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Kinder mit Krebs

Übelkeit verhindern

26.07.2017  10:10 Uhr

Von Brigitte M. Gensthaler, München / Übelkeit, Würgereiz und Erbrechen gehören auch für krebskranke Kinder und Jugendliche zu den am stärksten belastenden Nebenwirkungen einer Chemotherapie. Eine parenterale Gabe von Antiemetika ist häufig günstiger als eine perorale.

Schwere und Häufigkeit von Chemotherapie-induzierter Übelkeit und ­Erbrechen (CINV) bei Kindern und ­Jugendlichen hängen von der Art der Therapie und individuellen Faktoren ab, etwa vom Alter der Patienten. »Je älter die Kinder sind, umso häufiger kommt es zu Übelkeit und Erbrechen«, sagte Privatdozentin Dr. Claudia Blattmann vom Olgahospital Stuttgart bei einer Fachpressekonferenz in München.

 

Bei sehr jungen Kindern sei es oft schwierig, Übelkeit zu erkennen, berichtete die Kinderonkologin. Ältere Kinder würden im Krankenhaus oft nicht mehr essen, trinken oder sprechen. Auf Station bevorzuge sie meist eine parenterale Medikation, um die Kinder neben allen anderen Belastungen nicht noch zum Schlucken von Medikamenten drängen zu müssen.

 

Bei hoch emetogener Therapie bekommen die Kinder zur Prävention von CINV eine Dreifachkombination aus einem 5-HT3-Antagonisten wie Ondan­setron oder Granisetron, einem Neurokinin-1-Antagonisten wie Aprepitant sowie Dexamethason. Wenn das Kind nicht schlucken will, müsse man auf Aprepitant verzichten, da es nur in peroraler Form verfügbar ist. Das injizierbare Fosaprepitant ist für Kinder nicht zugelassen. Mitunter müsse man auf Dexamethason verzichten, wenn Nebenwirkungen wie Hyperglykämie oder Tumorlyse-Syndrom drohen und nicht tolerabel sind. Bei Kindern unter zwölf Jahren werde die Corticoid-Dosis halbiert. Blattmann wies daraufhin, dass Corticoide häufig bereits im Rahmen der Tumortherapie längerfristig eingesetzt werden.

 

Bei moderat emetogener Therapie setzen Ärzte eine Zweifachkombina­tion aus einem Setron plus Dexa­methason oder – falls nicht möglich – plus Aprepitant ein. Bei gering emetogener Chemo ist ein Setron Mittel der Wahl. Nur bei minimal emetogener Tumor­therapie ist keine Prophylaxe angezeigt. Ausnahme: Patienten mit anti­zipatorischem CINV. »Manche müssen schon beim Anblick des Infusionsbeutels brechen – noch bevor die Infusion beginnt«, berichtete die Onkologin.

 

Antihistaminika wie Dimenhydrinat reichen zur alleinigen Behandlung von CINV in der Regel nicht aus, werden laut Blattmann dennoch häufig verordnet. »Wir geben Dimenhydrinat wegen des sedierenden Effekts als Add-on-Therapie.« Auch Prokinetika wie Metoclopramid können helfen.

 

Cannabinoide wie Dronabinol sollen schwere und refraktäre Übelkeit und Erbrechen lindern, jedoch gebe es kaum Daten bei Kindern und keine Vergleichsstudien mit modernen Antiemetika. Cannabis bleibe Palliativ- und Ausnahmesituationen vorbehalten. Dies gilt auch für Antipsychotika wie Haloperidol und Hypnotika wie Midazolam, die als Ultima Ratio genutzt werden.

 

Da die Kinder meist sehr geruchsempfindlich sind, sollte man kleine Mahlzeiten ohne starken Geruch anbieten. »In dieser Phase soll das Kind essen, was es mag – auch Fast Food«, sagte Blattmann. Individuell seien auch alternative Methoden hilfreich: Phytopräparate, zum Beispiel Ingwer, Entspannungs- und Atemtechniken, Kunst- und Musiktherapie, Akupunktur und Akupressur. Wichtig sei eine gute Mundhygiene, um Stomatitis und Pilzinfektionen zu vermeiden. /

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