Tumorbiologie entscheidet über Einsatz von Krebsmedikamenten |
14.09.2016 10:13 Uhr |
Von Sven Siebenand / Während früher der Ursprungsort einer Krebserkrankung als entscheidend für die medikamentöse Behandlung galt, richtet sich der Einsatz heute nach biologischen Kriterien.
In einer Pressemeldung weist die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie ferner darauf hin, dass dies sowohl für Immuntherapien als auch für zielgerichtete Arzneimittel gilt.
Im Fokus der Onkologen ist das Gewebe des Tumors, nicht das betroffene Organ.
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Dass neue Medikamente zu einem Perspektivenwechsel mit Blick auf die Behandlung geführt haben, macht Professor Dr. Andreas Hochhaus vom Universitätsklinikum Jena deutlich. »Wo wir früher Tumoren anhand ihrer Verortung an bestimmten Organen klassifiziert haben, werden wir in Zukunft verstärkt Klassifikationen basierend auf bestimmten genetischen Mutationen des Tumorgewebes oder immuntherapeutisch wirksamen Mechanismen sehen.« Auch Professor Dr. Carsten Bokemeyer vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf sieht große Vorteile in der Vielfalt der neuen Therapieansätze. »Wir verstehen immer mehr von der Entstehung und dem Verlauf von soliden Tumoren und hämatologischen Erkrankungen. Mit den neuen Formen der Immuntherapie, mit den vielen gezielten Arzneimitteln zur Hemmung des Gefäßwachstums, aber auch mit neuer Chemo- und Hormontherapie hat sich unser Werkzeugkasten in wenigen Jahren fast verdoppelt.« Aufgrund dieses Wissenszuwachses werde die Behandlung immer komplexer. Mit einem singulären Therapieansatz werde man dieser Komplexität nicht gerecht. »Was wir in der medikamentösen Tumortherapie brauchen, sind sehr spezifische Instrumente.« Es gehe insbesondere darum, Therapieregime zu entwickeln, die die verschiedenen medikamentösen Therapieansätze kombinierten.
Die neuen therapeutischen Ansätze nutzen auch Fortschritte in der Diagnostik. Die Untersuchung von zirkulierenden Tumorzellen im Blut, die sogenannte Liquid Biopsy, erspart oft die schmerzhafte und nebenwirkungsbelastete Biopsie. Das Next Generation Sequencing ermöglicht in immer kürzerer Zeit und zu immer geringeren Kosten die Analyse genetischer Mutationen des Tumorgewebes und der Keimbahn. »Die molekulargenetische Diagnostik ermöglicht uns einen äußerst selektiven Einsatz der modernen Onkologika. Auf dem Weg zur personalisierten Tumortherapie ist das ein riesiger Schritt«, betont Bokemeyer. /