Posthum komplett illegal |
09.07.2014 10:14 Uhr |
Von Daniel Rücker / Das Pick-up-Konzept Vorteil 24 gibt es nicht mehr. Trotzdem mussten die ehemaligen Betreiber einen weiteren Schlag hinnehmen. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) München hat das von der Apothekenkooperation Linda konzipierte Modell gegen deutsches Preisrecht verstoßen.
Damit ist auch die Linda-Strategie nicht aufgegangen, das deutsche Preisrecht mit einem obskuren Abholsystem zu umgehen. Beklagter in dem Verfahren war ein Apothekenleiter aus Markt Schwaben. Er beteiligte sich an dem Pick-up-Konzept, bei dem die Apotheken kein Arzneimittel aus ihrem eigenen Sortiment abgeben, sondern das gewünschte Arzneimittel im Namen des Patienten bei der niederländischen Montanus-Apotheke bestellen und dafür eine Vermittler-Provision kassieren.
Die OLG-Richter halten dieses Konzept aus mehreren Gründen für illegal. So habe es vornehmlich dem Zweck gedient, die deutschen Preisvorschriften zu umgehen. Außerdem verstoße Vorteil 24 von Linda gegen deutsches Recht, weil die von der Kooperation erstellte vertragliche Konstruktion die Entscheidungsfreiheit der beteiligten Apotheker einschränke. Sie würden dazu verleitet, eigenen finanziellen Interessen nachzugehen. Ab einem Abgabepreis von 29 Euro war nämlich die Provision der Montanus-Apotheke höher als die in der Arzneimittelpreisverordnung vorgesehene Apothekenspanne. Der Apotheker verdiente mehr an der Bestellung in der Montanus-Apotheke als an der Abgabe eines Medikaments aus dem eigenen Sortiment.
Nach dem Urteil der OLG-Richter könnte Vorteil 24 Apotheker dazu bewegen, gegen die Interessen ihrer Patienten zu handeln, indem sie ihnen nicht das benötigte Arzneimittel aus ihrem Lager mitgeben, sondern den Patienten animieren, auf die Lieferung aus den Niederlanden zu warten, selbst wenn nicht sicher ist, dass die Verzögerung medizinisch unbedeutend ist. Diese Beeinflussung der Apotheker hätte laut OLG-Richter bereits ausgereicht, Vorteil 24 unabhängig vom Tatbestand der Umgehung der Arzneimittelpreisverordnung zu verbieten.
In der Vorinstanz hatte das Landgericht München vor zwei Jahren die Klage abgewiesen, weil Vorteil 24 bereits eingestellt worden war und der Gesetzgeber den Sachverhalt eindeutig geregelt hatte. Damit bestehe keine Wiederholungsgefahr mehr, hieß es damals.
Diese Sicht teilten die OLG-Richter nicht. Es bestehe weiterhin die Gefahr einer Wiederholung, weil der Beklagte sich nicht dazu geäußert hatte, ob er ein solches Konzept wieder starten wolle. Das Modell sei nur deshalb eingestellt worden, weil Linda die Kooperation mit der Montanus-Apotheke beendet hatte, nachdem die niederländischen Apotheken über eine Änderung der Arzneimittelpreisverordnung gesetzlich dazu verpflichtet wurden, sich beim Versand an deutsche Patienten an die deutschen Preisvorschriften zu halten.
Der Beklagte sei der Auffassung, die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens sei mit der Änderung der Arzneimittelpreisverordnung geklärt, konstatierten die Richter. Das Urteil erwirkt haben die Bayerische Landesapothekerkammer, die Apothekerkammer Nordrhein, die ABDA und die Wettbewerbszentrale. /