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Forschende Arzneimittelhersteller

Das Image der Pharmaindustrie

15.06.2010  16:57 Uhr

Von Werner Kurzlechner, Berlin / Die Pharmabranche ist in der Bevölkerung besser beleumundet als gedacht. Das zeigt eine aktuelle Umfrage aus Allensbach. Forschende Firmen schneiden dabei um einiges besser ab als Hersteller von Generika.

Die Pharmaindustrie stellt Arzneimittel her, die Leben retten – und gilt doch in weiten Teilen der Bevölkerung als größtes anzunehmendes Übel. So scheint es manchmal, weshalb Firmen und Verbände über die permanente Sündenbockrolle immer wieder klagen. Derart negativ ist das Bild der Branche bei den Bundesbürgern allerdings ganz und gar nicht, wie eine aktuelle Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach zeigt.

Geschäftsführerin Professor Dr. Renate Köcher stellte die Ergebnisse in Berlin beim Frühsommer-Symposium des Verbandes Forschender Arzneimittelsteller (VFA) vor, das dem Thema Innovationsfähigkeit gewidmet war. »Es zeigt sich ein differenziertes Bild«, fasste Köcher vorab zusammen und kündigte positive Überraschungen mit einem Wermutstropfen an.

 

So ist die Bevölkerung beispielsweise davon überzeugt, dass keine Branche so viel für Forschung und Entwick­lung tut wie die Pharmaindustrie. Drei Viertel der Befrag­ten nannten in diesem Zusammenhang die Arzneimittel­hersteller, lediglich zwei Drittel die am zweitbesten bewer­tete Luft- und Raumfahrtindustrie. Zwei Drittel messen der Pharmabranche eine wichtige oder sehr wichtige Bedeu­tung für die zukünftige Entwicklung bei, 64 Prozent sehen in ihr einen wichtigen Arbeitgeber im Standort Deutsch­land – das bedeutet Platz fünf im Ranking.

 

An dieser Stelle ist schon einmal festzuhalten: »Innovation und Forschung sind mit viel Sympathie aufgeladene Begriffe«, so Köcher. Und gerade damit werden die Pharmahersteller in höchstem Maße verbunden. Das spiegelt sich auch wider in den Antworten auf die Frage nach Wünschen an die Wissenschaft. 95 Prozent der Bevölkerung setzen große Hoffnungen in die Krebsforschung, 87 Prozent in einen Durchbruch im Kampf gegen Alterskrankheiten wie Alzheimer, Arthritis oder Osteoporose und 79 Prozent in die Entwicklung eines Impfstoffs gegen Aids.

Die ausgeprägtesten Forschungs­sehnsüchte überhaupt sind in diesen Wünschen nach Heilung und Linde­rung zu finden. Skepsis herrscht aller­dings, sobald Gentechnologie ins Spiel kommt. Dann rauschen die Bewertungen sofort auf 50 Prozent und weniger herunter.

 

Imagetechnisch haben die forschen­den Arzneimittelunternehmen bei 56 Prozent der Befragten einen guten oder sogar sehr guten Ruf, die Gene­rikahersteller aber nur bei 34 Pro­zent. Dennoch muten die Ergeb­nisse besser an, als zu vermuten gewesen wäre. In jedem Fall differenzieren die Bürger genau zwischen Anerkennung positiver Forschungsleistungen und Kritik etwa an der Preispolitik der Firmen. Der von Köcher angekündigte Wermutstropfen liegt eine Ebene tiefer. Aus diversen Antworten lässt sich lesen, dass die Bundesbürger insgesamt wenig Vertrauen in Freiheit und Wettbewerb haben.

 

Diese Basiswerte für die Innovationsfähigkeit in der Gesellschaft und auch in einer Branche wie der Pharmaindustrie würden hierzulande unterschätzt, folgerte die Meinungsforscherin.

 

Seitenhieb auf die Politik

 

Der VFA-Vorstandsvorsitzende Dr. Wolfgang Plischke zeigte sich von den Ergebnissen insgesamt angetan. »Sie zeigen, dass die Bevölkerung an uns glaubt«, so Plischke. Es folgte ein Seitenhieb aus aktuellem Anlass: »Die Politik weiß das alles auch, aber handelt nicht entsprechend.« Der VFA habe mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen gefordert – auch um Anreize für verstärkte Forschung zu geben. Aber die Koalition habe sich dazu bislang nicht durchringen können. Dringend nötig sei jetzt ein Einstieg in die steuerliche Forschungsförderung, sagte Plischke.

 

Der Trendforscher Professor Peter Wippermann beschrieb einige grundlegende gesellschaftliche Entwicklungen wie die, dass der Einzelne immer mehr zum Angelpunkt von Innovationen werde. Er zeigte das Foto einer Familie, die gemeinsam vor dem Fernseher sitzt: als Muster der Vergangenheit. Es folgte eine aktuelle Aufnahme von Mutter, Vater und Tochter – alle mit Smartphone in der Hand.

 

Der Trend zeige sich genauso wie in der Informationstechnologie in der Gesundheitswirtschaft, so Wippermann. Der eigene Körper habe im Gegensatz zu Politik und Kultur eine Aufwertung bei den Menschen unter 30 Jahren erfahren, was Grundlage für die Entwicklung eines zweiten Gesundheitsmarktes sei. /

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