Hochdruckarbeit im Lungenkreislauf |
Bei Säuglingen und Kindern schreitet eine pulmonale arterielle Hypertonie oft schnell fort. / Foto: Adobe Stock/DC Studio
Todesfälle bei Babys, deren Mütter in der Schwangerschaft Sildenafil eingenommen hatten, haben die Fachwelt im vergangenen Jahr aufgeschreckt (1). Jedoch waren sich die Experten bereits anlässlich eines internationalen Workshops im Juni 2017 einig, dass Medikamente, die zur Behandlung der PAH eingesetzt werden, bei Kindern und Erwachsenen unterschiedlich wirken und die Behandlungsoptionen für pädiatrische Patienten verbessert werden müssen (2). Je nach Entwicklungsstand – vom Säugling bis zum Jugendlichen – sind Pharmakokinetik und Pharmakodynamik der Arzneistoffe unterschiedlich.
Die PAH ist eine relativ seltene Erkrankung. Die exakte Häufigkeit bei Kindern und Erwachsenen ist nicht bekannt. In Deutschland leiden circa 3000 bis 4000 Erwachsene an PAH. Bei Kindern geht man von 15 Fällen pro 1 Million Einwohner aus. Bei Kindern und Erwachsenen tritt die Erkrankung beim weiblichen Geschlecht fast doppelt so häufig auf (3, 4).
Aus noch unbekannter Ursache verändert sich bei PAH-Patienten im Blut, in den Lungengefäßen und dem Lungengewebe die Zusammensetzung der Botenstoffe, die die Muskulatur der Blutgefäße bei Gesunden regulieren. Gefäßverengende Botenstoffe, zum Beispiel Endothelin, Serotonin und Thromboxan, werden vermehrt ausgeschüttet; gefäßerweiternde wie Prostacyclin oder Stickstoffmonoxid sind verringert. In der Folge ziehen sich die Gefäße zusammen und der Gefäßhohlraum (Lumen), durch den das Blut fließt, verkleinert sich. Dadurch steigt der Blutdruck: Es fließt weniger Blut, aber mit höherer Scherkraft durch die Lunge. Die Sauerstoffversorgung des Körpers verschlechtert sich.
Gleichzeitig ist die Regulation des Zellwachstums in den Blutgefäßen gestört. Da die gefäßaktiven Botenstoffe zusammen mit anderen Faktoren einen starken Wachstumsreiz auf Endothelzellen, glatte Muskelzellen und umgebende Zellen ausüben, verdicken sich die Gefäßwände, wodurch sich die Gefäße weiter verengen. Langfristig wird die Muskulatur zu Bindegewebe umgebaut. Die Blutgefäße verlieren an Elastizität und können einen zeitweise erhöhten Blutfluss, zum Beispiel unter körperlicher Belastung, nicht mehr aufnehmen. Infolge der verminderten Elastizität reduziert sich die Zeit, in der das Blut Kontakt mit der sauerstoffreichen Atemluft erhält. Die Folge ist ebenfalls Sauerstoffmangel.
Durch den chronisch erhöhten Blutdruck in den Lungengefäßen wird auch das Herz in Mitleidenschaft gezogen. Bei einem gesunden Menschen liegt der mittlere Blutdruck im Lungengefäßsystem bei circa 15 mmHg. Zum Vergleich: Der mittlere Blutdruck im Körperkreislauf beträgt etwa 80 bis 100 mmHg. Das heißt: Das rechte Herz pumpt das Blut gegen einen deutlich geringeren Widerstand durch den Lungenkreislauf als das linke Herz das Blut durch den Körperkreislauf. Durch den pathologisch höheren Widerstand im Lungenkreislauf verdickt sich der Herzmuskel, verliert immer mehr an Elastizität und ist letztlich nicht mehr in der Lage, das notwendige Blutvolumen zu transportieren. Es entwickelt sich eine Rechtsherzinsuffizienz. Im fortgeschrittenen Stadium kann es auch zu Veränderungen von Schilddrüse, Niere und Leber kommen (5).
