lndustrie kritisiert Röslers Sparpläne |
15.06.2010 16:57 Uhr |
Von Uta Grossmann, Berlin / Der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie fordert Änderungen der Vorschläge des Bundesgesundheitsministers zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes. Die Interessen der Hersteller sollen stärker berücksichtigt werden.
Dr. Bernd Wegener spielte auf den Lieblingsspruch des Bundesgesundheitsministers Dr. Philipp Rösler (FDP) an, als er von seiner »Bambusmentalität« sprach. Rösler möchte mit dem Spruch vom Bambus, der sich im Sturm biegt, aber nicht bricht, zum Ausdruck bringen, dass er dem Sturm der Kritiker standhalten wird. Wegener wendete die Eigenschaft der Biegsamkeit ins Negative und kleidete seine Kritik an Röslers Sparplänen in die Formulierung, der Bambus werde zum Bodendecker.
Der BPI-Vorsitzende Bernd Wegener sieht seinen Verband auch in politisch turbulenten Monaten auf bestem Kurs.
Foto: PZ/Zillmer
Der Vorsitzende des Bundesverbandes der pharmazeutischen Industrie (BPI) nutzte seinen Bericht zur Lage in der Hauptversammlung am Dienstag in Berlin, um deutlich zu machen, was die im BPI organisierten Pharmaunternehmen von Röslers Vorschlägen halten: nämlich nicht viel. Ein von sechs auf 16 Prozent erhöhter Herstellerrabatt treffe auch preiswerte, nicht festbetragsgebundene Arzneimittel, kritisierte Wegener. Er forderte, preisgünstige Nischenprodukte von der Erhöhung auszunehmen, ebenso orphan drugs, Arzneimittel zur Behandlung seltener Krankheiten.
Auch am Referentenentwurf zum Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der Gesetzlichen Krankenversicherung (AMNOG) hatte Wegener einiges auszusetzen. Die geplante Kostenerstattung für Patienten, die nicht das im Rabattvertrag ihrer Krankenkasse vorgesehene Präparat haben wollen und die Differenz selbst zu zahlen bereit sind, müsse unbürokratisch vonstatten gehen, verlangte er. Da die Höhe des mit dem Hersteller ausgehandelten Rabatts geheim sei, könne die Kasse einen willkürlichen Erstattungsbetrag festlegen. Der BPI plädiert deshalb dafür, den Festbetrag zu erstatten. Ganz grundsätzlich fordert der Verband, »den Unsinn ruinöser Rabattverträge im Generikabereich« zu beenden.
Kritik an Austauschbarkeitsregelung
Die Regelung zur Austauschbarkeit von Arzneimitteln, wenn sie für ein gleiches Anwendungsgebiet zugelassen sind, nannte Wegener einen der schlimmsten Auswüchse der AOK-Vertragslogik, der nun durch Gesetz legitimiert werden solle. Das stehe im Widerspruch zu den Regelungen zum Off-Label-Use, zum Zulassungsrecht, gefährde die Therapiesicherheit und bringe erhebliche haftungsrechtliche Probleme für Ärzte, Apotheker und Hersteller.
Und der BPI sieht noch mehr Veränderungsbedarf. Die »Machtfülle« des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), der den Leistungskatalog der GKV bestimmt, nannte Wegener ein »ernstes Problem«, denn dem Selbstverwaltungsgremium der Ärzte und Kassen fehle die nötige gesellschaftliche Legitimation.
Die frühe Nutzenbewertung soll nicht zwingend für jedes erstattungsfähige Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen Pflicht sein, verlangt der BPI. Wenn der Preis eines Medikaments unterhalb der »Erheblichkeitsschwelle« von 2,50 bis 3 Euro pro Tagesdosis liege, soll ihm der »Verhandlungsmarathon« mit dem Spitzenverband der Krankenkassen um einen Preisrabatt erspart bleiben, forderte Wegener. /