Nur wenig grün |
14.09.2016 10:13 Uhr |
Von Jennifer Evans / Ein Ampelschema soll Ärzte über Nutzen und Wirtschaftlichkeit neuer Arzneimittel informieren, so die Vorstellung der Techniker Krankenkasse. Die Hersteller halten solch ein Verfahren für ungeeignet, weil es den individuellen Therapienutzen nicht berücksichtige.
Die Techniker Krankenkasse (TK) hat in ihrem vergangene Woche in Berlin vorgestellten Innovationsreport wieder neue Arzneimittel nach einem Ampelschema bewertet. Die 23 untersuchten Medikamente des Jahres 2013 haben demnach qualitativ nicht besser abgeschnitten als die Neuheiten aus dem Jahr 2012. Nur für eines der untersuchten Präparate vergab die TK in ihrer Ampelfarben-Wertung grün, neun schnitten im Report mit gelb ab und 13 fielen mit rot ganz durch.
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Ausschlaggebend für das Urteil war der Zusatznutzen des Medikaments, der Preis sowie mögliche Therapiealternativen. Die Bestnote in allen Kategorien gab es lediglich für das Brustkrebs-Medikament Pertuzumab.
»Der Anteil der nicht innovativen Arzneimittel überwiegt«, sagte Professor Gerd Glaeske, Gesundheitsökonom an der Universität Bremen und Herausgeber des Reports. Wie die TK mitteilte, sind die meisten der neuen Arzneimittel Onkologika (40 Prozent). Für die Behandlung von Patienten mit Leiden wie Bluthochdruck, Rückenschmerzen oder Diabetes mellitus gebe es hingegen kaum Neuerungen.
Das sogenannte Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) von 2011 hat nach Ansicht der TK nicht den erwünschten Effekt in puncto Kostendämpfung und Qualitätssteigerung gebracht. Im Gegenteil: Dem Report zufolge hat sich seither der durchschnittliche Packungspreis mehr als verdoppelt. Demnach schlugen die Neuheiten im Jahr 2012 im Schnitt mit 670 Euro pro Packung zu Buche, 2013 waren es 1418 Euro. Damit stiegen auch die Ausgaben für die Kasse, heißt es.
Ihr Ampelschema hält die TK auch für die Software in Arztpraxen für eine gute Lösung, um die Wirtschaftlichkeit bei der Versorgung zu verbessern. Nach Ansicht der Kasse kann der Arzt so schnell den Zusatznutzen eines Medikaments erkennen. Für die Industrie ist die pauschale Bewertung hingegen nicht zielführend. Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Pharmaunternehmen, ließ wissen: »Es bleibt zu hoffen, dass Ärzte künftig nicht unter dem Vorwand der Arzneimittelinformation dazu gedrängt werden, untaugliche Orientierungssysteme wie die Ampel zum Maßstab ihrer Therapieentscheidungen zu machen.« Rot, Grün und Gelb gelte nämlich in der Therapie – anders als im Straßenverkehr – nicht für jeden Patienten in gleicher Weise. In der Krebsmedizin etwa könne jedes neue Medikament ein sinnvoller Teil einer Kombinationstherapie sein oder als Reservemittel dienen, sollte die erste Therapie nicht wirken.
Auch der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie (BPI) ist unzufrieden mit der Ampelbewertung. »Die Krankenkassen müssen für eine Balance zwischen hochwertiger, innovativer Versorgung und Kostensteuerung sorgen. Ihre Vorschläge gehen zulasten der Patienten«, so BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp in einer Mitteilung. Zumal es für weitere Sparmaßnahmen laut Fahrenkamp keinen Grund gibt. Aktuellen Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums belegten, dass die Kassen allein im ersten Halbjahr 2016 mehr als eine halbe Milliarde Euro Überschuss erwirtschafteten. /