Hälfte aller Fälle vermeidbar |
13.07.2016 09:02 Uhr |
Von Annette Mende, Berlin / Jede zweite Krebsneuerkrankung in Deutschland ist auf vermeidbare Lebensstilfaktoren zurückzuführen. Für die Prävention, aber auch während der Therapie und der Nachsorge, ist körperliche Aktivität besonders wichtig.
Jährlich erkrankt in Deutschland ungefähr eine halbe Million Menschen neu an Krebs. »Etwa die Hälfte dieser Fälle ist auf Faktoren wie Rauchen, eine unausgewogene Ernährung, zu wenig Bewegung, zu viel Alkohol und zu viel UV-Strahlung zurückzuführen« , sagte Fritz Pleitgen, Präsident der Deutschen Krebshilfe, bei deren Jahrespressekonferenz in Berlin. Mit einem konsequent gesunden Lebensstil könnte demnach jede zweite Krebsneuerkrankung in Deutschland verhindert werden.
Die Bewegungstherapie ist mittlerweile fester Bestandteil der onkologischen Therapie. Insgesamt 1700 Krebssportgruppen gibt es in Deutschland.
Foto: iStockphoto/Steve Debenport
Sport hat dabei einen herausragenden Stellenwert, wie Privatdozent Dr. Freerk Baumann von der Deutschen Sporthochschule in Köln darlegte: »Mindestens 150 Minuten moderate körperliche Aktivität pro Woche senken das Risiko für Brust-, Darm- und Endometriumkrebs um 20 bis 30 Prozent.« Sich zu bewegen, habe nicht nur einen krebsvorbeugenden Effekt, sondern wirke sich auch therapiebegleitend und in der Nachsorge positiv auf den Krankheitsverlauf aus.
Bei häufigen Begleiterscheinungen einer Krebstherapie wie Fatigue, Polyneuropathie und Arthralgie sei die Bewegungstherapie zurzeit allen anderen Therapieoptionen überlegen. Positive Effekte zeigten sich auch bei Harninkontinenz, Lymphödem, und den Nebenwirkungen einer Hormontherapie. Studien zufolge könne körperliche Aktivität zudem die Tumorabwehr von Krebspatienten anregen und so das Rezidivrisiko senken.
»Die frühere Auffassung, Bewegung bei Krebs könne Patienten schaden, indem sie etwa eine Metastasierung begünstigt, ist gründlich überholt«, sagte Baumann. Als vor 35 Jahren die erste Krebssportgruppe in Deutschland entstand, hätten sich die Verantwortlichen noch gegen diese Art von Kritik wehren müssen. Mittlerweile gebe es bundesweit 1700 Gruppen, in denen Krebspatienten gemeinsam und unter Anleitung Sport treiben – ein weltweit einmaliges Angebot. Die Bedeutung der Bewegungstherapie im Rahmen des onkologischen Therapiekonzepts werde in mehreren aktuell initiierten S3-Leitlinien weiter an Bedeutung gewinnen.
Als hoch problematisch habe sich zuletzt herausgestellt, dass viele Europäer fast den ganzen Tag sitzen. »Sitzendes Verhalten ist ein unabhängiger Risikofaktor für die Krebsentstehung, der sich durch Sport in der Freizeit nicht ausgleichen lässt«, sagte Baumann. Täglich zwei Stunden zu sitzen, erhöhe das Risiko für Darmkrebs um 8 Prozent, vierstündiges Sitzen bereits um 16 Prozent. Beim Endometriumkarzinom betrage die Risikoerhöhung 10 Prozent. Wer also beispielsweise beruflich viel sitzt, sollte zwischendurch öfters mal aufstehen und ein paar Schritte gehen. /