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Aktinische Keratosen

Erstes Pflaster für Lichttherapie

29.05.2012  17:09 Uhr

Von Sven Siebenand, Frankfurt am Main / Aktinische Keratosen gelten als Frühform des Plattenepithelkarzinoms. Für deren Behandlung gibt es verschiedene Therapieoptionen, unter anderem die photodynamische Therapie. Für die Photosensibilisierung können Hautärzte auch ein Pflaster mit 5-Aminolävulinsäure einsetzen.

Fast 200 000 Menschen in Deutschland erkranken pro Jahr neu an Hautkrebs. Glücklicherweise tritt der besonders bösartige, sogenannte Schwarze Hautkrebs deutlich seltener auf, als die hellen Hautkrebsformen, das Basalzellkarzinom und das Plattenepithelkarzinom. »Die aktinische Keratose stellt ein Plattenepithelkarzinom der Epidermis in situ dar«, erklärte Dr. Stephan Lischner bei einer Presseveranstaltung von Spirig Pharma in Frankfurt am Main. Der Dermatologe aus Kiel informierte, dass diese sich als raue, schuppende Maculae, Papeln oder Plaques manifestieren, die hautfarben bis rötlich oder rötlich-braun erscheinen. UV-Licht wird als deren Hauptursache angesehen.

Der Hautarzt hat die Wahl zwischen physikalischen und medikamentösen Behandlungsverfahren. Zur ersten Gruppe zählt die Vereisung von Läsionen mit flüssigem Stickstoff (Kryotherapie) und die mechanische Abtragung der Hautveränderungen (Kürettage). Medikamentös kommen topische Therapien mit Diclofenac, 5-Fluorouracil (5-FU) oder Imiquimod zum Einsatz.

 

Keine Kassenleistung

 

Als Zwitterform zwischen physikalischen und medikamentösen Verfahren bezeichnete Lischner die photodynamische Therapie (PDT). Sie basiert auf der selektiven Zerstörung von epithelialen Hauttumorzellen. Hierbei werden die Zellen mithilfe einer photosensibilisierenden Substanz aktiviert und anschließend mit Rotlicht bestrahlt. Zum Beispiel 5-Aminolävulinsäure (5-ALA) kann hierfür zum Einsatz kommen. Sie reichert sich in den Zellen des Tumorgewebes an und wird dort zum Photosensibilisator Protoporphyrin IX (PPIX) umgewandelt. Bei Bestrahlung mit Rotlicht entstehen in Anwesenheit von Sauerstoff reaktive Sauerstoff-Spezies, vor allem Singulett-Sauerstoff, die zytotoxische Effekte besitzen. Das führt zur Apoptose und Nekrose der malignen Zellen.

 

Wie Professor Dr. Rolf-Markus Szeimies aus Recklinghausen darstellte, liegt für den Einsatz der PDT hohe Evidenz vor. Zudem zeigten Untersuchungen, dass die PDT bei der Behandlung aktinischer Keratosen im Vergleich zur Chirurgie, Kryotherapie und 5-FU ein besseres kosmetisches Ergebnis erzielt. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für dieses Verfahren allerdings nicht.

 

Seit November 2011 ist zusätzlich zu den bisher zugelassenen Substanzen ein Pflaster für die PDT bei aktinischen Keratosen zugelassen (Alacare® 8 mg wirkstoffhaltiges Pflaster). Jedes 4 cm2 großes Pflaster enthält 8 mg 5-ALA. Pro Sitzung kann der Arzt bis zu sechs Pflaster applizieren. Die Substanz penetriert aus dem Pflaster in die Haut. Nach einer Wartezeit von vier Stunden werden die Läsionen bestrahlt. Szeimies stellte zulassungsrelevante Studien und die Ergebnisse einer Metaanalyse aus sechs Studien mit mehr als 1200 Patienten vor. Demnach sei eine PDT mit dem Pflaster genauso effektiv wie zwei Sitzungen einer PDT auf der Basis des Methylesters von 5-ALA, der zweiten gängigen Substanz für die PDT bei aktinischen Keratosen. Als Vorteile stellten beide Referenten die leichte Durchführung der PDT in der Praxis und Klinik heraus. Erstens könne bei dem Pflasterpräparat weitgehend auf eine Vorbehandlung durch Kürettage verzichtet werden, zweitens sei durch die Lichtundurchlässigkeit des Pflasters ein Okklusivverband nicht mehr notwendig und drittens werde eine exakte Dosierung von 5-ALA sichergestellt. Die Pflaster gehören allerdings in die Hände eines Arztes. Von der Applikation durch den Patienten zu Hause, hielten Lischner und Szeimies gar nichts.

 

Johanniskraut absetzen

 

Da Hypericin die durch die PDT induzierten phototoxischen Reaktionen verstärken kann, sollten Patienten Johanniskrautpräparate zwei Wochen vor der PDT mit Alacare absetzen. Als allgemeine Vorsichtsmaßnahme müssen Patienten behandelte sowie umliegende Hautbereiche für etwa 48 Stunden nach der Behandlung vor Sonnenlicht schützen.

 

Szeimies informierte ferner, dass sich noch weitere Präparate zur Behandlung aktinischer Keratosen in der Entwicklung befinden. Dazu zählen dem Mediziner zufolge ein Ingenol-haltiges Präparat (lesen Sie dazu Hautkrebs: Wolfsmilchsaft gegen Präkanzerosen, PZ 15/2012) sowie ein nur 3,75-prozentiges und damit möglicherweise besser verträgliches Imiquimod-Präparat. / 

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