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Rhapontikrhabarber

Kandidat bei Wechseljahresbeschwerden

08.05.2008  16:28 Uhr

Rhapontikrhabarber

Kandidat bei Wechseljahresbeschwerden

Von Bettina Sauer

 

Ein Extrakt aus den Wurzeln des Rhapontikrhabarbers lindert Wechseljahresbeschwerden und wird von Frauen gut vertragen. Das belegt eine klinische Studie. Auch zum molekularen Wirkmechanismus liegen Erkenntnisse vor.

 

Seit Langzeitstudien unter einer Hormontherapie ein erhöhtes Risiko für Thromboembolien sowie Mamma- und Endometriumkarzinome belegten, gewinnen pflanzliche Präparate bei der Behandlung von Wechseljahresbeschwerden an Bedeutung. Ein möglicher Kandidat, der Extrakt ERr 731, stammt aus den Wurzeln des Rhapontikrhabarbers (Rheum rhaponticum) und befindet sich seit 1993 in Deutschland auf dem Markt. Als wirksame Inhaltsstoffe gelten die Hydroxystilbene Rhaponticin und Desoxyrhaponticin sowie ihre Aglyka Rhapontigenin und Desoxyrhapontigenin.

 

Die molekularen Wirkmechanismen dieser Substanzen sind noch nicht vollständig bekannt. Aufschluss liefert eine Studie, die Forscher um Professor Dr. Günter Vollmer von der Technischen Universität Dresden 2007 im »Journal of steroid biochemistry and molecular biology« veröffentlichten. Demnach aktivieren der Gesamtextrakt und seine Inhaltsstoffe in verschiedenen Zellsystemen den Estrogenrezeptor-β. Hingegen übten sie in den Zellkulturen keinen Einfluss auf den Estrogenrezeptor-α aus, der für die estrogenvermittelte Entstehung von Mammakarzinomen und endometrialen Veränderungen verantwortlich gemacht wird. Möglicherweise trägt die selektive Rezeptoraktivierung aber nicht nur zu einer guten Verträglichkeit von ERr 731 bei, sondern auch zur Wirksamkeit gegen Wechseljahresbeschwerden.

 

Beides belegt eine erste klinische Studie, die 2006 im Fachjournal »Menopause« erschienen ist. Die 109 Teilnehmerinnen  befanden sich im Alter zwischen 45 und 55 Jahren, hatten seit mindestens drei und höchstens zwölf Monaten eine unregelmäßige oder ausbleibende Periode und litten an Wechseljahresbeschwerden.  Um letztere zu bestimmen, diente der »Menopause Rating Scale« II (MRS II), der elf typische Wechseljahressymptome umfasst. Dazu zählen unter anderem Hitzewallungen und Schwitzen, Herzbeschwerden, Schlafstörungen, Erschöpfungserscheinungen, depressive Verstimmungen, Reizbarkeit und Ängstlichkeit. Jedes einzelne Symptom wird auf einer Skala von 0 bis 5 bewertet, wobei letzteres der höchstmöglichen Intensität entspricht. 

 

Die Teilnehmerinnen wurden in zwei etwa gleich große Gruppen randomisiert und erhielten zwölf Wochen lang einmal täglich Placebo oder Tabletten, die 4 mg ERr 731 enthielten. In diesem Zeitraum vermochte es der Extrakt, den totalen MRS-Score von rund 34 (+/- 5,6) auf rund 13,5 (+/- 6,3) zu senken. Auch einzeln betrachtet verringerten sich sämtliche Symptome des MRS II deutlich. Ferner besserte sich während des Zeitraums die Lebensqualität, die die Teilnehmerinnen täglich mithilfe spezieller Fragebögen dokumentierten.

 

Weder MRS-II- noch Lebensqualitätsparameter veränderten sich unter Placebo. ERr 731 erwies sich in der Studie als gut verträglich. So berichteten die Frauen in der Verumgruppe ähnlich selten über Nebenwirkungen wie in der Placebogruppe. Keine Unterschiede zeigten sich ferner bei den ärztlichen Untersuchungen zu Beginn und am Ende des Versuchszeitraums. Diese umfassten unter anderem gynäkologische Abstriche, endometriale Biopsien, Mammografien, Blutdruckmessungen, Gewichtsbestimmungen und verschiedene Laborwerte. Die Forscher bewerten die Daten in der Diskussion als vielversprechend und kündigen die Durchführung weiterer klinischer Studien an.

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