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Weiterbildung

Der Fachapotheker wird 40

02.09.2014  11:13 Uhr

Von Christiane Staiger / Am 1. September 1974 wurde die Weiterbildung zum Fachapotheker in der DDR offiziell eingeführt. Einige Jahre später folgte auch die Bundesrepublik.

Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten sich Apotheker zu Wort gemeldet, denen die universitäre Ausbildung alleine für eine Karriere in speziellen pharmazeutischen Feldern nicht ausreichte. Insbesondere die Krankenhausapotheker sahen ihre Zukunft nicht »in dem einfach gestalteten Dispensierbetrieb«, sondern auch in weitergehenden Dienstleistungen, für die sie sich spezieller qualifizieren wollten.

 

Es dauerte jedoch noch einige Jahrzehnte, bis diese vereinzelten Initiativen im Berufstand eine breitere Zustimmung fanden. In der DDR erschien 1959 in der Fachpresse ein erster Vorschlag. Man wollte den »Fachapotheker« und eine weitergehende Spezialisierung etablieren. Neben dem Wissenszuwachs spielte dabei ein weiterer Beweggrund eine wichtige Rolle: Auf einer Tarifbesprechung der staatlichen Angestellten hatten die Apotheker die gleichen Tarife gefordert, wie sie den Ärzten zustanden. Eine Gleichstellung wurde jedoch mit der Begründung zurückgewiesen, Ärzte könnten sich zu Fachärzten weiterbilden, die Apotheker seien aber keine Fachapotheker. Das sollte sich ändern. In den Folgejahren überlegte man, in welchen Gebieten eine Spezialisierung in der Pharmazie sinnvoll sei. Argumente für und gegen die einzelnen Disziplinen wurden ausgetauscht. Verworfen wurden unter anderem Vorschläge zu Fachapothekern für Organisation und Ökonomie oder Forschung und Entwicklung. Aber auch der Fachapotheker für Klinische Pharmazie fand keine breite Mehrheit.

 

»Damit war’s gegessen«

 

Zum 1. September 1974 trat die Anordnung über die Weiterbildung der Apotheker in der DDR in Kraft – mit den drei Fachrichtungen Arzneimittelversorgung, Arzneimitteltechnologie und Arzneimittelkontrolle. Spezielle Bildungsprogramme legten die inhalt­lichen Anforderungen für jede Fachrichtung fest, die Weiterbildungszeit betrug vier Jahre. Für langjährig Berufstätige gab es mit der Verkürzung der Weiterbildungszeit erleichterte Regelungen. Doch auch von den ersten Fachapothekern verlangte man eine Prüfung. Sie fand unter besonderen Bedingungen statt, wie Dr. Hans Feld­meier (Jahrgang 1924) sich erinnerte: »Die ersten Fachapotheker wurden anlässlich einer Bezirksapothekertagung aus der Taufe gehoben. Ein Rundtischgespräch, wo ein jeder sich zu aufgeworfenen Fragen gescheit zu äußern versuchte; und damit war’s gegessen, wie man heute formuliert. Die folgenden Lehrgänge und Prüfungen hingegen wurden immer anspruchsvoller«. Aus den Jahren 1975 bis 1978 sind zahlreiche Prüfungsprotokolle erhalten. Aus ihnen geht hervor, dass die Kandidaten zumeist vier bis fünf Fragen gestellt bekamen. Mindestens eine war (gesundheits-)politischen Inhalts.

 

Am 1. September 1988 traten wichtige Änderungen der Weiterbildung in Kraft. Die Fachrichtung Arzneimittelversorgung hieß künftig Allgemeinpharmazie, und alle Apotheker mussten sich nun verpflichtend zu Fachapothekern weiterbilden. Man sah dies unter anderem »als Voraussetzung zur Qualitätserhöhung bei der Realisierung der qualitativ und quantitativ ständig steigenden Versorgungsaufgaben«. Wer nicht in einem der drei Weiterbildungs-Schwerpunkte tätig war, sondern zum Beispiel in der Lehre an Universitäten, entschied sich für das seiner Tätigkeit am engsten verwandte Gebiet.