Wie unterscheidet sich die PAH bei Kindern und Erwachsenen? Bei beiden liegt eine vaskuläre und endotheliale Dysfunktion aufgrund der verdickten Gefäßwände vor. Diese sind bei Kindern oft die einzig feststellbare Anomalie, während bei Erwachsenen noch intimale Fibrosen und Läsionen nachweisbar sind.
Bei Kindern mit komplexen kongenitalen Herzdefekten entwickeln sich die Anomalien sehr schnell. Das proliferierende Gewebe blockiert die kleinen Arteriolen. Der erhöhte pulmonale Widerstand führt dazu, dass Kinder mit PAH öfter an plötzlichem Herztod sterben als Erwachsene. Weiterhin leiden Kinder öfter an akuter pulmonaler Vasoreaktivität, das heißt, die pulmonalen Gefäße reagieren stark auf vasodilatierende Reize, verbunden mit akuten pulmonalen hypertensiven Krisen, zum Beispiel Synkopen.
Insbesondere in den sich noch entwickelnden Lungen eines Kindes schreitet die Erkrankung unterschiedlich schnell fort, im Vergleich zu den voll entwickelten Lungen eines Erwachsenen. Unbehandelt überleben Kinder weniger als ein Jahr, während bei Erwachsenen die durchschnittliche Lebenserwartung bei knapp drei Jahren liegt (6).
Eine PAH liegt vor bei einem erhöhten pulmonal arteriellen Mitteldruck (PAPm) von 25 mmHg und höher in Ruhe (Normalwert < 15 mmHg) bei gleichzeitig normalem pulmonal arteriellen Verschlussdruck (PAWP) ≤ 15 mmHg und einem erhöhten pulmonal-vaskulären Widerstand (PVR) > 240 dyn x s x cm-5 (Normalwert < 150 dyn x s x cm-5). Eine genaue Bestimmung von PAP und PAWP ist mithilfe einer Rechtsherz-Katheterisierung möglich. Die Definition der PAH gilt sowohl für Erwachsene als auch für Kinder und Jugendliche (7-9).
Auch die Klassifikation der PAH gemäß der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) ist für Kinder und Erwachsene identisch (9, Kasten).
Bei Kindern und Jugendlichen treten vor allem die idiopathische PAH, hereditäre Formen und PAH bei einem Herzfehler auf (3).
Zu den angeborenen Herzfehlern gehört zum Beispiel das Eisenmenger-Syndrom bei ausgeprägtem Links-Rechts-Shunt (unphysiologische Verbindung zwischen linkem und rechtem Herz). In der Folge steigt der pulmonale Widerstand. Übersteigt der Blutdruck in der Lunge den des Körperkreislaufs, fließt das Blut in Gegenrichtung durch den Shunt. Es fließt weniger Blut durch die Lunge, das weniger mit Sauerstoff angereichert wird. Die Patienten werden zyanotisch und entwickeln eine Herzinsuffizienz.
Die Symptome der PAH sind unspezifisch und vor allem auf die zunehmende Rechtsherzinsuffizienz zurückzuführen. Die Patienten klagen über Kurzatmigkeit bei körperlicher Belastung, Müdigkeit, körperliche Schwäche, Angina Pectoris und Synkopen. Häufig wird die Diagnose gestellt, wenn der Patient sich von einer Atemwegsinfektion nicht vollständig erholt und das Röntgenbild ein vergrößertes Herz zeigt.
Bei Verdacht auf PAH wird zunächst eine Echokardiografie aufgezeichnet. Hiermit lässt sich auch der systolische PAP abschätzen. Bestätigt sich aufgrund der echografischen Befunde der Verdacht, folgen weiterführende Untersuchungen einschließlich einer Rechtsherz-Katheterisierung, um die Diagnose zu bestätigen und den Schweregrad der hämodynamischen Beeinträchtigung zu ermitteln (7, 9).
Der Schweregrad der PAH wird anhand von klinischen, echokardiografischen und hämodynamischen Befunden ermittelt. Die Einteilung erfolgt aufgrund des Risikos, innerhalb eines Jahres an der Erkrankung zu versterben, in drei Kategorien:
Ziel der Therapie ist es, dass der Patient den Status »geringes Risiko«, also WHO-Klasse I und II erreicht (7, 9).
