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Spitzweg und Busch

Humor als Lebenshilfe

14.07.2008  14:12 Uhr

Spitzweg und

<typohead type="3">Humor als Lebenshilfe

Von Ulrike Abel-Wanek, Schweinfurt

 

Sie gelten als die beiden bedeutendsten humoristischen Künstler des 19. Jahrhunderts: Carl Spitzweg und Wilhelm Busch. Rund 200 ihrer Werke sind jetzt in einer eigenwilligen Gegenüberstellung im Schweinfurter Georg-Schäfer-Museum zu sehen.

 

Anlass der großen Jubiläumsausstellung der gegensätzlichen Künstler ist das Zusammentreffen ihrer runden Gedenktage in diesem Jahr: der 200. Geburtstag von Spitzweg (1808 bis 1885) und Buschs (1832 bis 1908) 100. Todesjahr.

 

Man kann die beiden geradezu als Antipoden begreifen: Spitzweg, der liebenswürdig kritische Maler von weltfremden Stubengelehrten aus der guten alten Zeit, stammt aus einer großbürgerlichen, bayerischen katholischen Familie. Dank einer Erbschaft war der studierte Apotheker sein Leben lang finanziell unabhängig und konnte den ersehnten Künstlerberuf frei und ohne materiellen Druck ausüben. In knapp 5 Jahren erlernte er bei seinen Münchner Maler-Freunden sein Handwerk und hatte dabei schon früh den Markterfolg im Blick. Stil und Inhalt seiner Malerei legte er mit am Kunstmarkt orientierten Kalkül fest und entschied sich für die Karikatur, die sich bis dahin eher grafischer Techniken und Zeichnungen bedient hatte. Unter seinen ersten Werken finden sich Bildthemen wie »Landschaft mit Vogelscheuche«, »Pfarrer von einem Stier verfolgt« und natürlich »der arme Poet«: das Dichtergenie als schrulliger Zipfelmützenschreiber unterm Regenschirm auf dürftigem Lager, der Flöhe zerquetscht und verbissen Verse skandiert.

 

Spitzweg pointiert humoristisch die menschlichen Unzulänglichkeiten, die kleinen Malheure, die jeder kennt und belächelt. Dabei bleibt er völlig unpolitisch, greift die gesellschaftlichen Umbrüche seiner Zeit nicht auf, hält sie vielmehr fern aus seinen Genrebildern, indem er eine im Mittagslicht blühende Biedermeier-Welt der alten Städtchen, der Kutschen, plätschernden Brunnen und hübschen Wäscherinnen erfand.

 

Ganz anders Wilhelm Busch, der einer niedersächsischen proletarischen Krämer- und Pastorenfamilie entstammt. Der talentierte Dichter, Zeichner und Maler blieb immer Realist und skeptischer Moralist, der die sozialen Spannungen und Ungerechtigkeiten seiner Zeit schonungslos offenlegte.

 

Buschs Weg zum Zeichner und wortgewandt bissigen Autor war schwierig, vielfach gestört durch tief sitzende Unsicherheiten. Mit dem Erfolg von »Max und Moritz« 1865 wurde er jedoch mit einem Schlag in ganz Deutschland populär und auch international als abgründiger Humorist wahrgenommen. Mit der Verbreitung seiner Bildergeschichten durch alle gesellschaftlichen Klassen - Kaiser, Kanzler und Schuljunge lasen und bewunderten ihn gleichzeitig - wuchs sein Vertrauen in die eigenen schöpferischen Möglichkeiten. Dennoch trat Busch als Maler nie ans Licht der Öffentlichkeit. Seine skizzenhaften Bildnisse, Landschaften und Genreszenen wurden erst nach seinem Tod bekannt, dann aber umso so mehr als ungewöhnlich fortschrittlich und wegweisend für die Moderne gewürdigt.

 

Die Schweinfurter Ausstellung verfolgt zwei Hauptrichtungen. Die eine zeigt Busch und Spitzweg als eigenständige und eigenwillige Künstler mit ihren verschiedenen Biografien und unterschiedlichen künstlerischen Zielen. Jedem Maler sind eigene Räume mit einer Auswahl ihres zeichnerischen und malerischen Schaffens gewidmet, allen voran der Landschaftsmalerei, die im 19. Jahrhundert große Bedeutung hatte und zahlreiche Zeichnungen »nach Natur und Modell«, eine damals unentbehrliche Grundlage der Bildkunst.

 

Die zweite Hauptrichtung setzt auf die konzeptionelle Gegenüberstellung der Werke ­ und bringt für den Besucher etwas völlig Unerwartetes und Neues ans Tageslicht: die Themenparallelen der beiden Künstlerpersönlichkeiten. Sie kannten sich nicht beziehungsweise haben sich nicht wahrgenommen, haben aber vor dem gemeinsamen Hintergrund des 19. Jahrhunderts dieselben oder ähnliche Motive aufgegriffen, so, als hätte der Jüngere die Bilder des Älteren zur Vorlage genommen.

 

Doch wo der Maler Spitzweg nachsichtig mit den von ihm dargestellten Figuren ist, lässt der Zeichner Busch keine Gnade walten. Er setzt die bühnengleichen Situationsbilder des malenden Apothekers um und »treibt seine aus dem Leben gegriffenen Akteure unnachsichtig in die Katastrophe«, sagt Kurator und Spitzweg-Experte, Professor Jens Christian Jensen. Gemeinsam sei beiden jedoch der Humor als »Halt in den Stürmen des Lebens«.

Carl Spitzweg und Wilhelm Busch. Zwei Künstlerjubiläen. 29. Juni bis

2. November 2008.

 

Museum Georg Schäfer, Brückenstraße 20, 97421 Schweinfurt. www.museumgeorgschaefer.de

 

Im Anschluss an die Präsentation in Schweinfurt wird die Ausstellung vom 23. November 2008 bis 19. April 2009 im Wilhelm-Busch-Museum in Hannover zu sehen sein.

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