 

In der DDR war es weit verbreitet, fachliche Bildung mit politisch-ideologischer Erziehung zu verknüpfen. Allerdings gelang es dem Berufsstand, eine überwiegend fachlich ausgerichtete Weiterbildung zu etablieren und politische Inhalte auf das notwendige Maß zu beschränken. Auch deshalb besaß die Weiterbildung eine große Akzeptanz und hohes Ansehen innerhalb der Kollegenschaft, das man auch nach der politischen Wende 1990 erhalten wollte.

 

Fachpharmazeuten auch in der BRD

 

Rund ein Jahrzehnt später als in der DDR, setzte die Diskussion um die Weiterbildung in der Bundesrepublik ein. Ende der 1960er-Jahre wurden hier erste Gedanken zur Einführung einer spezialisierenden Weiterbildung laut. Sie entstanden zeitgleich zur intensiv geführten Debatte über die pharmazeutische Ausbildung. Als Hochschulen den »Diplom-Pharmazeuten« etablieren wollten, wandten sich die Berufsorganisationen mit Nachdruck dagegen. In dieser Zeitung schlugen 1969 Dr. Heino Walter Eckenberg (Jahrgang 1921) und Dr. Herbert Gebler (Jahrgang 1928) 1969 stattdessen eine dreisemestrige Weiterqualifikation vor. Sie sollte nicht nur die Bereiche Wissenschaft und Industrie, sondern ausdrücklich auch Tätigkeiten in der Offizin und im Krankenhaus erfassen: «[Wir haben] die Hoffnung, daß sich mit der Zeit erreichen lassen wird, daß auch für den Offizin-Apotheker der Status des weiter ausgebildeten Fach-Pharmazeuten die Regel wird.«

 

Unter dem Eindruck des »Facharzt-Beschlusses« des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Mai 1972 nahm die Weiterbildung Gestalt an. Am 26. Juli 1980 trat in Berlin die erste Weiterbildungsordnung der Bundesrepublik in Kraft. Man führte zunächst die fünf Gebiete Offizin-Pharmazie, Klinische Pharmazie, Pharmazeutische Analytik, Pharmazeutische Technologie und Öffentliches Gesundheitswesen ein. Außerdem das Teilgebiet Chemische Toxikologie und die Zusatzbezeichnung Gesundheitserziehung. Die erste Urkunde wurde am 20. Juni 1981 im Gebiet Klinische Pharmazie für den Krankenhausapotheker Jürgen Achterberg ausgestellt. Die Apothekerkammer Berlin vergab am selben Tag zwar noch zahlreiche weitere Urkunden an Apotheker, ging jedoch in alphabetischer Reihenfolge vor, beginnend mit dem Nachnamen »Achterberg«.

 

Die Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz setzte als zweite Kammer die dreijährige Weiterbildung für Apotheker rechtskräftig um, die übrigen Kammern folgten sukzessive. Um die neue Zusatzqualifikation zu etablieren, stattete man die Weiterbildungsordnungen mit großzügigen Übergangsbestimmungen aus. Mit dem Besuch von zunächst nur wenigen Seminaren und noch ohne Prüfung ging so die erste Generation von Fachapothekern an den Start.

 

Ab Mitte der 1980er-Jahre erweiterte man die Anzahl der Bezeichnungen. Heute können sich Apotheker auch unter anderem in den Gebieten Arzneimittelinformation, Toxikologie und Ökologie sowie Theoretische und Praktische Ausbildung weiterbilden oder die Zusatzbezeichnungen Prävention und Gesundheitsförderung, Ernährungsberatung, Naturheilverfahren und Homöopathie, Onkologische Pharmazie und Geriatrische Pharmazie erwerben. /

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