Generationengerechtigkeit auf dem Prüfstand |
12.07.2011 17:34 Uhr |
Von Siegfried Löffler, Tutzing / Steigende Lebenserwartung und niedrige Geburtenrate wirken sich auf die Finanzierung der Gesetzlichen Rentenversicherung aus. Um das Gleichgewicht zwischen den Altersgruppen wieder ins Lot zu bringen, muss gehandelt werden, fordert der Sozialverband VDK. Er will außerdem erreichen, dass pflegende Angehörige künftig bessergestellt sind.
Während einer Veranstaltung in Tutzing beschäftigte sich der Sozialverband VDK Deutschland mit dem Thema Generationengerechtigkeit und trug damit zur Versachlichung einer aufgeheizten Diskussion bei. Er forderte, die aktuelle Angstdebatte und das Gerede um einen »Krieg der Generationen« zu beenden, um auf einer realistischen Basis praktikable Lösungen zu finden. VDK-Präsidentin Ulrike Mascher kritisierte, dass bei der notwendigen Diskussion nach wie vor die »Alten« gegen die »Jungen« ausgespielt würden. Ihr Verband wolle mit Blick auf die langfristige Finanzierung der Altersrenten dem weitverbreiteten Vorurteil entgegenwirken, dass »die Alten auf Kosten der Jungen leben«.
Häufig übernehmen ältere Menschen die Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger. Ihr Einsatz wird nicht immer ausreichend gewürdigt.
Foto: imago/Steinach
Ein gutes Beispiel für die gelebte Solidarität zwischen den Generationen sei die häusliche Pflege Behinderter durch 60 – bis 75 – jährige Familienangehörige, sagte Mascher. Diese würden mühevolle Pflegearbeit leisteten. Insgesamt werden dem VDK zufolge gegenwärtig 4 Millionen Bürger von – meist älteren – Familienmitgliedern zu Hause betreut. Ohne diese pflegenden Angehörigen müssten 3,2 Millionen zusätzliche Vollzeit-Pflegekräfte in Deutschland eingestellt werden, sagte Mascher. Die Angehörigen sorgten somit dafür, »dass unser Pflegesystem nicht in Teilen kollabiert«. Viele Familienmitglieder würden dabei große finanzielle Opfer bringen, da nicht immer Anspruch auf Pflegegeld bestehe.
Mit der Kampagne »Pflege geht jeden an« hat der VDK auf die Bedürfnisse der pflegenden Angehörigen in Deutschland aufmerksam gemacht. Er fordert eine Reform des Systems der Pflegestufen. Das gelte insbesondere mit Blick auf 750 000 Demenzkranke, von denen viele keinen Anspruch auf Pflegegeld hätten. Für viele Familienmitglieder sei das so anstrengend, dass ihre eigene Gesundheit beeinträchtigt werde, so der Verband.
Höhere Pflegebeiträge kein Tabu
Weil die familiären Pflegezeiten ohne Rentenanspruch zu Altersarmut führen können, sei rentenrechtliche Sicherheit für diesen Personenkreis dringend erforderlich. Das überschreite allerdings die Leistungsmöglichkeit der Pflegeversicherung. Deshalb dürfen aus Sicht des VDK Beitragserhöhungen kein Tabu sein. Mascher plädierte für die Beibehaltung des »solidarischen und umlagefinanzierten Systems«. Plänen für eine kapitalgedeckte private Pflegezusatzversicherung erteilte sie eine deutliche Absage. Für die Zukunft müsse zudem zweierlei erreicht werden: eine gute berufliche Ausgangslage der jungen Generation und die Rentengarantie für Jung und Alt
Diese Forderung unterstützte auch der ehemalige Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel (SPD) in Tutzing. Sein Rezept zur Problem-Lösung: Schaffung stabiler Arbeitsverhältnisse, kein »Einfrieren« des Arbeitgeberanteils bei Erhöhungen der Sozialversicherungsbeiträge, Abbau der Schulden sowie eine Reform der Vermögens- und Erbschaftsteuer. Aus Vogels Sicht ist eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung der Pflegeberufe und der ehrenamtlichen Tätigkeit dringend erforderlich. /