Beratungstipps für Wassersportler |
31.08.2010 11:47 Uhr |
Von Daniela Biermann / Taucher, Surfer, Schwimmer: Viele Wassersportler haben regelmäßig mit Ohrinfektionen zu kämpfen. Im Internet kursieren zahlreiche Tipps und Rezepturen mit Verweis auf Herstellung in der Apotheke. Doch was davon lässt sich bedenkenlos empfehlen?
»Das Wichtigste ist zunächst die Vorsorge«, sagt Dr. Michael Deeg, Pressesprecher des Deutschen Berufsverbands der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung. So paradox es zunächst klingt: Meerwasser trocknet das Ohr aus. Es entstehen kleine Risse in der Haut, durch die Infektionserreger in den äußeren Gehörgang eindringen können. So ist die Otitis externa bei Wassersportlern häufiger anzutreffen als eine Mittel- oder Innenohrentzündung. Und sie ist zunächst harmloser, solange sie nicht auf andere Gebiete übergreift.
Was den Ohren zusetzt
Sowohl gechlortes Süßwasser als auch Salzwasser setzen der Haut im Gehörgang zu. Beide waschen die schützende Fettschicht ab, weichen die Gehörgangshaut auf und steigern den normalerweise sauren pH-Wert im Ohr. Sand- und Salzkristalle aus Meerwasser mit scharfen Kanten reizen außerdem die Haut. Zusätzlich wirkt ein osmotischer Effekt, der den Hautzellen Wasser entzieht. Auch Chlor reizt das Ohr. »Der Effekt ist, dass die Haut im Gehörgang austrocknet und juckt«, erklärt Deeg. Also wird gekratzt, was dem Ohr weiter schadet. »Wenn Sie aus dem Wasser kommen, sollten Sie die Ohren zunächst mit sauberem Wasser in Trinkwasserqualität spülen«, rät daher der HNO-Arzt. Dafür den Kopf einfach auf die Seite legen und etwas Wasser aus einer Trinkflasche ins Ohr tropfen lassen. Gerade in tropischen Urlaubsländern ist es wichtig, abgepacktes Wasser zu verwenden und nicht das oft kontaminierte oder stark gechlorte Leitungswasser.
Foto: Fotolia/Fritzen
Zur Ohrpflege sollten (was generell gilt) keine Wattestäbchen in den Gehörgang eingeführt werden. Durch den ständigen Kontakt mit Wasser wird das schützende Ohrenschmalz, das sogenannte Cerumen, bereits ausgewaschen. Sinnvoll ist dagegen, abends wenige Tropfen neutrales Öl wie Olivenöl ins Ohr zu träufeln oder einen in Öl getränkten Wattebausch ins Ohr zu legen (nicht zu tief in den Gehörgang drücken!). Laut Deeg eignet sich auch handelsübliches Olivenöl. Wattebäusche und Ohrstöpsel dürfen nicht vor einem Tauchgang eingeführt werden, da sie den Druckausgleich behindern können.
Vorsorge mit einfachen Mitteln
Erste Anzeichen einer Entzündung sind Juckreiz und Druckgefühl im Ohr. Liegt bereits eine Reizung vor oder weiß der Wassersportler aus Erfahrung, dass er leicht Ohrprobleme bekommt, bietet sich zusätzlich eine leichte Desinfektion einmal täglich abends an. Deeg empfiehlt ein Glycerol-Alkohol-Gemisch, das zugleich pflegt (Rezepturvorschläge siehe Kasten). Reiner Alkohol trocknet die Gehörgangshaut zu sehr aus. Ein Beispiel für ein desinfizierendes und pflegendes Fertigpräparat sind Normison® Ohrentropfen. »Falls Sie so etwas nicht dabeihaben, können Sie auch haushaltsüblichen Essig 1 : 1 mit sauberem Wasser verdünnen«, so Deeg. Essigsäure hat genau wie Aluminiumacetat den Vorteil, den bei Infektionen oft angestiegenen pH-Wert wieder zu senken.
