Selexipag erweitert Therapiespektrum |
07.06.2016 15:52 Uhr |
Von Sven Siebenand, Frankfurt am Main / Die pulmonale arterielle Hypertonie (PAH) ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die mit einer krankhaften Druckerhöhung in den Lungengefäßen einhergeht. Mit dem Endothelin-, dem NO- und dem Prostacyclin-Signalweg gibt es drei wichtige Angriffspunkte für PAH-Medikamente. Ab Mitte Juni ist mit Selexipag (Uptravi®) die erste orale Substanz, die auf den Prostacyclin-Signalweg abzielt, auf dem deutschen Markt verfügbar.
Im Vergleich zu Gesunden produzieren PAH-Patienten weniger gefäßerweiterndes Prostacyclin. Wie Professor Dr. Ardeschir Ghofrani vom Universitätsklinikum Gießen/Marburg auf einer Pressekonferenz des Uptravi-Herstellers Actelion erklärte, ist das Gleichgewicht zwischen gefäßerweiternden und -verengenden Substanzen wie Endothelin damit zugunsten Letzterer gestört.
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Der IP-Rezeptor ist der Zielrezeptor von Prostacyclin. Bindet es daran, kommt es letztlich zur Vasodilatation. Daher ist es ein wichtiges Ziel in der PAH-Therapie, den IP-Rezeptor medikamentös zu aktivieren. Bislang standen dazu Epoprostenol und die Prostacyclin-Analoga Treprostinil und Iloprost zur Verfügung. Ghofrani wies darauf hin, dass diese jedoch nicht nur den IP-Rezeptor stimulieren, sondern auch andere Prostanoid-Rezeptoren mit zum Teil entgegengesetzten Wirkungen. Hinzu komme die unkomfortable Anwendungsform mit intravenöser beziehungsweise subkutaner Gabe oder zeitaufwendiger häufiger Inhalation.
Selexipag und sein aktiver Metabolit sind dagegen kein Prostacyclin oder Analoga davon. Sie wirken als selektive IP-Rezeptor-Agonisten. Ein weiterer Vorteil ist, dass Patienten das neue Präparat oral einnehmen können. Die empfohlene Anfangsdosis beträgt zweimal täglich 200 µg. Für jeden Patienten sollte bis zur höchsten individuell verträglichen Dosis hochtitriert werden. Diese kann zwischen 200 und 1600 µg zweimal täglich liegen. Um die Verträglichkeit zu verbessern, sollten die Patienten die Tabletten zu den Mahlzeiten einnehmen.
Zugelassen ist Selexipag für die PAH-Langzeitbehandlung bei erwachsenen Patienten der WHO-Funktionsklasse II bis III entweder als Kombinationstherapie, wenn die Erkrankung mit einem Endothelin-Rezeptor-Antagonisten und/oder einem PDE-5-Hemmer unzureichend kontrolliert ist, oder als Monotherapie, wenn diese Therapien nicht infrage kommen.
In der zulassungsrelevanten GRIPHON-Studie mit 1156 Patienten führte die Selexipag-Behandlung im Vergleich zu Placebo zu einer 40-prozentigen Risikoreduktion für das Auftreten eines Morbiditäts- oder Mortalitätsereignisses. Die häufigsten Nebenwirkungen waren – wie von anderen Medikamenten, die im Prostacyclin-Signalweg wirken, bekannt – Kopfschmerzen, Diarrhö und Übelkeit. /