Austausch führt zur Non-Adhärenz |
16.07.2014 09:48 Uhr |
Von Annette Mende / Hat die gewohnte Herztablette nach einem Wechsel des Generikums eine andere Farbe oder Form, setzen signifikant mehr Patienten das Präparat vorübergehend ab, als es ohne Herstellerwechsel der Fall ist. Das belegt eine US-amerikanische Studie im Fachjournal »Annals of Internal Medicine«.
Alle 11 513 Teilnehmer hatten vor Studienbeginn einen Herzinfarkt erlitten und bekamen daraufhin mindestens einen generischen Arzneistoff in Tablettenform als Dauermedikation verordnet. Berücksichtigt wurden Wirkstoffe aus den Klassen Betablocker, ACE-Hemmer, Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten und Statine.
Die Autoren um Dr. Aaron Kesselheim vom Brigham and Women’s Hospital in Boston analysierten anhand der Verordnungsdaten zunächst, wann die Patienten während des ersten Jahres nach dem Herzinfarkt Generika erhalten hatten, bei denen die Tabletten sich farblich und/oder in ihrer Form von der Erstverordnung unterschieden. Anschließend untersuchten sie, wie viele Patienten auf einen solchen Präparate-Wechsel mit einer Unterbrechung der Therapie von mindestens einem Monat reagierten. Diese Zahl verglichen sie mit der Anzahl Patienten, die ohne Umstellung auf ein anderes Generikum ihre Therapie unterbrachen (doi: 10.7326/M13-2381).
Insgesamt registrierten die Autoren bei allen Teilnehmern 4573 Therapie-Unterbrechungen. Eine Änderung der Tablettenfarbe erhöhte die Wahrscheinlichkeit für dieses Ereignis um 34 Prozent, eine ungewohnte Form der Tabletten sogar um 66 Prozent, jeweils im Verhältnis zu keiner Umstellung. Wechsel von einem Generikum auf ein anderes waren insgesamt häufig: Sie betrafen knapp ein Drittel aller Teilnehmer (29 Prozent).
Klinisch relevante Folgen
»Dieser Beleg für einen Zusammenhang zwischen dem Aussehen von Tabletten und Therapie-Unterbrechungen zeigt, dass eine Variation in Form und Farbe zwischen ansonsten pharmazeutisch gleichwertigen Generika klinisch relevant ist«, schreiben die Autoren. Sie begrüßen daher, dass die US-Arzneimittelbehörde FDA sich um die Festlegung einheitlicher Standards für diese äußeren Parameter generischer Tabletten bemüht.
Solch ein weitreichender regulatorischer Eingriff steht hierzulande nicht zur Debatte, obwohl die Adhärenz-Probleme deutscher Patienten sich von denen US-amerikanischer sicher nicht nennenswert unterscheiden. Deutschen Apothekern kann das Ergebnis der vorliegenden Studie daher als Argument dienen, wenn sie ihren Patienten bei Zweifeln an deren Adhärenz einen Präparate-Wechsel unter Hinweis auf pharmazeutische Bedenken ersparen. /