Spray ermöglicht bessere Kontrolle |
02.05.2018 10:30 Uhr |
Von Brigitte M. Gensthaler, München / Der vorzeitige Samenerguss (Ejaculatio praecox, EP) ist die häufigste Sexualstörung beim erwachsenen Mann. Ein neues Arzneimittel mit Lidocain und Prilocain zum Aufsprühen soll dem Mann eine bessere Kontrolle der Ejakulation ermöglichen.
Eine EP ist kein Problem junger Männer. »Die primäre Form tritt lebenslang auf und hat gravierende Auswirkungen auf das sexuelle Leben und die Partnerschaft«, sagte Dr. Viola Kürbitz, Westerstede, auf der Einführungspressekonferenz von Recordati Pharma in München. Rückzug, Enttäuschung, Scham und Sprachlosigkeit seien häufige Folgen. In der Sexualtherapie gelte daher: »Das Paar ist der Patient«.
Kürzere Plateauphase
Sexualstörungen wie die Ejaculatio praecox sind nicht nur eine große Belastung für den Betroffenen, sondern auch für den Partner. Zu einer Therapie gehören daher immer beide.
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Normalerweise kommt es nach der sexuellen Erregung und der Erektion zu einer Plateauphase, die ein Eindringen in die Vagina ermöglicht. Bei Männern mit EP seien die Plateauphase und die intravaginale Ejakulations-Latenzzeit (IELT) deutlich verkürzt, so die Urologin. In der Normalbevölkerung liege die mediane IELT bei 5,4 Minuten, bei EP-Patienten mitunter bei einer halben Minute. Der primären Form, die den Mann alterskonsistent bis ins hohe Alter begleitet, liegt vermutlich eine Dysfunktion von 5-HT1A- oder 5-HT2C-Rezeptoren oder eine gestörte 5-HT-Neurotransmission zugrunde.
Manuelle Techniken, Verhaltenstherapie, topische Therapie am Penis, selektive Serotonin-Reuptake-Hemmer, Trizyklika oder PDE-5-Hemmer – Männer mit EP probieren vieles aus. Zugelassen ist nur Dapoxetin zur oralen Gabe. Jetzt kommt mit Fortacin® Spray ein neues Medikament hinzu. Im Spray liegen Lidocain und Prilocain in eutektischer Mischung und somit flüssig vor. Daneben enthält das Arzneimittel noch das Treibmittel Norfluran, aber keine Lösungsmittel, Öle oder sonstigen Bestandteile.
Mindestens fünf Minuten vor dem Geschlechtsverkehr gibt der Mann drei Sprühstöße (entspricht einer Dosis) ringsherum auf die Eichel. Die Wirkstoffe werden durch die kaum keratinisierte Haut der Glans sofort resorbiert und wirken lokalanästhetisch, um die Latenzzeit bis zur Ejakulation zu verlängern. Innerhalb von 24 Stunden sind maximal drei Anwendungen möglich – mit mindestens vierstündigem Abstand.
Signifikant mehr Zeit
Wirksamkeit und Sicherheit des Sprays wurden in zwei randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studien über zwölf Wochen belegt. Eingeschlossen waren Männer, die in einer heterosexuellen Beziehung lebten und eine IELT unter 1 Minute hatten. Die Medikation verlängerte die Zeit bis zur Ejakulation nach der Penetration auf über drei Minuten. In standardisierten Fragebögen zeigte sich eine deutliche Verbesserung von ejakulatorischer Kontrolle, sexueller Befriedigung, Stress und Leidensdruck. Die Nebenwirkungsrate lag unter 10 Prozent bei den Männern und bei 6 Prozent bei den Partnerinnen. In einer neunmonatigen Open-label-Phase sei die IELT weiter signifikant auf über sechs Minuten angestiegen, erläuterte Professor Dr. Hartmut Porst, Hamburg. »Dies wird mit keinem anderen Medikament erreicht.«
Auch der Urologe wies auf den großen Leidensdruck hin. »Die EP führt viel häufiger zur Trennung von Paaren als die erektile Dysfunktion (ED).« Viele Frauen fühlten sich vernachlässigt und missachtet von ihrem Partner. Dies bereite vor allem jüngeren Paaren Probleme.
Eine ED, die zum Beispiel bei Männern mit Diabetes oder benignem Prostatasyndrom auftritt, sei der häufigste Grund für eine erworbene EP, sagte Porst. Aufgrund der Erektionsschwäche versuche der Mann, möglichst schnell zu penetrieren und zum Höhepunkt zu kommen, wenn es denn geht. Daher könnten PDE-5-Hemmer wie Sildenafil meist gut helfen. Auch die Kombination mit dem Spray sei sehr effektiv, jedoch nicht in Studien überprüft. Gleiches gelte für homosexuelle Männer mit EP, berichtete Porst aus ärztlicher Erfahrung. Trotz aller Aufklärung sei es nicht möglich, dieses Kollektiv in Studien einzubeziehen, monierte er. Auch für PDE-5-Hemmer oder Dapoxetin lägen keine Studien mit homosexuellen Männern vor. /