PAH ist bislang nicht heilbar. Die Therapie zielt deshalb darauf ab, das Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten und die Symptomatik zu verbessern, verbunden mit einer gesteigerten Lebensqualität. Bei Kindern wie bei Erwachsenen besteht die Therapie aus mehreren Komponenten.
Kinder mit PAH können am Schulsport teilnehmen, wenn dies mit dem Kind, den Eltern und Lehrern abgeklärt ist. / Foto: Adobe Stock/shootingankauf
Zu den Allgemeinmaßnahmen zählt bei Mädchen und Frauen im gebärfähigem Alter eine sichere Kontrazeption, da während der Schwangerschaft und der Geburt schwere Komplikationen bei Mutter und Kind auftreten können. Weiterhin wird die Immunisierung gegen Influenza und Pneumokokken empfohlen sowie bei Kindern bis zu zwei Jahren eine Respiratory-syncytial-Virus(RSV)-Prophylaxe, um das Infektionsrisiko zu vermindern.
Übermäßige körperliche Belastungen, die die Symptome verstärken, sollten vermieden werden. Eine Teilnahme am Schulsport ist grundsätzlich möglich, sollte aber individuell mit dem Patienten, der Familie und den Lehrern abgesprochen werden. Flugreisen stellen aufgrund des verminderten Luftdrucks ein erhöhtes Risiko für Patienten mit einer Rechtsherzinsuffizienz dar. In schweren Fällen kann die Gabe von Sauerstoff während des Flugs notwendig sein.
Einige Patienten brauchen eine Sauerstoff-Langzeittherapie. / Foto: Your Photo Today
Unterstützend erhalten Patienten mit Rechtsherzinsuffizienz Diuretika. liegt der Sauerstoffpartialdruck im arteriellen Blut dauerhaft unter 8 kPa (60 mmHg), wird eine Sauerstoff-Langzeitbehandlung empfohlen. Weiterhin ist eine Behandlung mit oralen Antikoagulanzien angezeigt, da das Risiko für eine venöse Thromboembolie aufgrund der Rechtsherzinsuffizienz und der geringen Mobilität der Patienten erhöht ist.
Zudem haben die Patienten häufig eine Eisenmangel-Anämie, die korrigiert werden sollte (3, 7).
Für die Therapie der PAH sind Arzneistoffe mehrerer Wirkstoffklassen zugelassen (3, 4, 9). Ziel der spezifischen pulmonalen Vasodilatanzien ist es, den pulmonalen Druck zu senken, die rechtsventrikuläre Nachlast zu reduzieren und dadurch die begleitende Rechtsherzinsuffizienz zu verbessern beziehungsweise zu vermeiden. Eingesetzt werden Calciumkanal-Antagonisten, Endothelinrezeptor-Antagonisten, Phosphodiesterase-Hemmer vom Typ 5 und Prostanoide. Bei den Guanylatzyklat-Stimulatoren wie Riociguat und Prostacyclinrezeptor-Agonisten wie Selexipag handelt es sich um neuere Wirkstoffklassen (Tabelle 1).
