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Sonnenschutz

Hautfreundlich, aber umweltschädlich

04.07.2018  09:57 Uhr

Von Daniela Hüttemann / Wasserfest ist bei Sonnencreme ein relativer Begriff. Wohl jeder Urlauber kennt die Schlieren, die er frisch eingecremt im Meer oder im Pool hinterlässt. UV-Filter und Nanopartikel aus Sonnenschutzprodukten können jedoch Korallen und anderen Meeresbewohnern schaden.

Als erster US-amerikanischer Bundesstaat verabschiedete Hawaii im Mai ein Gesetz, das den Verkauf von Sonnencremes mit bestimmten Chemikalien verbietet. Es soll 2021 in Kraft treten. Damit folgt Hawaii dem Beispiel Mexikos und vereinzelten Verboten an ­einigen Unesco-Weltnaturerbestätten. 

 

Problematisch sind vor allem die ­chemischen UV-Filter Octinoxat und Oxybenzon, die auf Hawaii verboten werden sollen. »Diese Chemikalien sind inzwischen überall in der Natur zu finden, von der Arktis bis hin zu abgelegenen Korallenriffen im Südpazifik«, ­sagte Craig Downs vom Haereticus-Umweltlabor in Virginia der Nachrichtenagentur dpa. Eine mögliche Folge seien Schäden am Erbgut von Fischen und Korallen. Aber auch mineralische Filter wie Zinkoxid können abhängig von ihrer Formulierung zu einer Korallenbleiche führen, wie italienische Forscher im Fachmagazin »Science of The Total Environment« berichten (DOI: 10.1016/j.scitotenv.2018.05.108). Als Nano­partikel können sie von den Korallen absorbiert werden.

 

14 000 Tonnen pro Jahr

 

Rund 14 000 Tonnen Sonnencreme landen Schätzungen zufolge jedes Jahr im Meer. Wo besonders viele Touristen baden gehen wie in Hawaii mit seinen rund neun Millionen Besuchern jährlich ist der Schaden im Meer besonders deutlich, berichtet dpa. »Meine Pro­gnose ist, dass es bald keine lebenden Korallenriffe in Hawaii mehr geben wird, die Touristen besichtigen können«, so Downs.

 

Auch in Deutschland sind UV-Filter aus Sonnencremes in Gewässern zu finden, zum Beispiel in der Ostsee, wie Messungen in Strandnähe des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung 2015 ergaben (»Marine Pollution Bulletin«, DOI: 10.1016/j.marpolbul.2017.07.057). »Die Konzentrationen an chemischen UV-Filtern, die in deutschen Gewässern gemessen werden, sind bisher noch so, dass kein Fisch akut lebensbedroht ist«, erklärte jedoch Jürgen Arning vom Umweltbundesamt (UBA) gegenüber dpa. Ein flächendeckendes Monitoring von Gewässern mit Blick auf UV-Filter gebe es allerdings nicht.

 

Als riffsicher gelten beispielsweise die US-amerikanischen Marken Tropic-Sport und Raw Elements. Von Letzterer erhalten Hawaii-Touristen bei der Anreise sogar eine Probe von Hawaiian-Airlines. Sie enthält lediglich Non-Nano-Zinkoxid als Wirkstoff. Oxy­benzon wird in europäischen Produkten kaum noch verwendet, aber auch der derzeit am häufigsten eingesetzte chemische Filter Octocrylen steht in der Kritik.

 

Gibt es umweltfreundliche Alternativen in Deutschland? Auf Anfrage der PZ kann das UBA keine nennen. Leider gebe es keine regulatorischen Vorgaben zur Umweltbewertung von Kosmetika. »Somit können wir generell keine Aussagen über das Umweltrisiko der Bestandteile, die aus Kosmetika und im Speziellen aus Sonnenschutzmitteln, in die Umwelt gelangen, vornehmen«, so das UBA. Auch der neueste Testbericht der Stiftung Warentest (Kasten) hilft umweltbewussten Anwendern nicht weiter. Die Umweltverträglichkeit spielte keine Rolle bei der Bewertung im aktuellen Heft.

 

Rat vom Experten

 

Professor Dr. Rolf Daniels, Pharmazeutischer Technologe an der Uni Tübingen, hält die Situation für schwierig. Er geht davon aus, dass mehr und mehr Verbote bestimmter UV-Filter aus Umweltschutzgründen kommen werden. »Dann werden die Hersteller reagieren und das auch entsprechend bewerben«, ist sich Daniels sicher. Derzeit werden Sonnenschutzmittel in der EU nicht zwingend auf Umweltverträglichkeit getestet. Für den Menschen seien die Formulierungen aber sicher, betont der Technologe.

 

Was also der Haut und der Umwelt zuliebe tun? »Unbedenklich für Mensch und Umwelt ist die gute, alte Zinkpaste, aber das wollen die Verbraucher nicht, da man ohne Nanoformulierung weiß aussieht.« Daniels rät zu wasserfesten Produkten oder besser noch ex­tra wasserfesten und einem zeitlichen Abstand von Eincremen und Baden. »Bei wasserfester Sonnencreme bildet sich beim Trocknen ein Polymerfilm auf der Haut, der den UV-Filter länger auf der Haut fixiert«, erklärt der Pharmazeut. »Der UV-Schutz ist bei vielen Produkten mittlerweile sofort gegeben, aber damit der Film auch hält, sollte man vor dem Baden 20 bis 30 Minuten warten.« Noch besser für die Umwelt: Textilien mit hohem UV-Schutz. Wer schnorcheln will, sollte statt Sonnenschutz einen Neopren- oder Lycra-­Anzug tragen. /

Sonnenschutzmittel im Test

Zum offiziellen Sommerbeginn hat Stiftung Warentest 19 Sonnenschutzmittel mit hohem Schutzfaktor bewertet. 18 der getesteten Präparate halten demnach ihre Versprechen zu UV-A-Schutz und Sonnenschutzfaktor 30, 50 oder 50+ ein. Nur eine Naturkosmetik-Sonnenmilch fällt durch – ausgerechnet das teuerste Produkt. Die preisgünstigsten Sonnenschutzmittel sind laut Warentest die besten: Vier sehr gute Präparate kosten bis zu 2,23 Euro pro 100 ml, während das mangelhafte Naturkosmetik-Mittel fast das Zehnfache kostet (21,20 Euro pro 100 ml).

 

Gemessen am Preis-Leistungs-Verhältnis belegen die Eigenmarken der Discounter und Drogeriemärkte die oberen Plätze. Klassische Apothekenmarken wie Avène, La Roche-Posay, Eucerin, Vichy und Ladival liegen im Mittelfeld, allesamt gut bewertet.

 

Punktabzug gab es für die Beschriftungen »wasserfest« oder »wasserresistent«. Zwar genügten die Produkte der internationalen Norm, wonach nach dem Baden noch die Hälfte des ursprünglichen Schutzes gegeben sein muss. Stiftung Warentest hält die Bezeichnung aber für irreführend. Nach dem Baden sollte nachgecremt werden. Auch wer stark schwitzt, sollte regelmäßig nachlegen.

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