Arzneimittelrückstände im Trinkwasser physikalisch abbauen |
11.05.2016 08:48 Uhr |
Von Hannelore Gießen / Mit steigendem Medikamentenkonsum gelangen zunehmend mehr Arzneistoffe ins Trinkwasser. Ein neuer Ansatz, diese auf physikalischem Weg abzubauen, wird derzeit am Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie (INP) Greifswald erforscht.
»Das große Problem der Arzneimittelrückstände liegt in ihrer hohen chemischen und biologischen Stabilität«, erläutert Apotheker Robert Banaschik, wissenschaftlicher Mitarbeiter am INP, im Gespräch mit der PZ.
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Die Standardmethoden der Abwasserreinigung mithilfe von Bakterien, Aktivkohle oder der Zugabe von Chlor seien beim Abbau von Arzneistoffen nur bedingt effektiv. Aufwendige Reinigungsverfahren wie Nanofiltration und Umkehrosmose seien für große Wasserdurchsätze kaum wirtschaftlich umzusetzen. Mit dem Forschungsprojekt PLASWAS wollen die Greifswalder Wissenschaftler nun besonders hartnäckige Substanzen mit einem physikalischen Ansatz, dem sogenannten kalten Plasma, knacken. Das Prinzip besteht darin, Radikale zu erzeugen, die Schadstoffe entweder vollständig abbauen oder sie für einen konventionellen Abbau aufschließen.
Unter einem Plasma versteht man in der Physik ein Teilchengemisch, das zumindest teilweise ionisiert vorliegt. Durch die damit existierenden freien Ladungsträger werden direkt im Wasser Hydroxylradikale und andere kurzlebige Radikale erzeugt. Sie verfügen über ein weit höheres Oxidationspotenzial als Ozon oder Chlor und können auch sehr stabile Moleküle aufspalten. Das Plasma wird dazu im Wasser durch schnelle Hochspannungspulse erzeugt.
Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend: Die Konzentrationen des sehr stabilen Röntgenkontrastmittels Diatrizoat und des Anxiolytikums Diazepam konnten auf etwa die Hälfte vermindert werden.
»Für das Verfahren wird lediglich elektrische Energie benötigt und keine zusätzlichen Chemikalien«, sagt Professor Dr. Jürgen Kolb, Leiter des Forschungsbereichs Dekontamination am INP. Die Radikale werden direkt aus Wasser erzeugt und dadurch letztlich wieder zu Wasser und Sauerstoff umgewandelt. Die Forscher arbeiten derzeit daran, das Verfahren auf industrielle Maßstäbe weiterzuentwickeln. /