Baustellen |
14.07.2008 14:14 Uhr |
Die Gesundheitspolitik verabschiedet sich dieser Tage in den Sommerurlaub, ob der für jeden Einzelnen wohlverdient ist, ist fraglich. Denn es gibt nach wie vor einige Baustellen, die eigentlich schon weiter bearbeitet sein könnten.
An erster Stelle steht dabei die Finanz- und Verwaltungsreform der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die neue GKV-Spitzenorganisation wurde zwar termingerecht ins Leben gerufen, der Spitzenverband Bund hat seine Arbeit wie geplant zum 1. Juli aufgenommen. Nach wie vor fehlt es aber am politischen Willen, diesen Kompromiss zwischen SPD und Union mit einem Haltbarkeitsdatum zu versehen, das weiter reicht als der Termin für die nächste Bundestagswahl. Da auch Krankenkassen und Leistungserbringer den Gesundheitsfonds nicht lieben, dürfte er von Beginn auf wackeligen Beinen stehen. Daran ändert auch der neuerliche Kompromiss zwischen Bund und Ländern wenig. Er beschert zwar den Ärzten höhere Einkommen (siehe dazu GKV-Finanzen: Auf dem Weg ins Sommerloch), das bedeutet für die Versicherten aber gleichzeitig steigende Beiträge. Die Prognosen zur Höhe des einheitlichen GKV-Beitragssatzes zum 1. Januar pendeln sich aktuell knapp unter 16 Prozent ein.
Eine weitere Baustelle ist leider auch das Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel. Zwar hat das sächsische Kabinett noch am Dienstag einen entsprechenden Gesetzesantrag verabschiedet. In den Bundesrat eingebracht wird er aber frühestens in der zweiten Septemberhälfte. Hoffentlich nutzen die Politiker die Zeit bis dahin, sich über Nutzen und Gefahren des Versandhandels mit Arzneimitteln zu informieren. Sie können nun auch sicher sein, dass sich der Protest der Verbraucher in Grenzen halten wird. Nach einer aktuellen Umfrage ist der Arzneiversand auf niedrigem Niveau rückläufig (siehe dazu Versandhandel mit Arzneimitteln rückläufig).
Doch auch bei den Apotheken gibt es noch eine Baustelle: Es ist sicher nicht hilfreich, dass die Öffentlichkeit Zweifel an der einheitlich hohen Qualität der Dienstleistungen in den Apotheken hat. Auch Bayerns Sozialminister Dr. Otmar Bernhard hat im Bundesrat eine Verbesserung der Beratungsleistung angemahnt. Mit Blick auf die Ergebnisse der Stiftung Warentest ist dies keine Überraschung. Diese Baustelle müssen die Apotheker schnell fertigstellen. Die Qualitätsoffensive der Bundesapothekerkammer ist dabei sicher ein wichtiger Baustein. Die Patienten müssen in jeder Apotheke am eigenen Leib erfahren können, dass dort gut gearbeitet wird. Dies ist die Lebensversicherung für die Individualapotheke.
Beim Beseitigen von Baustellen sind die Apotheker der Politik gegenüber übrigens im Vorteil: Sie sind sich weitgehend einig, was sie wollen, und sie wissen, was sie können. Es gibt also keinen Grund, jetzt nicht anzufangen.
Daniel Rücker
Stellvertretender Chefredakteur
Alle vier Jahre wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Wir berichten mit Blick auf die Gesundheitspolitik und die Auswirkungen für die Apotheken.