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Patientenbetreuung

»Kommunikation ist das A und O«

17.07.2012  17:28 Uhr

Von Sarah Lena Grahn, Berlin / Es ist ein Dilemma: Wie Unternehmer möchten auch niedergelassene Ärzte gut verdienen. Gleichzeitig sollen sie ihre Patienten verantwortungsvoll und gut beraten – ohne dabei zu Verkäufern zu werden. Doch auch für Mediziner gibt es die richtigen Marketingstrategien, meint der Münchner HNO-Arzt und Journalist Rainer Jund.

Jund wagt eine provokante These: »Von professionellem Marketing sind die meisten Ärzte weit entfernt«, sagte der HNO-Spezialist anlässlich seines Vortrags »Marketing und Kommunikation in der Medizin – Gibt es ein Dilemma?« vor Studenten in Berlin. Dazu einge­laden hatte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV).

 

Kritische Patienten

 

Gefragt, welche Marketinginstrumente sie für sich nutzen, antworteten laut Jund die meisten Mediziner: Internet, Personal, Erscheinungsbild der Praxis. Das jedoch seien nur einzelne Elemente einer ganzheitlichen unternehmerischen Strategie. Das wichtigste Mittel, um neue Patienten zu gewinnen, werde meist außer Acht gelassen: die konsequente Ausrichtung der Praxis am Patienten, der heute informierter, kritischer und qualitätsbewusster sei als noch vor ein paar Jahren.

Für Ärzte zählten dabei die gleichen simplen Regeln wie für Unternehmer, erklärte Jund. »Ein Kunde ist die jeweils wichtigste Person in einem Betrieb. Er bedeutet keine Unterbrechung in der Arbeit, sondern ist der Inhalt. Er ist niemand, mit dem man sich streitet. Er ist kein Außenseiter unseres Geschäfts, er ist ein Teil von ihm.« Eine Arztpraxis müsse daher alle Aktivitäten konsequent an den Wünschen und Bedürfnissen ihrer Patienten orientieren – nur so sei ein nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg gesichert.

 

»Kommunikation ist das A und O«, sagte Jund. Nur wer mit seinen Patienten spreche und ihnen einzelne Behandlungsschritte erkläre, mache die Qualität seiner Leistungen auch wahrnehmbar. Das sei gleichzeitig eine große Herausforderung. Stolpersteine gelte es auch hier zu umgehen: »Sie brauchen eine Knieprothese und bekommen eine Mitteilung der Klinik, wie hoch die infektionsbedingten Amputationen bei solchen Operationen sind.« Werde Qualität auf Datenlage zu sehr an die Patienten herangetragen, habe das oftmals einen ähnlichen Effekt wie in folgendem Beispiel: »Sie sind in einem Restaurant verabredet und erfahren, dass dies in den vergangenen Monaten durch Salmonellenvergiftungen Schlagzeilen machte.« Die Herausforderung sei immer auch die, auf die »second message« hinter dem Kommunizierten zu achten.

 

»Ärzte müssen ihre Kompetenzen definieren und Schwachstellen erkennen können«, erklärte der Medizinjournalist weiter. Ein Instrument zur Messung von Patientenzufriedenheit stellten daher Fragebögen dar. Aber auch hier gebe es viele Verzerrungen. Wichtig sei daher, wann der Patient die Fragen beantworte: »Wird der Bogen direkt nach dem Arztkontakt ausgefüllt, ist die Beurteilung sicher positiver.« Verzerrend wirke auch die bereits zuvor geleistete Kommunikation: Habe ein Bekannter den betreffenden Mediziner eher negativ beurteilt, schlage sich das auch in der Einschätzung des befragten Patienten nieder.

 

Keine Bevormundung

 

Dem Arzt verlange der richtige Umgang mit seinen Patienten eine Menge ab: Er müsse im Gespräch mit dem Patienten ein Vertrauensverhältnis aufbauen, gleichzeitig habe er nur einen begrenzten Zeitrahmen für Beratung und Untersuchung. Darüber hinaus sollte der Mediziner sein Wissen im Gespräch so vermitteln, dass er weder bevormundend wirkt, noch den Patienten mit der Entscheidung allein lässt. »Patienten entscheiden nicht nur rational, sondern auch emotional«, sagte Jund. »Nichts ist schlechter für das Business als schlechtgelaunte Patienten.« /

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