Arzneistoffe | Dosierung (pro Tag) | Zugelassene Indikation |
---|---|---|
Calciumkanal-Antagonisten | ||
Nifedipin | initial: 2 x 30 mg, Zieldosis: 120 bis 240 mg | IPAH, HPAH und Medikamenten-induzierte PAH |
Diltiazem | initial: 3 x 60 mg, Zieldosis: 240 bis 720 mg | IPAH, HPAH und Medikamenten-induzierte PAH |
Amlodipin | initial: 1 x 2,5 mg, Zieldosis: 1 x 10 bis 20 mg | IPAH, HPAH und Medikamenten-induzierte PAH |
Endothelinrezeptor-Antagonisten | ||
Bosentan | initial: 2 x 62,5 mg über vier Wochen, Zieldosis: 2 x 125 mg | WHO-Klasse II und III: IPAH, HPAH, PAH assoziiert mit angeborenen Herzfehlern und Eisenmenger-Physiologie, sekundäre PAH assoziiert mit Sklerodermie |
Ambrisentan | initial: 1 x 5 mg, Zieldosis: 1 x 10 mg | WHO-Klasse II und III: IPAH, sekundäre PAH (Bindegewebserkrankung) |
Macitentan | 1 x 10 mg | WHO-Klasse II und III: IPAH, HPAH, PAH assoziiert mit angeborenen Herzfehlern, sekundäre PAH (Bindegewebserkrankung) |
Phosphodiesterase-Hemmer Typ 5 | ||
Sildenafil | 3 x 20 mg | WHO-Klasse II und III: IPAH, sekundäre PAH (Bindegewebserkrankung) |
Tadalafil | 1 x 40 mg | |
Prostanoide | ||
Epoprostenol | intravenöse Infusion: initial: 2 ng/kg/min, maximal: 20 bis 40 ng/kg/min | WHO-Klasse III und IV: IPAH, HPAH, sekundäre PAH (Bindegewebserkrankung) |
Iloprost | Inhalation: initial: 6 x 2,5 µg, Zieldosis: 6 bis 9 x 5 µg | WHO-Klasse III: Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Symptomatik |
Trepostinil | subkutane Infusion: initiale Infusionsrate: 1,25 ng/kg/min, Erhaltungsdosis: 42 ng/kg/min | WHO-Klasse III: Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Symptomatik bei IPAH und HPAH |
Guanylatzyklase-Stimulator | ||
Riociguat | initial: 3 x 1 mg, maximale Erhaltungsdosis: 3 x 2,5 mg | WHO-Klasse II und III: IPAH, HPAH, sekundäre PAH (Bindegewebserkrankung) |
Prostacyclinrezeptor-Agonist | ||
Selexipag | initial: 2 x 200 µg, maximale Erhaltungsdosis: 2 x 1600 µg | WHO-Klasse II und III: IPAH, HPAH, PAH assoziiert mit angeborenen Herzfehlern, sekundäre PAH (Bindegewebserkrankung) |
Tabelle 1: Arzneistoffklassen zur Behandlung der PAH bei Erwachsenen; Dosierung pro Tag und peroral, wenn nicht anders angegeben
Die hoch dosierte Gabe von Calciumkanal-Antagonisten wird bei Patienten mit IPAH, HPAH und Medikamenten-induzierter PAH eingesetzt, die bei Gabe einer Testdosis von Stickstoffmonoxid oder alternativ Epoprostenol mit einer Senkung des pulmonalen Drucks und des pulmonalen vaskulären Widerstands um mindestens 20 Prozent reagieren. Dies ist bei etwa 5 Prozent der Patienten der Fall. Nifedipin, Diltiazem und Amlodipin senkten in Studien den pulmonalen Druck sowie den pulmonalen vaskulären Widerstand fast auf Normalwerte und verlängerten die Lebenserwartung der Patienten (10, 11).
Abhängig von der Herzfrequenz werden Nifedipin und Amlodipin eher bei Patienten mit einer relativen Bradykardie und Diltiazem bei tachykarden Patienten eingesetzt. Dosislimitierende Nebenwirkungen sind meist niedriger Blutdruck und Ödeme in den unteren Extremitäten.
Die Aktivierung des Endothelin-Systems kann sowohl im Plasma als auch im Lungengewebe von PAH-Patienten nachgewiesen werden. Sie scheint eine wichtige Rolle in der Pathogenese der Erkrankung zu spielen. Endothelin-1 hat im Lungengewebe vasokonstriktorische und mitogene Effekte (13). Mit Bosentan, Ambrisentan und Macitentan sind drei Endothelinrezeptor-Antagonisten für die Behandlung der PAH zugelassen.
Bosentan, der erste zugelassene Arzneistoff, hat eine duale Hemmwirkung auf die Endothelin-Rezeptoren Typ A und B (ERA/B). In den klinischen Studien verbesserte Bosentan die körperliche Belastbarkeit, gemessen im Sechs-Minuten-Gehtest, verringerte den pulmonal-arteriellen Mitteldruck und den pulmonal-vaskulären Widerstand (PAP und PVR), verbesserte die Herzleistung und verlängerte die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung sowie die WHO-Klasse (9, 14).
