Weltweit weniger Neuinfektionen |
24.07.2012 18:49 Uhr |
Von Stephanie Schersch / Die Zahl neuer HIV-Infektionen sinkt in großen Teilen der Welt und immer mehr Menschen haben Zugang zu einer wirksamen Therapie. Bei der diesjährigen Welt-Aids-Konferenz in Washington herrscht Zuversicht, HIV in absehbarer Zeit kontrollieren zu können.
2011 haben sich weltweit 2,5 Millionen Menschen mit HIV infiziert – rund ein Fünftel weniger als noch vor zehn Jahren. Das geht aus einem Bericht hervor, den das HIV/Aids-Programm der Vereinten Nationen (UNAIDS) vergangene Woche in Washington vorgestellt hat. Dort findet noch bis zum 27. Juli die Welt-Aids-Konferenz statt, an der Politiker, Wissenschaftler und Betroffene aus mehr als 100 Ländern teilnehmen. Dem UNAIDS-Report zufolge lebten im vergangenen Jahr weltweit 34,2 Millionen Menschen mit dem HI-Virus, drei Viertel davon in den Ländern südlich der Sahara.
Im Jahr 2011 lebten weltweit rund 34 Millionen Menschen mit dem HI-Virus, drei Viertel davon allein in den Ländern südlich der Sahara.
Foto: dpa
Zugleich haben immer mehr Menschen Zugang zu einer antiretroviralen Behandlung. In Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen erhielten im vergangenen Jahr rund 8 Millionen Männer und Frauen entsprechende Medikamente, so viele wie nie zuvor (2010: 6,6 Millionen). »Ein Jahrzehnt antiretroviraler Therapie hat HIV von einem Todesurteil zu einer handhabbaren chronischen Krankheit werden lassen«, schreibt UN-Generalsekretär Ban Ki-moon im Vorwort des Berichts.
Therapiekosten fallen
Die Kosten für eine Therapie sind in den vergangenen zehn Jahren von mehr als 10 000 US-Dollar jährlich auf heute weniger als 100 US-Dollar gefallen, unter anderem dank kostengünstiger Generika. Da auch immer mehr Mütter in Behandlung sind, sinkt die Zahl neu infizierter Kinder deutlich. 2011 haben sich 330 000 Kinder mit HIV angesteckt – 24 Prozent weniger als noch 2009.
Trotzdem hat immer noch fast die Hälfte der HIV-positiven Menschen, die für eine Behandlung infrage kommen, keinen Zugang zu antiretroviralen Medikamenten. Der Geschäftsführende Direktor von UNAIDS, Michel Sidibé, zeigte sich optimistisch, das von den Vereinten Nationen angestrebte Ziel, bis 2015 rund 15 Millionen Infizierte zu therapieren, erreichen zu können. Er glaube daran, dass man Aids gemeinsam besiegen werde, sagte Sidibé. »Die Frage ist nicht ob, sondern wann.«
Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) sprach angesichts der sinkenden Infektionszahlen von einer Trendwende. Aber: »Jede Neuinfektion ist eine zu viel.« Die Länder müssten weiterhin intelligent in die Aids-Prävention investieren. Laut Entwicklungshilfeministerium stellt Deutschland jährlich rund 500 Millionen Euro für den weltweiten Kampf gegen HIV, Malaria und Tuberkulose zur Verfügung.
Trotz der überwiegend positiven Zahlen aus dem UNAIDS-Bericht bleiben die Probleme rund um die Immunschwächekrankheit groß. So haben sich in Osteuropa und Zentralasien nach Schätzungen von UNAIDS im vergangenen Jahr 160 000 Erwachsene mit HIV infiziert, das sind 22 Prozent mehr als 2005. Als häufigster Übertragungsweg gilt der Gebrauch verunreinigter Spritzen zum Drogenkonsum. In vielen Ländern werden HIV-Infizierte darüber hinaus immer noch stark diskriminiert. Ein drohendes Problem sind außerdem Resistenzen, die das Virus gegen bestehende Wirkstoffe entwickeln kann.
Situation in Deutschland
In Deutschland wurde im vergangenen Jahr bei 2889 Menschen eine HIV-Infektion neu diagnostiziert. Gegenüber 2010 (2939) ist das eine geringfügige Abnahme um 1,7 Prozent, wie das Robert Koch-Institut (RKI) in seinem aktuellen »Epidemiologischen Bulletin« berichtet. Da sich die Zahl der Neudiagnosen seit 2001 stetig erhöht habe, sei dieser Rückgang dennoch »bemerkenswert«. Allerdings erlaubten die Meldungen über HIV-Neudiagnosen keinen direkten Rückschluss auf den Infektionszeitpunkt, da HIV-Infektion und -Test zeitlich weit auseinanderliegen könnten, heißt es. Die tatsächliche Zahl der Neuinfektionen lasse sich nur schätzen.
Am stärksten von HIV betroffen sind nach wie vor Männer, die Sex mit Männern haben. Auf diese Gruppe entfielen mehr als die Hälfte der Neudiagnosen im Jahr 2011. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl allerdings um ganze 7 Prozent (von 1697 im Jahr 2010 auf 1574). 15,7 Prozent der positiv getesteten Personen waren Frauen – damit stieg diese Zahl leicht von 440 Personen im Jahr 2010 auf 454. /