»Wir wollen keine Apotheke light« |
30.05.2011 18:30 Uhr |
Von Daniel Rücker, Meran / Das Apothekenthema der nächsten Wochen und Monate dürfte die Apothekenbetriebsordnung werden. Seit das Bundesgesundheitsministerium Eckpunkte vorgestellt hat, ist die Diskussion darum eröffnet. Den Vorstellungen der Apotheker räumte die Präsidentin der Bundesapothekerkammer (BAK), Erika Fink, einigen Platz ein in ihrer Eröffnungsrede zum Pharmacon Meran.
Auf drei Punkte lassen sich die Forderungen der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände verdichten: Die Versorgungsqualität soll verbessert, die flächendeckende Versorgung durch Präsensapotheken soll gestärkt werden und die dafür notwendigen Regelungen müssen für die Apotheker praktikabel und zumutbar sein, fasste Fink die Stellungnahme der Spitzenorganisation der deutschen Apotheker zusammen.
BAK-Präsidentin Erika Fink vermisst bei den Eckpunkten zur Apothekenbetriebsordnung eine klare Linie des Bundesgesundheitsministeriums.
Foto: PZ/Müller
Um diese Wünsche zu erfüllen, müsste das Bundesgesundheitsministerium (BMG) an seine Eckpunkte allerdings noch einmal Hand anlegen. Die BAK-Präsidentin vermisst hier eine klare Linie des Ministeriums. Der erste Eindruck, das Ministerium wolle die Eigenverantwortung des Apothekers stärken, halte einem zweiten – genaueren – Blick nicht stand, so Fink. In einigen Bereichen, etwa der Herstellung steriler Parenteralia nach dem EU-GMP-Leitfaden, würden die Maßstäbe sehr hoch angelegt. In anderen Bereichen sollten unter dem Begriff »Bürokratieabbau« Mindeststandards für eine sichere Arzneimittelversorgung der Bevölkerung aufgegeben werden.
In diese Kategorie gehört für Fink die vereinfachte Genehmigung von Rezeptsammelstellen und damit Pick-up-Stationen. Das Eckpunktepapier sieht hier eine Genehmigung ohne Bedarfsprüfung vor. Auch soll es Apotheken erlaubt werden, Rezeptsammelstellen in Gewerbebetrieben zu eröffnen. Gesprächsbedarf sieht die BAK-Präsidentin auch bei den Regelungen für Filialverbünde. Nach den Vorstellungen des BMG sollen in Zukunft Labor, Rezeptur sowie Nacht- und Notdienst auf eine Betriebsstätte konzentriert werden dürfen. Mit diesen Regelungen werde das Ministerium seinem Ziel, mit der Apothekenbetriebsordnung die Versorgung der Patienten im Nahbereich der Apotheke zu verbessern, nicht näher kommen, sagte Fink. Für die Apotheker sei klar: »Wir wollen keine Apotheke light. Wir wollen, dass alle Apotheken Vollversorger bleiben.«
Keine Weltuntergangsszenarien
Weltuntergangsszenarien wegen der Apothekenbetriebsordnung mochte Fink allerdings nicht beschwören. »Ein Eckpunktepapier ist noch kein Verordnungsentwurf und nur ein solcher ist für eine Detaildiskussion wirklich geeignet.« Die BAK-Präsidentin geht davon aus, dass sich das Ministerium der Argumente der ABDA annimmt und sie in Ruhe abwägt.
Deutlich unzufrieden zeigte sich Fink über die Forderung der Industrie, die Anforderungen an die Herstellung von Rezepturen in öffentlichen Apotheken zu verschärfen. Sie solle nur noch erlaubt werden, wenn kein geeignetes Fertigarzneimittel zur Verfügung steht, so die Pharmahersteller. Für sterile Zubereitungen wünscht sich die Industrie den EU-GMP-Leitfaden als Maßstab auch in der Apotheke.
Fink hält davon nichts. Rezepturen aus der Apotheke seien für manche Patienten unverzichtbar, weil hier individuell auf bestimmte Hilfsstoffe verzichtet werden könne. Viele Patienten profitierten auch im Genesungsprozess davon, wenn ein Rezepturarzneimittel eigens für sie hergestellt werde. Ebenso wenig hält Fink von der Forderung nach GMP für sterile Zubereitungen. Die Leitlinien der Bundesapothekerkammer reichten vollständig aus. Dies habe zu Jahresbeginn der Europarat in einer Resolution bestätigt. Und nicht zuletzt widerspreche die Forderung der Industrie auch dem Ziel des BMG, die Nahversorgung der Patienten zu verbessern. Würde GMP Pflicht, hätte dies eine Konzentration steriler Zubereitungen auf wenige Großbetriebe zur Folge. Finks Fazit fällt eindeutig aus: »Es gibt für mich keinen Grund, an der Rezeptur zu rütteln. Wir Apotheker machen viel zu ihrer Qualitätssicherung.«
Interesse an ABDA-KBV-Konzept
Um Qualität geht es beim gemeinsamen Versorgungskonzept von ABDA und Kassenärztlicher Bundesvereinigung. Über dessen zentralen Bestandteil, das Medikationsmanagement auf der Basis eines Medikationskatalogs, wollen Apotheker und Ärzte die Compliance der Patienten verbessern und Arzneimittelrisiken verringern. Zielgruppe des Programms sind die fast 7 Millionen Menschen in Deutschland, die täglich mehr als fünf Arzneimittel einnehmen müssen. Neben der besseren Versorgung der Patienten biete das ABDA-KBV-Konzept den Krankenkassen auch noch erhebliche Einsparungen, sagte Fink. Auf mehr als 2 Milliarden Euro bezifferte sie diese. Die Politik sei an dem Konzept interessiert. Fink: »Der neue Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr hat ABDA und KBV aufgefordert, das Konzept in die Vorbereitung des GKV-Versorgungsgesetzes einzubringen.« /