Essigsäure-Ohrentropfen 0,7 % (NRF 16.2.) :
Essigsäure (30 %) DAC 2,4 g
Propylenglykol 97,6 g
Mischung nach Branse-Passek und Muth:
Eisessig 0,5 g
Gereinigtes Wasser 2,5 g
2-Propanol ad 50 g
Ehm’sche Lösung:
Eisessig 5,0 g
Gereinigtes Wasser 10,0 g
2-Propanol (95 %) 85,0 g
Heidelberger Ohrentropfen (Klingmann):
Glycerol 10,0 g
Ethanol (90 %) ad 30,0 g
Ohrentropfen sollten in Braunglasfläschchen mit Pipette abgegeben werden. Da sie natürlich konserviert sind, sind sie ungeöffnet sechs Monate haltbar, ansonsten innerhalb von vier Wochen aufzubrauchen.
Im Neuen Rezeptur-Formularium findet sich eine Rezeptur für 0,7-prozentige Essigsäure-Ohrentropfen (NRF 16.2.).Von den manchmal im Internet empfohlenen Wasserstoffperoxid-Tropfen rät der Hals-Nasen-Ohren-Arzt ab. »Das ist in der Regel schmerzhaft und gilt als obsolet.« Borsäure-Ohrentropfen sind mittlerweile verboten. Generell können die Anwender unterschiedlich auf die Tropfen reagieren. Daher sollten die Ohrentropfen zu Hause einmal ausprobiert werden, empfiehlt der Tauchmediziner Dr. Claus-Martin Muth in »Tauchmedizin aktuell«. Cave: Ohrentropfen jeglicher Art dürfen nur bei intaktem Trommelfell angewendet werden! Liegt eine Verletzung vor, darf der Betroffene zudem weder schwimmen noch tauchen.
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»Wenn die Vorsorge, auch wenn es einfache Mittel sind, gut gemacht ist, kriegt man leichte Probleme gut in den Griff«, sagt Deeg. »Das hilft allerdings nicht bei starken Schmerzen.« Ist das Ohr richtig entzündet, ist ein Arzt aufzusuchen. In vielen Tauchregionen, etwa im Pazifik oder Südostasien, ist es jedoch um die Gesundheitsversorgung nicht zum Besten gestellt. Daher sollten Wassersportler in Absprache mit ihrem Arzt, vor allem bei Ohrinfektionen in der Vorgeschichte, rezeptpflichtige Präparate wie antibiotische und analgetische Ohrentropfen im Gepäck haben. Klassiker sind das nicht rezeptpflichtige Otalgan® sowie Dexapolyspectran®-Tropfen. Letztere enthalten das Polypeptidantibiotikum Polymyxin-B-sulfat, das Aminoglykosid Neomycinsulfat sowie das abschwellende Glucocorticoid Dexamethason. Auch Gyrasehemmer wie Ciprofloxacin (zum Beispiel Panotile® cipro mit Glycerol-Anteil) und Ofloxacin (wie Floxal®) werden häufig verschrieben.
Greift die Entzündung auf das Mittelohr über oder tritt Fieber auf, kann ein orales Antibiotikum angezeigt sein. Tauchgänge sind mit entzündeten Ohren absolut verboten, da der Druckausgleich durch die Schwellung im Ohr nicht mehr stattfinden kann. Das gilt auch bei Verwendung schmerzstillender Ohrentropfen.
Die meisten Infektionen des äußeren Gehörgangs werden von Bakterien ausgelöst. Die Keime erreichen mancherorts hohe Konzentrationen im Meer, da zum Beispiel ungeklärtes Abwasser in Tauch- und Surfreviere eingeleitet wird. Doch nicht immer ist es eine Infektion, die den Taucher plagt. Symptome wie Schmerzen beim Kauen und Zug am Ohrläppchen können auf eine Über- oder Fehlbelastung des Kiefers zurückzuführen sein. Ursache ist oft der asymmetrische Biss auf den Atemregler und der herunterziehende Schlauch des Mundstücks, der meist rechts getragen wird. Daher tritt der Schmerz oft nur einseitig auf. Hier ist die Therapie einfacher: orale Schmerzmittel wie Ibuprofen und eine Tauchpause. /
Die Ohrentropfen vor der Anwendung mit den Händen erwärmen. Am besten von einer anderen Person einträufeln lassen, während der Behandelte auf der Seite liegt oder den Kopf seitlich hält. Dabei die Ohrmuschel nach hinten und oben ziehen, um die Krümmung des Gehörgangs auszugleichen. Die Dosis beträgt etwa zwei bis drei Tropfen pro Ohr. Danach kurz liegen bleiben und das Ohr mit Watte locker verschließen. Die Pipette nicht mit den Händen berühren. Nicht in Kontakt mit Augen und Schleimhäuten bringen.