Erwartungen bestimmen Nebenwirkungen der antihormonellen Therapie |
14.09.2016 10:13 Uhr |
Von Annette Mende / Der Nocebo-Effekt lässt grüßen: Brustkrebs-Patientinnen, die von einer antihormonellen Therapie das Schlimmste erwarten, leiden signifikant häufiger unter Nebenwirkungen als Patientinnen mit neutraler oder positiver Erwartungshaltung.
Das hat eine Studie mit 111 Patientinnen am Brustkrebszentrum der Universität Marburg gezeigt, über die Autoren um Professor Dr. Yvonne Nestoriuc von der Uniklinik Hamburg-Eppendorf (UKE) jetzt in den »Annals of Oncology« berichten (DOI: 10.1093/annonc/mdw266). Demnach erlebten die Teilnehmerinnen nach zweijähriger antihormoneller Therapie fast doppelt so viele Nebenwirkungen, wenn sie das erwartet hatten.
Brustkrebspatientinnen sollten ihre Therapie optimistisch angehen.
Foto: Fotolia/ArTo
Die antihormonelle Therapie mit Tamoxifen oder Aromatasehemmern soll bei estrogenrezeptorpositivem Brustkrebs nach einer Behandlung Rezidiven vorbeugen. Da die Frauen dadurch sozusagen künstlich ins Klimakterium versetzt werden, leiden viele unter Nebenwirkungen wie Hitzewallungen, Scheidentrockenheit oder vaginalem Ausfluss. Diese Symptome können die Patientinnen so belasten, dass sie die Therapie abbrechen – Schätzungen zufolge tut das sogar jede Vierte. Viele Frauen wissen aus Patientenforen oder anderen Quellen bereits vor dem Therapiestart, was sie erwarten könnte.
Im Rahmen der Studie befragten die Autoren die Patientinnen unmittelbar vor dem Start einer antihormonellen Therapie, drei Monate später und erneut nach zwei Jahren. Zu diesem Zeitpunkt berichtete ein großer Prozentsatz der Frauen von Gelenkschmerzen (71 Prozent), Gewichtszunahme (53 Prozent) oder Hitzewallungen (47 Prozent), allerdings auch von Symptomen, die nicht mit der antihormonellen Wirkung erklärt werden konnten, wie Atemproblemen (28 Prozent) oder Schwindel (26 Prozent). Frauen mit negativer Erwartungshaltung bezüglich der Nebenwirkungen vor Therapiestart und mit starken Nebenwirkungen nach dreimonatiger Therapie hatten ein signifikant höheres Risiko für Nebenwirkungen nach zwei Jahren als Frauen ohne diese Eigenschaften.
»Unsere Ergebnisse belegen, dass Erwartungen einen klinisch relevanten Faktor darstellen, der das langfristige Ergebnis der Hormontherapie beeinflusst«, sagt Nestoriuc. Erwartungen könnten durch psychologische Prävention beeinflusst werden, was letztlich den Behandlungserfolg der antihormonellen Therapie steigern könnte. Laut einer Pressemitteilung des UKE leitet die Psychologin am dortigen Brustzentrum zurzeit eine randomisierte kontrollierte Studie zur Erforschung von Strategien für die Optimierung von Behandlungserwartungen. /