
PZ: Sie sagten bereits, dass die Themen Fremdbesitz, DocMorris und EuGH in dem AK mit Sicherheit eine Rolle spielen werden. Wird es bis dahin neue Erkenntnisse zu dem Verfahren geben?
Tisch: Neue Erkenntnisse zum Verfahren sind nicht zu erwarten. Aber vielleicht hilft die Erörterung der schon vorhandenen Erkenntnisse im Arbeitskreis die Lage besser einzuschätzen und sich gemeinsam für eine erfolgreiche Bewältigung der anstehenden Generaldebatte zu rüsten. Vielleicht kann auch die Erkenntnis der Alternativlosigkeit zur ABDA-Politik das gemeinsame Agieren befördern und vor kurzsichtigen Torheiten bewahren, die nur den Gegnern der inhabergeführten Apotheke in die Arme spielen.