Nicht nur Sonnenschein |
11.05.2016 08:48 Uhr |
Von Jennifer Evans, Berlin / Im Gesundheitsausschuss haben die Experten über den Entwurf des Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (AMG-Novelle) beraten. Patientenschutz und Online-Verschreibungen waren die großen Themen. Auch die ABDA saß im Anhörungssaal. Nicht in allen Punkten sah es für die Apotheker aber rosig aus.
Um die Patientensicherheit zu gewährleisten und Fehldiagnosen zu vermeiden, sieht die AMG-Novelle vor, Online-Verschreibungen ohne vorherigen Arzt-Patienten-Kontakt zu verbieten. Die ABDA begrüßt die Abgaberegelung verschreibungspflichtiger Medikamente.
Zur öffentlichen Sitzung im Berliner Marie-Elisabeth-Lüders-Haus erschienen rund 30 Sachverständige, um über die AMG-Novelle zu diskutieren.
Foto: Colourbox
Lutz Tisch, Geschäftsführer Recht der ABDA, sagte: »Wir glauben an den unmittelbaren Kontakt und halten diese Regelung im Sinne des Patienten für richtig und sinnvoll.« Nicht ohne Grund seien reine Online-Verschreibungen aufgrund von Missständen sogar in den »liberal orientierten Niederlanden« vor einigen Jahren wieder aus dem Arzneimittelrecht gestrichen worden. Laut Tisch ist die Telekommunikation jedoch durchaus ein zusätzliches Instrument, das von Ärzten und Patienten in Hinblick auf eine flächendeckende Versorgung in Zukunft genutzt werden kann. »Aber eben nur eine Ergänzung.« Das betonte auch Hans-Werner Bothe von der Bundesärztekammer: »Telemedizin steht nicht im Widerspruch zum Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums, sondern ist ein Add-on«.
Die AMG-Novelle nimmt in der aktuellen Version jedoch den Apotheker in die Pflicht. Demnach muss er prüfen, ob bei der Verschreibung ein direkter Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden hat – und damit, ob das Medikament überhaupt abgegeben werden darf. Der Verbraucherzentrale Bundesverband kritisierte bereits in seiner Stellungnahme: »Die Apotheker werden so nolens volens zu einer Kontrollinstanz.« Praktisch stelle sich jedoch die Frage, ob und wie es für den Apotheker offensichtlich werden solle, dass eine Verschreibung ohne persönlichen Kontakt ausgestellt wurde. Dieses Problem gelte für Rezepte aus einer Fernbehandlung übers Internet ebenso wie für jene, die von einer ärztlichen Vertretung ausgestellt seien – ohne, dass der Patient den Arzt gesehen habe. Siiri Ann Doka von der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen sagte in der Ausschusssitzung noch deutlicher: »Es bestehen Zweifel, ob der Apotheker diese Kontrollinstanz wahrnehmen kann.«
Berufsbild erweitert
Obwohl einige Sachverständige der vorgesehenen Verantwortung der Pharmazeuten mit Besorgnis entgegenblicken, konnten die Apotheker dennoch zufrieden sein: Die Erweiterung des Berufsbilds steht nach wie vor im Gesetzentwurf. Tisch: »Eine Neufassung war unserer Ansicht nach nötig. Und wir begrüßen die Änderungen rundum.« In ihrer Stellungnahme zur Anhörung hatte die ABDA zudem die Gelegenheit genutzt, erneut auf die Honorarforderungen im Hinblick auf das Fixhonorar, einer Erhöhung der Rezeptur-, Notdienst- und BtM-Abgabe-Vergütung hinzuweisen. Die Apotheker hatten gehofft, ihre Forderungen noch in der Novelle verankern zu können. /