Pharmazeutische Zeitung online
Urteil

Versender müssen Retouren annehmen

01.08.2017  15:40 Uhr

Von Anna Pannen / Versandapotheken müssen bestellte Medikamente unter Umständen als Retoure zurücknehmen. Das hat nun ein Gericht klargestellt. Demnach sind die Seitenbetreiber außerdem verpflichtet, bei Verdacht auf einen Medikamentenmissbrauch bei den Kunden intensiv nachzuhaken.

Internetapotheken dürfen ihren Kunden ein Widerrufsrecht für bestellte Arzneimittel nicht generell absprechen. Das hat das Oberlandesgericht Naumburg vergangene Woche entschieden.

 

Hintergrund ist eine Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands gegen die Betreiberin einer Versandapotheke. Die Verbraucherschützer hatten die Apothekerin zunächst aufgefordert, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auf ihrer Homepage zu ­ändern. In den AGB hatte die Apothekerin ihren Kunden ein Widerrufsrecht generell abgesprochen. Da sie sich weigerte, der Aufforderung der Verbraucherschützer nachzukommen, zogen diese vor Gericht.

 

Dort argumentierte die Pharmazeutin, Arzneimittel seien mit schnell verderblichen Waren gleichzusetzen, die laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) in bestimmten Fällen vom Umtausch ausgeschlossen werden dürfen. Tatsächlich können Apotheker mit retournierten Medikamenten nichts anfangen, da sie laut Apothekengesetz nicht erneut verkauft werden dürfen. Das Gericht räumte zwar ein, dass eine Rückgabe für betroffene Apotheker ärgerlich sei, was als guter Grund erscheinen könne, den Umtausch auszuschließen. Es sei aber nun mal eine Tatsache, dass der entsprechende Abschnitt im BGB sich nur auf tatsächlich verderbliche Waren wie Lebensmittel beziehe. Das BGB ändern und hier auch Kosmetika und Arzneimittel aufnehmen, könne nur der Gesetzgeber.

 

Die Verbraucherzentrale hatte die Versandapothekerin noch aus einem weiteren Grund angezeigt: Im Rahmen eines Testkaufs hatte eine Kundin bei ihr an wenigen aufeinander folgenden Tagen mehrere Bestellungen getätigt, die insgesamt 13 Packungen Paracetamol enthielten. Die Kundin hatte da­raufhin lediglich einen Hinweis per E-Mail erhalten, in dem es hieß, »wir sind vom Gesetzgeber verpflichtet worden, unsere Kunden über die pharmazeutischen Bedenken bei der regelmäßigen Einnahme von Schmerzmittel hinzuweisen. Wir bitten Sie, uns zu bestätigen, dass wir Sie diesbezüglich aufgeklärt haben. Somit sind wir der gesetzlichen Pflicht nachgekommen und können nach Ihrer Rückmeldung Ihre Bestellung versenden.« Per Klick musste die Kundin bestätigen, den Hinweis gelesen zu haben.

 

Verdacht auf Abhängigkeit

 

Dieses Vorgehen erfülle nicht die Vorgabe der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO), einem erkennbaren Arzneimittelmissbrauch entgegenzutreten, hatte die Verbraucherzentrale bemängelt. Die Naumburger Richter schlossen sich an. Die ApBetrO schreibe schließlich vor, dass Apotheker Medikamente bei begründetem Verdacht auf Missbrauch nicht abgeben dürfen, heißt es im Urteil. Dies müsse sorgfältig geschehen. So ist etwa im entsprechenden Leitfaden der Bundesapothekerkammer davon die Rede, der Apotheker müsse seinen Verdacht auf Missbrauch oder Abhängigkeit »durch offenes, verständnisvolles Ansprechen des Patienten erhärten oder widerlegen«.

 

Die Mitarbeiter der Versandapotheke hätten die Kundin also per Telefon oder E-Mail nach den Gründen für die hohe Bestellmenge fragen und die Abgabe unter Umständen verweigern müssen, erklärten die Richter. Die formelhafte Belehrung der Beklagten genüge nicht. Sie bewirke nicht mehr als ein Beipackzettel. Die Apothekerin muss nun 214 Euro an den Verbraucherzentrale Bundesverband zahlen und auch die Verfahrenskosten von 17 500 Euro übernehmen. /

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