Macitentan, ebenfalls ein dualer Endothelinrezeptor-Antagonist, penetriert besser das Gewebe und bindet im Vergleich zu Bosentan länger am Rezeptor. Macitentan reduzierte signifikant das Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko um 45 Prozent im Vergleich zu Placebo, vor allem indem es das klinische Fortschreiten der Erkrankung verzögerte. Auch die körperliche Belastbarkeit verbesserte sich. Der klinische Erfolg war unabhängig davon, ob der Patient zuvor bereits behandelt wurde (9, 15).
Ambrisentan bindet mit hoher Affinität an den Endothelinrezeptor Typ A. In den placebokontrollierten Studien zeigte Ambrisentan eine vergleichbare Wirksamkeit in Hinblick auf Parameter wie körperliche Belastbarkeit, WHO-Klasse, hämodynamische Parameter und Fortschreiten der klinischen Symptomatik.
Wichtig bei Abgabe in der Apotheke ist der Hinweis auf die empfohlene monatliche Kontrolle der Leberenzymwerte. Vor allem bei Bosentan können dosisabhängig erhöhte Leberenzymwerte auftreten, die sich bei Verringerung oder Absetzen der Medikation in der Regel wieder normalisieren. Der Wirkstoff ist bei Patienten mit schwereren Leberfunktionsstörungen kontraindiziert.
Eine sichere Verhütung ist für alle Frauen mit PAH angezeigt. Nicht immer schützt die hormonelle Variante ausreichend. / Foto: Adobe Stock/thingamajiggs
Für alle drei Arzneistoffe gilt weiterhin, dass die Einnahme aufgrund der teratogenen Wirkung während der Schwangerschaft kontraindiziert ist. Wichtig ist deshalb auch der Hinweis, einmal pro Monat einen Schwangerschaftstest zu machen und eine sichere Verhütung anzuwenden. Da Bosentan die Plasmaspiegel von über CYP3A4 verstoffwechselten hormonellen Kontrazeptiva vermindert, müssen Patientinnen unter diesem Wirkstoff zusätzlich verhüten. Weiterhin können unter ER-Antagonisten verringerte Hämoglobinwerte und periphere Ödeme gehäuft auftreten (9, 14, 16).
Bei PAH wird vermindert Stickstoffmonoxid aus dem Gefäßendothel freigesetzt, einhergehend mit einer verringerten Konzentration an zyklischem Guanosinmonophosphat (cGMP) in der glatten Lungengefäßmuskulatur. Die Hemmung des Enzyms Phosphodiesterase Typ 5 (PDE 5) erhöht die Konzentration von cGMP; dadurch erweitern sich die Lungengefäße.
Derzeit sind Sildenafil und Tadalafil für die Behandlung der PAH zugelassen. Beide verbesserten in den klinischen Studien Ausdauer, Hämodynamik und die klinische Symptomatik. Ein signifikanter Effekt auf die Mortalität wurde nicht beobachtet. Ein Vorteil von Tadalafil gegenüber Sildenafil ist die einmal gegenüber dreimal tägliche Einnahme, wobei Sildenafil in einer Metaanalyse einen etwas stärkeren Effekt gezeigt hat. Aufgrund der vasodilatierenden Wirkungen können Kopfschmerzen, Flush und Nasenbluten auftreten (9, 18, 19).
Im Juli 2018 wurde in den Niederlanden eine Studie mit Sildenafil bei Schwangeren nach dem Tod von 19 Babys abgebrochen. In der Studie war untersucht worden, ob die gefäßerweiternde Substanz durch eine verbesserte Plazentadurchblutung die schweren Wachstumsstörungen vermindert, die bei allen Föten vorlagen (1).
Elf der verstorbenen Babys litten an Lungenkrankheiten, insbesondere an Lungenbluthochdruck. Zur Todesursache der anderen acht Babys aus der Sildenafil-Gruppe wurden keine Angaben gemacht. Sechs weitere Neugeborene aus der Versuchsgruppe hatten ebenfalls Lungenprobleme, überlebten jedoch.
In der Placebo-Vergleichsgruppe mit insgesamt 90 Frauen starben neun Kinder, keines jedoch an Lungenproblemen. Drei der Babys, die überlebten, hatten auch Lungenkrankheiten. Was genau zum Tod der Babys geführt hat, muss noch untersucht werden.
