Telefonberatung darf nichts kosten |
24.07.2012 18:48 Uhr |
Von Stephanie Schersch / Die Versandapotheke Vitalsana darf ihre Kunden nicht länger über eine kostenpflichtige Hotline beraten. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) vergangene Woche entschieden. Die Frage, ob der niederländische Versender maßgeblich von Deutschland aus betrieben wird, beantworteten die Karlsruher Richter hingegen nicht.
Der Bundesgerichtshof verwies die Klage in diesem zentralen Punkt zurück an die Vorinstanz, da er den Klageantrag in dem Zusammenhang für zu unbestimmt hält. Die schriftliche Urteilsbegründung liegt allerdings noch nicht vor. Nun muss sich erneut das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart mit dem Fall der ursprünglich von Schlecker ins Leben gerufenen Versandapotheke befassen.
Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat entschieden, dass die Versandapotheke Vitalsana ihre Kunden künftig über eine gebührenfreie Hotline beraten muss. Die zentrale Frage, ob der niederländische Versender maßgeblich von Deutschland aus betrieben wird, verwiesen die Richter hingegen zurück an die Vorinstanz.
Foto: imago/Zentrixx
Unzulässige Werbung
In allen anderen Punkten der Klage bestätigte der Bundesgerichtshof allerdings das Urteil der Vorinstanz und entschied damit zugunsten der klagenden Wettbewerbszentrale. Wie das OLG Stuttgart halten auch die Karlsruher Richter die gebührenpflichtige Beratungs-Hotline von Vitalsana für unzulässig. Die telefonische Beratung der Kunden muss demnach künftig kostenlos erfolgen, Gebühren dürfen nicht anfallen. Auch beim Thema Werbung sind sich die beiden Gerichte einig. Das OLG hatte im Februar 2011 entschieden, die gemeinsame Werbung von Vitalsana und Schlecker sei irreführend. Den Richtern fehlte ein ausreichend deutlicher Hinweis darauf, dass das Angebot von einer niederländischen Versandapotheke stammt und nicht von Schlecker selbst. Für die Kaufentscheidung des Kunden sei es wichtig, in welchem Land der Vertragspartner seinen Sitz habe, hieß es damals. Das sieht auch der Bundesgerichtshof so.
Darüber hinaus hielten es die Stuttgarter Richter für unangemessen, dass nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Vitalsana ausschließlich niederländisches Recht zur Anwendung kommen soll. Würden die deutschen Regelungen nicht für ausländische Unternehmen gelten, würden dadurch nicht nur Inländer diskriminiert, vielmehr sei auch die Versorgungssicherheit in Gefahr, so die Begründung. Auch in diesem Punkt folgten die BGH-Richter dem OLG.
Wann sich das Oberlandesgericht erneut mit Vitalsana beschäftigen wird, ist noch unklar. Zunächst muss die schriftliche Urteilsbegründung des BGH vorliegen, das wird mindestens zwei bis drei Monate dauern. Die Richter in Stuttgart müssen dann genauer klären, welche Tätigkeiten Vitalsana von Deutschland aus betreibt und inwiefern es sich dabei um pharmazeutische Tätigkeiten handelt.
2011 hatten sie geurteilt, der Betrieb der Versandapotheke verstoße gegen deutsches Apothekenrecht. Denn obwohl der Versender offiziell in den Niederlanden sitze, habe er wesentliche Aktivitäten nach Deutschland verlagert, ohne eine deutsche Betriebserlaubnis zu besitzen. Kritisch sah das Gericht unter anderem die Telefonberatung der Kunden über ein Callcenter in Kornwestheim. Aber auch Rezeptverarbeitung und Retouren laufen über Deutschland. Zudem betreibt Vitalsana das Marketing über eine Niederlassung in Baden-Württemberg.
Ein harter Schlag
Rechtsanwältin Christiane Köber von der Wettbewerbszentrale zeigte sich mit der Entscheidung des BGH weitgehend zufrieden. Vitalsana steht nach der Pleite von Schlecker derzeit zum Verkauf. Sollte das OLG erneut zu der Einschätzung kommen, dass die Versandapotheke ohne Erlaubnis in Deutschland tätig ist, wäre das für den Versender ein harter Schlag. Denn als Kapitalgesellschaft kann Vitalsana aufgrund des Fremdbesitzverbots in Deutschland gar keine Betriebserlaubnis bekommen. /