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Unternehmensethik

Harsche Kritik an Novo Nordisk

07.05.2008  12:50 Uhr

Unternehmensethik

Harsche Kritik an Novo Nordisk

Von Uta Grossmann

 

Der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk ist in die Kritik geraten, weil er Ärzten Geldgeschenke anbietet, wenn sie Insulinanaloga der Firma verschreiben. Die Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie hat ein Beanstandungsverfahren eingeleitet.

 

Die Pharmafirma Novo Nordisk bietet Ärzten vertraglich fixierte Geldzahlungen an, wenn sie zwei ihrer Analoginsuline an 100 Patienten verschreiben. Dafür erhalten die Ärzte 10.000 Euro. Das Ganze ist als Forschungsvorhaben deklariert, mit dem der Hersteller angeblich valide Daten zu Wirksamkeit, Effektivität und Sicherheit seiner Produkte gewinnen möchte.

 

Die Spitzenverbände der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Verbraucherzentrale Bundesverband sehen das anders und kritisierten diese Form des »Direktmarketings beim Arzt« scharf. Ein solches Vorgehen sei »in höchstem Maße unethisch und unverantwortlich«, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Ein Gesundheitsrisiko für Patienten könne nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden, weil Langzeituntersuchungen zu kurz wirksamen Insulianaloga fehlen. Auch der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) stimmte in die Kritik ein. Vorstandsvorsitzender Dr. Wolfgang Plischke: »Der VFA sagt Nein zu solchen Praktiken, weil sie unethisch sind.«

 

Drei-Wochen-Frist für Stellungnahme

 

Der Verein Freiwillige Selbstkontrolle in der Arzneimittelindustrie, dessen Mitglied Novo Nordisk ist, hat umgehend reagiert. Geschäftsführer Michael Grusa bestätigte der PZ, dass ein Beanstandungsverfahren eingeleitet sei. Zu prüfen sei, ob Leistung und Gegenleistung in einem angemessenen Verhältnis stünden und ob bei der Anwendungsbeobachtung die vorgeschriebenen Regeln eingehalten wurden. Das Unternehmen hat drei Wochen Zeit, um zu den Anschuldigungen Stellung zu nehmen. Novo Nordisk wies den Vorwurf unethischer Vertriebsmethoden zurück. Man unterstütze mit Forschungsvereinbarungen die wissenschaftliche Forschung. Der Insulinhersteller beschuldigte seinerseits die Kritiker, Ärzte und betroffene Patienten gezielt zu verunsichern. Die Behauptungen zu eventuellen Gesundheitsrisiken von Insulinanaloga entbehrten jeder Grundlage.

 

Kurz wirksame Insulinanaloga für Typ-1-Diabetiker werden nur in Ausnahmefällen von der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erstattet. Das hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) im Februar entschieden und damit begründet, dass Insulinanaloga keine therapeutische Verbesserung im Vergleich zum wesentlich billigeren Humaninsulin bringen. Der GBA wollte damit auch Druck auf die Pharmaindustrie ausüben, die Preise für Insulinanaloga zu senken.

 

Allerdings hat Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) am vergangenen Freitag entschieden, dass Kindern und Jugendlichen, die an Diabetes mellitus Typ 1 leiden, die Analoginsuline auch weiterhin erstattet werden.

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