Während PDE-5-Hemmer cGMP hemmen, erhöhen Guanylatzyklat-Stimulatoren wie Riociguat die cGMP-Produktion. In Tierversuchen wurde auch ein antiproliferativer Effekt festgestellt. Als Monotherapie oder in Kombination mit ER-Antagonisten oder Prostanoiden verbesserte Riociguat die körperliche Belastbarkeit, die hämodynamischen Parameter, die WHO-Klasse und die Dyspnö und verlängerte die Zeit bis zur klinischen Verschlechterung. Aufgrund der Relaxation der glatten Muskelzellen in den Gefäßen oder im Gastrointestinaltrakt können unter anderem Synkopen, Kopfschmerzen, Schwindel, Dyspepsie, periphere Ödeme, Übelkeit, Diarrhö und Erbrechen während der Behandlung auftreten. Bei einigen Patienten kam es zu schweren Lungenblutungen.
Die gleichzeitige Gabe von Riociguat mit PDE-5-Hemmern beziehungsweise Nitraten ist aufgrund der additiven Blutdrucksenkung kontraindiziert (9, 20).
Die verringerte Synthese von Prostacyclin in den Pulmonalarterien spielt bei der PAH-Pathogenese ebenfalls eine wichtige Rolle. Prostacyclin wird vorwiegend in den Endothelzellen produziert und ist ein starker Vasodilatator sowie Thrombozytenaggregationshemmer. Zudem scheint es zytoprotektiv und antiproliferativ zu wirken. Prostacyclin-Analoga wirken pharmakologisch wie die endogene Substanz, sind jedoch aufgrund der verbesserten Pharmakokinetik therapeutisch einsetzbar. Derzeit sind Epoprostenol, Treprostinil und Iloprost für die PAH-Therapie zugelassen (9). (Tabelle 1)
Epoprostenol wird aufgrund seiner kurzen Halbwertszeit von drei bis sechs Minuten als intravenöse Infusion verabreicht. In den klinischen Studien war es bei schwerer PAH WHO-Klasse III und IV wirksam und verbesserte die körperliche Belastbarkeit, Symptome wie Dyspnö sowie die hämodynamischen Parameter wie PAP, PVR und die Herzleistung auch langfristig. Zudem ist es derzeit die einzige Therapie, die in einer klinischen Studie die Mortalität bei PAH-Patienten signifikant senken konnte. Kopfschmerzen, Flush, Diarrhö und Kieferschmerzen können auftreten (9, 21, 22).
Treprostinil, ein stabileres Epoprostenol-Analogon, kann subkutan infundiert werden. Wie Epoprostenol verbessert es bei schwerer PAH die körperliche Belastbarkeit, Symptome wie Dyspnö sowie die hämodynamischen Parameter. Dosislimitierende Nebenwirkungen sind neben lokalen Reaktionen an der Infusionsstelle auch Kopfschmerzen und Flush (9, 26).
Iloprost, dass mithilfe spezieller Verneblersysteme inhaliert wird, ist ebenso wirksam bei schwerer PAH. Das Nebenwirkungsprofil ähnelt dem von Epoprostenol (9, 27).
Selexipag, ein selektiver oraler Prostacyclin (Prostaglandin I2, IP)-Rezeptor-Agonist, sowie sein aktiver Metabolit wirken vasodilatierend und hemmen Zellproliferation und Fibrose. Selexipag reduzierte in klinischen Untersuchungen signifikant das Fortschreiten der Erkrankung sowie PAH-bedingte Krankenhausaufenthalte. Die Mortalität wurde nicht signifikant reduziert. Kopfschmerzen, Diarrhö, Übelkeit und Erbrechen, Kieferschmerzen, Myalgie, Arthralgie und Flush können auftreten. Bei Patienten mit Herzerkrankungen ist der Arzneistoff kontraindiziert.
Selexipag ist derzeit zugelassen als Zweitlinientherapie in Kombination mit ER-Antagonisten oder PDE-5-Inhibitoren oder als Monotherapie, wenn diese nicht infrage kommen (9, 23).
