Hilfen bei der Wundheilung |
16.08.2017 09:35 Uhr |
Von Katja Renner / Moderne Wundauflagen decken Wunden nicht bloß ab, sondern unterstützen die Heilung. Je nachdem, ob es sich um eine nässende, infizierte oder eher trockene und schlecht heilende Wunde handelt, stehen verschiedene Produkte zur Verfügung.
Der Prozess der Wundheilung verläuft in drei Phasen, die sich zeitlich überlappen. Über die Aktivierung der Gerinnungskaskade mithilfe des Gewebefaktors wird die Wunde zunächst provisorisch verschlossen, um einen weiteren Blutverlust und das Eindringen von Keimen zu vermeiden.
Verbände sollen die Wunde schützen und optimale Bedingungen für die Heilung schaffen. Darüber hinaus kann ein Pflaster zur rechten Zeit auch eine enorme psychologische Bedeutung haben.
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Diese erste Phase ist die Reinigungs- oder Exsudationsphase, in der über typische Mechanismen einer Entzündung das Wundexsudat gebildet wird. Zellen des Immunsystems werden in die defekte Geweberegion geschwemmt und eliminieren Zelltrümmer, Fremdkörper und Erreger. Außerdem initiieren sie die Reparatur des zerstörten Gewebes.
In der sich anschließenden Granulations- oder Wiederaufbauphase bilden sich neue Gefäße und extrazelluläre Matrix. Abschließend wird dieser neue Gewebeverbund in der Epithelisierungsphase verdichtet. Keratinozyten wandern von den Wundrändern aus ein und bilden die neue Epidermis. Oberflächliche Wunden, die nur die ehemalige Epidermis betreffen, heilen ohne Narbenbildung. Tiefe Verletzungen brauchen länger für die endgültige Abheilung und führen häufig zur späteren Narbe an der betroffenen Hautstelle. Bis das Narbengewebe verblasst und widerstandsfähig ist, dauert es oft mehrere Monate.
Spülen und desinfizieren
Apotheker sollten bei akuten Wunden, zum Beispiel Schnitt- oder Schürfwunden, grundlegende Hinweise zur Versorgung und Prävention von Infektionen geben. Im Zusammenhang mit kontaminierten Wunden ist immer der Tetanusschutz abzufragen. Wenn dieser ungewiss ist, sollte eine Impfung erfolgen. Zur Wundreinigung ist klares Leitungswasser geeignet. Anschließend ist die Wunde mit Povidon-Iod, Polyhexanid oder Octenidin vorzugsweise als Lösung zu desinfizieren. Ihre Wirkung ist fungizid und bakterizid gegen gramnegative und grampositive Keime bei insgesamt guter Verträglichkeit. Dabei ist zu beachten, dass Octenisept® nur zur oberflächlichen Anwendung bestimmt ist und nicht in die Tiefe des Gewebes eingebracht werden darf. Die Spülung tiefer Wunden mit Octenisept ist laut Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft mit dem Risiko schwerer toxischer Gewebeschäden verbunden.
Nach der Reinigung und Desinfektion wird die Wunde mit einem Wundschnellverband versorgt. Es gibt Pflasterrollen zum Abschneiden, fertige Pflasterstrips und Produkte mit einem zentralen Wundkissen und wasserfester Trägerfolie zum Schutz vor Feuchtigkeit und Keimen.
Damit die Wunde möglichst schnell und komplikationslos heilt, gilt es, optimale Bedingungen zu schaffen: Sauberkeit der Wunde, glatte und dicht zueinander liegende Wundränder, eine gute Durchblutung des Gewebes und ein feuchtes Wundmilieu. Problematisch für den Heilungsverlauf ist, wenn die Wundauflagen mit der Wunde verkleben, so wird bei jedem Verbandswechsel die neue Hautschicht zerstört und die Wunde wieder erneut geöffnet. Moderne Wundauflagen sind so konzipiert, dass sie ein feuchtes Wundmilieu gewährleisten und die Phasen der Wundheilung unterstützen. Das bedeutet für die Reinigungsphase, dass die verwendeten Auflagen ein hohes Potenzial haben müssen, überschüssiges Exsudat mit Geweberesten und Erregern aufzunehmen. Zusätzlich ist auch weiterhin während des Heilungsprozesses ein sicherer Infektionsschutz zu gewährleisten.
Hydroaktive Wundauflagen
Zahlreiche Systeme ermöglichen die Versorgung der Wunde in einer zielgerichteten Weise. Zu den hydroaktiven Wundauflagen zählen Kompressen aus Alginat, Hydrokolloid, Hydrogel, Schäumen, Superabsorber und semipermeablen Folien.
