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EMA-Empfehlung

Neue Medikamente auf dem Weg

26.07.2013  13:07 Uhr

Von Annette Mende / Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der europäischen Arzneimittelagentur EMA hat die Zulassung von Arzneimitteln mit vier neuen Wirkstoffen empfohlen. Damit dürfte die Zulassung der entsprechenden Präparate unmittelbar bevorstehen. Bei den Neulingen handelt es sich um ein Mittel gegen multiples Myelom, einen Pockenimpfstoff, einen Lipidsenker und einen Immunstimulator.

Der erste Kandidat ist Pomalidomid, ein neues Mittel gegen multiples Myelom, das bereits in den USA zugelassen ist. Es soll in Kombination mit Dexa­methason Patienten verabreicht werden, die zuvor bereits mit Lenalidomid und Bortezomib erfolglos behandelt wurden. Da die chemische Struktur von Pomalidomid mit der des Thalidomids verwandt ist, wird bei Pomalidomid ein ähnliches teratogenes Potenzial vermutet wie bei dem Wirkstoff, der seinerzeit den Contergan-Skandal auslöste. Deshalb muss sichergestellt sein, dass Frauen im gebärfähigen Alter unter der Einnahme von Pomalidomid nicht schwanger werden. Sie müssen zuverlässig verhüten und sich vor, während und nach der Therapie Schwangerschaftstests unterziehen.

Eine Zulassungsempfehlung gab es auch für Imvanex®, einen neuen Impfstoff gegen Pocken. Er dient zur aktiven Immunisierung von Erwachsenen und kann auch immungeschwächten Personen verabreicht werden. Anders als herkömmliche Pockenimpfstoffe ist die Vakzine in vivo nicht vermehrungsfähig, stimulierte aber in fünf klinischen Studien die Antikörper-Produktion gegen das Pockenvirus. Da aufgrund der Seltenheit der Erkrankung keine Daten zur Effektivität und Sicherheit der Impfung vorliegen, empfiehlt der CHMP die Zulassung »unter außergewöhnlichen Umständen«. Das bedeutet, dass nach der Markteinführung jährlich überprüft werden muss, ob neue Daten vorliegen, die gegen eine Aufrechterhaltung der Zulassung sprechen.

 

Lomitapid (Lojuxta®), der dritte Zulassungskandidat, ist ein neues Mittel zur Senkung des Cholesterolspiegels. Es soll in Kombination mit anderen Lipidsenkern Patienten mit homozygoter familiärer Hyperchol­esterol­ämie (HoFH) verabreicht werden. Lomi­tapid hemmt selektiv das mikrosomale Transferprotein (MTP), einen intrazellulären Lipidtransporter, der für die Bindung und den Transport von Lipiden zwischen Membranen verantwortlich ist. MTP spielt eine Schlüsselrolle bei der Synthese von Apolipo­protein-B-haltigen Lipoproteinen in der Leber und im Darm. Die Hemmung von MTP reduziert die Lipoprotein-Freisetzung und dadurch auch die Konzentrationen von Cholesterol und Triglyceriden im Blut. In den Zulassungs­studien reduzierte Lomitapid die LDL-Cholesterol-Werte von Patienten mit HoFH um durchschnittlich 40 Prozent. Die häufigsten Nebenwirkungen betrafen den Gastrointestinaltrakt und die Leber. Die Zulassung soll laut CHMP ebenfalls »unter außergewöhnlichen Umständen« erfolgen. Zudem muss die Sicherheit von Lomitapid im Rahmen eines Pharmako­vigilanz-Plans überwacht werden.

Der vierte potenzielle Neuling ist Lipefilgrastim (Lonquex®), ein Immunstimulator zur Prophylaxe der Chemotherapie-induzierten Neutropenie. Lipefilgrastim reguliert die Produktion und Freisetzung von neutrophilen Granulozyten aus dem Knochenmark und kann dadurch nach einer myelotoxischen Chemotherapie die Dauer einer Neutropenie verkürzen sowie die Inzidenz febriler Neutropenien verringern. Häufigste Nebenwirkungen sind Muskelschmerzen, Thrombo­zytopenie, Hypokaliämie, Kopfschmerzen, Hautreak­tionen und Brustschmerzen. Auch für Lipefilgrastim wird nach der Markteinführung ein Pharmakovigilanz-Plan aufgelegt. /

Impfung gegen eine ausgerottete Krankheit?

Nach einer weltweiten Impfaktion konnte die Weltgesundheitsorganisation die Pocken 1979 offiziell für ausgerottet erklären. Noch im selben Jahr sollten alle verbliebenen Bestände des Virus zerstört oder in eines von zwei Sicherheitslabors – eines in den Vereinigten Staaten und eines in der damaligen Sowjetunion – gebracht werden. Seit den frühen 1980er-Jahren hatte offiziell kein anderes Labor mehr Zugang zu dem Erreger. Dennoch lässt sich nicht völlig ausschließen, dass Pockenviren auch an anderen Orten außerhalb dieser Labors existieren. Damit besteht theoretisch die Möglichkeit einer vorsätzlichen Freisetzung. Um gegen solch einen bioterroristischen Anschlag gewappnet zu sein, hat sich unter anderem auch Deutschland nach dem 11. September 2001 mit Pockenimpfstoff bevorratet.

 

Quellen: RKI, PEI

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