Kombinationstherapien sind bislang Patienten vorbehalten, bei denen eine initiale Monotherapie keine ausreichende Besserung bringt. Die Kombination von Arzneistoffen mit verschiedenen Wirkungsmechanismen, zum Beispiel Sildenafil und Epoprostenol oder Tadalafil und Bosentan, scheint die körperliche Belastbarkeit und die Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung stärker zu verbessern. Auch Selexipag in Kombination mit ER-Antagonisten oder PDE-5-Inhibitoren reduzierte signifikant das Fortschreiten der Erkrankung sowie PAH-bedingte Krankenhausaufenthalte und verbesserte die körperliche Belastbarkeit (9, 28).
Inwiefern eine initiale Kombinationstherapie einer Monotherapie überlegen ist, wird derzeit diskutiert. So war eine initiale Kombination von Ambrisentan und Tadalafil den jeweiligen Monotherapien signifikant überlegen und reduzierte klinische Verschlechterungen um 50 Prozent (29).
Für Kinder und Jugendliche gibt es aktuell nur zwei zugelassene Therapieoptionen: Bosentan und Sildenafil (Tabelle 2).
Arzneistoffe | Dosierung (pro Tag) | Indikation |
---|---|---|
Calciumkanal-Antagonist | ||
Amlodipin | 0,1 bis 0,5 mg/kg in 1 bis 2 Einzeldosen | nicht zugelassener (off label) Einsatz bei IPAH/HPAH |
Endothelinrezeptor-Antagonist | ||
Bosentan | ab 1 Jahr, 2 x 2 mg/kg KG | WHO-Klasse II und III: IPAH, HPAH, PAH assoziiert mit angeborenen Herzfehlern und Eisenmenger-Physiologie, sekundäre PAH assoziiert mit Sklerodermie |
Phosphodiesterase-Hemmer Typ 5 | ||
Sildenafil | ab 1 Jahr, KG 8 bis 20 kg: 3 x 10 mg, KG > 20 kg: 3 x 20 mg | Primäre PAH, PAH assoziiert mit angeborenen Herzerkrankungen |
Tabelle 2: Arzneistoffe zur Behandlung der PAH bei Kindern; KG: Körpergewicht
Therapieempfehlungen beruhen vielfach auf der Extrapolation von klinischen Daten bei Erwachsenen und wenig auf prospektiven klinischen Studien an Kindern und Jugendlichen.
Die Wirksamkeit und Verträglichkeit der pädiatrischen Bosentan-Formulierung (Tracleer® 32 mg) sind klinisch belegt. Bosentan verbesserte die klinische Symptomatik; die Nebenwirkungen waren vergleichbar mit denen, die bei Erwachsenen auftraten. Die Plasmakonzentrationen waren bei den Kindern im Alter von einem bis zu 15 Jahren im Durchschnitt circa 50 Prozent niedriger als bei Erwachsenen. Eine Steigerung der Dosis auf mehr als 4 mg pro kg Körpergewicht erhöhte die Exposition nicht. Retrospektive Langzeitbeobachtungen bei Kindern mit PAH unter drei Jahren deuten darauf hin, dass die Therapie mit Bosentan zu einem längeren Überleben führt.
Vorteil der speziellen Formulierung: Die Bruchrillen der kleeblattförmigen Tablette ermöglichen eine bessere Anpassung der Dosis. Das Auflösen der Tablette mit Wasser auf einem Löffel erleichtert die Einnahme gerade bei kleineren Kindern (5, 17).
Sildenafil, 10 bis 80 mg dreimal täglich, verbesserte die körperliche Belastbarkeit, die WHO-Klasse sowie die hämodynamischen Parameter wie PAP, PVR und Herzleistung in einer Studie mit Kindern und Jugendlichen. Wirksam zeigten sich hier die mittlere und hohe Dosis. In der angeschlossenen Langzeitbeobachtung hatten Patienten mit höheren Sildenafil-Dosen im Vergleich zu Patienten mit niedrigeren Dosen jedoch ein erhöhtes Mortalitätsrisiko. Deshalb sollte die in der Fachinformation empfohlene Dosierung von dreimal täglich 10 oder 20 mg in Abhängigkeit vom Körpergewicht nicht überschritten werden (24, 25).