Alginate sind starke Gelbildner und werden deshalb bei stark nässenden Wunden mit oder ohne Infektion eingesetzt. Sie bilden ein visköses Gel und haben ein enormes Quell- und Bindungsvermögen, womit automatisch eine natürliche Wundreinigung unterstützt wird. Es gibt viele verschiedene Arten dieser Kompressen, zum Beispiel auch mit Silberionen mit antibakteriellem Effekt. Die Kompressen werden mit einem zusätzlichen Fixierverband aufgebracht. Alginate sollten nicht bei Brandwunden oder sehr trockenen und nekrotischen Wunden eingesetzt werden.
Hydrokolloide bestehen aus einer quellfähigen Schicht aus Pektin, Carboxymethylcellulose oder Gelatine und Polyurethanfolie als Trägerschicht. Die Quellschicht nimmt Wundexsudat auf und bildet ein Gel, das sich in die Wunde hineinlegt. Ein erneuter Verbandswechsel ist nötig, wenn sich äußerlich erkennbar Blasen bilden, dann ist die Bindungskapazität erschöpft. Das Gel lässt sich leicht von der Wunde ablösen. Vor dem Aufbringen von Hydrokolloidverbänden auf die Wunde, muss diese trocken und fettfrei sein. Bei stark infizierten Wunden sollten hydrokolloidale Auflagen nicht verwendet werden. Hydrokolloide können zur Versorgung chronischer Wunden, aber auch leichter oberflächlicher Schnitt-, Schürf- oder Risswunden eingesetzt werden.
Die Versorgung chronischer Wunden, etwa beim diabetischen Fußsyndrom, gehört in die Hände von Fachleuten.
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Stärker wasserhaltig mit einem Wasseranteil von 60 bis 95 Prozent und zur Versorgung von trockenen Wunden geeignet sind Hydrogele. Sie gibt es in verschiedenen Darreichungsformen: als transparente Kompresse mit oder ohne Fixierrand oder als Gel, das in tiefere Wunden eingebracht werden kann und dort die Aufweichung von abgestorbenem Gewebe – autolytisches Debridement genannt – bewirkt. Zur sekundären Abdeckung werden Wundgaze oder Saugkompressen oberhalb des Gels verwendet. Die durchsichtigen Hydrogelkompressen bestehen aus synthetischen, hydrophilen Polymeren und erlauben einen Blick auf den Zustand der Wunde. Bei Verwendung des Gels können Reste mit physiologischer Kochsalzlösung entfernt werden. Nicht geeignet sind Hydrogele zur Versorgung stark nässender oder blutender Wunden und bei hohem Infektionsgrad.
Superabsorber haben ihren Einsatzschwerpunkt in der Wundreinigung. Polyacrylatpartikel nehmen große Exsudatmengen auf und bilden ein großvolumiges Gel, das auch Schmutzpartikel und Erreger einschließt. Zusammen mit Spüllösungen sind Superabsorber Mittel der Wahl bei Wunden mit schlechter Heilung oder nach Hauttransplantationen.
Hydropolymorphe Schaumstoffkompressen bestehen aus einer semipermeablen Polymerschicht und einer saugfähigen Schaumkomponente aus Polyurethan. Auch sie adsorbieren große Mengen Wundflüssigkeit. Aufgrund ihrer Wasserdampf- und Sauerstoffdurchlässigkeit gewährleisten sie ein ideales feuchtes Wundklima. Diese Kompressen gibt es mit und ohne Fixierrand. Für trockene nekrotische Wunden sowie tiefe oder stark infizierte Wunden sind diese Kompressen nicht zu empfehlen. Semipermeable Wundfolien zählen nicht zu den saugfähigen Wundauflagen. Ihre Funktion ist, die Wunde vor Infektion und Austrocknung zu schützen. Sie eignen sich nur für Wunden mit geringer Wundflüssigkeit und zur Fixierung anderer Wundsysteme.
Verband vor dem Wechsel anfeuchten
In der Granulations- und Epithelisierungsphase steht die Wundruhe in einem optimalen feuchten Grundmilieu im Vordergrund. Die Tragezeit von modernen Wundauflagen kann bis zu einer Woche betragen. Wenn es dann Zeit für einen Wechsel ist, sollte der Verband zuvor kurz mit Kochsalz- oder Ringerlactat-Lösung durchfeuchtet werden. So lässt er sich schonender entfernen. /