Kein Herstellerrabatt für die Privaten |
07.09.2010 17:47 Uhr |
Von Werner Kurzlechner, Berlin / Die Private Krankenversicherung soll nicht in den Genuss von Regelungen kommen, die für das System der Gesetzlichen Krankenversicherung gedacht sind, bekräftigte der parlamentarische Staatssekretär Daniel Bahr bei einer Konferenz. Auch der bereits erhöhte Herstellerrabatt gilt lediglich für die gesetzlichen Kassen.
Um sechs Euro höhere Krankenkassenbeiträge bei einem Verdienst von 2000 Euro? »Das ist eine Pizza im Monat«, rief Daniel Bahr (FDP). Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium war vergangene Woche in Berlin bei der Euroforum-Konferenz »PKV im Aufbruch« rhetorisch in bester Verteidigungslaune. Der Pizza-Vergleich sollte zeigen, dass die nach zähem Ringen beschlossenen Reformmaßnahmen der Bundesregierung keineswegs die drastische Mehrbelastung der Versicherten darstellen, als die sie in der Bevölkerung ankamen.
Wasem vermisst politisches Konzept
Bahr war ohnehin schon in Habachtstellung versetzt durch die einleitenden Worte des Gesundheitsökonomen Professor Dr. Jürgen Wasem. Der hatte das Reformwerk der Regierung als »blinde Kostendämpfung« bezeichnet und gegenüber Bahr bemerkt: »Sie hatten einmal ein ordnungspolitisches Konzept.« Davon sei nun in Regierungsverantwortung aber nicht mehr viel übrig. »Mir fehlt immer noch die Promotion«, erwiderte Bahr launig, um dann auf die Kompromisszwänge einer Koalition zu verweisen. Er nehme aber die Herausforderung an, im Namen aller drei Koalitionspartner zu sprechen.
Daniel Bahr bekennt sich zum Zweisäulensystem der Gesetzlichen und Privaten Krankenversicherung.
Foto: PZ/Zillmer
Als Regierungsvertreter zerstreute Bahr sogleich Begehrlichkeiten, die aufseiten der privaten Versicherer in jüngster Zeit aufkeimten. Die im Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) enthaltenen Kostenbremsen für neue Arzneimittel in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) – also Erstattungsverhandlungen mit den Herstellern auf Basis einer Kosten-Nutzen-Bewertung – erscheinen auch den Unternehmen der Privaten Krankenversicherung (PKV) attraktiv. »Ich reibe mir die Augen«, sagte Bahr über den erstaunlichen Umstand, dass die PKV etwas haben wolle, das in der GKV gelten soll. Für eine Übertragung der Regelung auf die privaten Versicherungen sehe er aber »keinen konkreten Hoffnungsschimmer«, so Bahr.
Allerdings wurde Bahr von der aktuellen Entwicklung überholt. Die Financial Times meldete am Montag, die Koalition habe sich darauf geeinigt, die künftig auszuhandelnden Preise für neue Medikamente sollten auch für private Versicherer gelten. Das Bundesgesundheitsministerium bestätigte den Bericht nach Angaben der Deutschen Presse Agentur (dpa).
Der (bereits erhöhte) Herstellerrabatt rechtfertigt sich laut Bahr allein aus dem GKV-System heraus, in dem mit Pflichtbeiträgen der Versicherten sorgsam umgegangen werden müsse. Er wolle damit nicht alle Erwartungen der PKV an ein ähnliches Instrumentarium zunichte machen, aber kurzfristig werde derlei nicht geschehen. Für die geplante Novellierung der Gebührenordnungen für Ärzte und Zahnärzte gebe es ebenfalls »momentan keine Zeitschiene«. Der Staatssekretär bekannte sich in aller Deutlichkeit zum Zweisäulensystem aus GKV und PKV und kritisierte in diesem Zusammenhang die bisherige Praxis der Wahltarife von gesetzlichen Krankenkassen, die eigentlich in den Bereich der PKV gehören. »Wir haben hier ein Ungleichgewicht«, so Bahr. Zu einer Verzerrung habe geführt, dass die Wahltarife der Kassen in undurchschaubarer Weise genehmigt oder verweigert worden seien.
Wahltarife in der Kritik
Dass die Techniker Krankenkasse kürzlich einen dieser Wahltarife geschlossen habe, sei auch nicht im Sinne der Versicherten. Hier sei in jedem Falle mehr Verlässlichkeit nötig. Im Koalitionsvertrag ist die Absicht der Koalitionäre dokumentiert, die Zusatztarife von GKV und PKV klarer abzugrenzen. »Wir werden uns das noch einmal anschauen und diskutieren«, sagte nun der Staatssekretär. Ergebnisse könne er noch nicht bekannt geben. Eventuell könnten die Verzerrungen im Rahmen des parlamentarischen Beratungsverfahrens im Herbst beseitigt werden.
Die geplante Einführung einer verpflichtenden kapitalgedeckten Pflegezusatzversicherung wird es nach Bahrs Worten in diesem Jahr nicht mehr geben. Im Herbst werde dazu unter Führung des Bundesgesundheitsministeriums eine interministerielle Arbeitsgruppe gebildet – »keine Regierungskommission«, scherzte Bahr. Die Finanzlage in der Pflegeversicherung sei derzeit gut. Angesichts der demografischen Herausforderungen warb der Staatssekretär aber nachdrücklich für die geplante Maßnahme – verknüpft mit einem Lob an die einstige rot-grüne Koalition: »Bei der Riesterrente haben wir den Paradigmenwechsel auch geschafft«, so Bahr. /