Weiterhin wird Amlodipin aufgrund der positiven Ergebnisse bei Erwachsenen auch bei Kindern off label eingesetzt (3, 12).
Derzeit befinden sich einige neue Arzneistoffe in der klinischen Entwicklung (30). Ralinepag ist ein neuer selektiver Prostacyclinrezeptor-Agonist. Zusätzlich zu ER- oder PDE-5-Inhibitoren gegeben, zeigte er neben einem positiven Effekt auf die Hämodynamik auch eine Reduktion des Mortalitätsrisikos in einer ersten Studie an PAH-Patienten (31). Aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse wird Ralinepag derzeit in größeren Studien untersucht.
Esuberaprost ist ein Isomer von Beraprost, einem chemisch stabilen Prostacyclinrezeptor-Agonisten, der oral gegeben werden kann. Beraprost wurde aufgrund mangelnder klinischer Wirksamkeit in Europa und USA nicht zugelassen und befindet sich nur in Japan auf dem Markt. Esuberaprost in einer modifizierten Freisetzungsformulierung muss viermal täglich eingenommen werden. Mit Ergebnissen, ob das Isomer eine bessere Wirksamkeit in Kombination mit inhalativ verabreichten Treprostinil zeigt, ist noch 2019 zu rechnen (9, 30).
Einzig das oral gegebene Methylbardoxolon hat einen neuartigen Wirkmechanismus. Der Arzneistoff aktiviert Nrf2 und unterdrückt NF-κB; beide Transkriptionsfaktoren aktivieren Gene, die bei der Pathophysiologie der PAH eine Rolle spielen. Methylbardoxolon bewirkt unter anderem eine vermehrte Produktion von antioxidativen Proteinen und reduziert dadurch den oxidativen Stress in den Zellen, unterdrückt die Synthese von Entzündungsmediatoren, normalisiert die mitochondriale Funktion, erhöht die Verfügbarkeit von NO und unterdrückt die vaskuläre Proliferation. Während die bislang eingesetzten Therapeutika primär an den glatten Muskelzellen angreifen, wirkt Methylbardoxolon auch an den Endothelialzellen und Makrophagen.
In einer Dosisfindungsstudie mit einer kleinen Patientengruppe mit verschiedenen Formen der PAH der Klassen II und III wurde Methylbardoxolon zusätzlich zu einer Basistherapie mit PDE-5- oder ER-Antagonisten eingesetzt. Die Substanz verbesserte signifikant die körperliche Belastbarkeit und verringerte die Anzahl der Krankenhausaufenthalte im Vergleich zu Placebo. Zudem verbesserte sich langfristig die Nierenfunktion der Patienten, die als wichtiger Indikator für die langfristige Prognose gilt. Studien haben gezeigt, dass ein Abfall der Nierenfunktion mit einem Anstieg der Mortalität einhergeht. Insgesamt wurde Methylbardoxolon gut vertragen. Aufgrund der positiven Ergebnisse werden Wirksamkeit und Langzeitverträglichkeit in einer größeren Studie weiter untersucht (30, 32, 32).
Wichtig: Einige der neueren bislang nur für Erwachsene zugelassenen Arzneistoffe wie Tadalafil, orales Treprostinil, Macitentan, Selexipag und Riociguat werden derzeit in klinischen Studien an Kindern untersucht. Dies gibt Anlass zur Hoffnung, dass auch für Kinder und Jugendliche in Zukunft mehr zugelassene Therapieoptionen zur Verfügung stehen. Mit ersten Ergebnissen ist 2020 zu rechnen (30). /
Literatur bei der Verfasserin
Bettina Wick-Urban studierte Pharmazie an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg. Nach ihrer Promotion 1996 in Basel und Freiburg mit einer Arbeit über experimentelle Krebstherapien arbeitete sie bis 1998 als Referentin bei der Arzneimittelinformationsstelle der ABDA. Danach wechselte sie in die pharmazeutische Industrie und war von 1999 bis 2004 in der klinischen Forschung tätig, davon zwei Jahre in den USA. Seit 2004 ist die Autorin in verschiedenen Positionen im Marketing und in der medizinisch-wissenschaftlichen Information beschäftigt. Mitte 2006 schloss sie ein Journalismus-Studium ab.