Abnehmen hilft gegen Testosteron-Mangel |
Brigitte M. Gensthaler |
09.02.2022 09:00 Uhr |
Viel Bauch, viel Glucose, wenig Testosteron: Adipositas bringt den Hormonstoffwechsel bei Männern gründlich durcheinander. Diabetes und sexuelle Störungen gehen oft Hand in Hand. / Foto: Adobe Stock/MartesiaBezuidenhout
Bei stoffwechselgesunden Männern ist ein Testosteron-Mangel bis ins hohe Alter sehr selten. »Aber nahezu die Hälfte der Männer mit Typ-2-Diabetes mellitus hat mit zunehmendem Alter einen Testosteron-Mangel und bis zu 90 Prozent der Betroffenen leiden unter sexuellen Funktionsstörungen«, berichtete Dr. Cornelia Jaursch-Hancke, Leitende Ärztin am DKD Helios Klink Wiesbaden, bei einer Online-Pressekonferenz zum Kongress »Diabetologie grenzenlos«.
Betroffen seien vor allem Männer mit bauchbetonter Adipositas. »Die abdominalen Fettzellen produzieren metabolisch aktive Substanzen, die der Testosteron-Produktion entgegenwirken und eine Insulinresistenz fördern«, erklärte die Endokrinologin. Je ausgeprägter die Stoffwechselstörungen und die zentrale Adipositas, umso niedriger sei der Testosteron-Wert in höherem Alter.
Zur Therapie des funktionellen Testosteron-Mangels empfiehlt die Ärztin diätetische Maßnahmen zum Abnehmen, gegebenenfalls unterstützt durch gewichtsreduzierende Medikamente. Viele Studien hätten gezeigt, dass die Hormonkonzentration proportional zum Ausmaß der Gewichtsreduktion steige und sich sogar wieder ganz normalisieren könne. GLP-1-Analoga wie Liraglutid könnten die Stoffwechsellage und Sexualität günstiger beeinflussen als eine Testosteron-Zufuhr, bei der auch mögliche Langzeiteffekte zu beachten seien.
Ein Testosteron-Mangel durch strukturelle Organveränderungen, der mit Symptomen wie Libidoverlust, Anämie oder Osteoporose einhergeht, müsse diagnostisch sauber abgeklärt werden; dann sei eine Testosteron-Substitution sinnvoll. »Die Hormonspiegel sollen bei Männern mit Diabetes aber nicht routinemäßig, sondern nur bei Symptomen eines Mangels gemessen werden«, empfahl Jaursch-Hancke. Die Bestimmung sei relativ schwierig und führe oft zu Fehldiagnosen durch falsch niedrige Spiegel.
Erektile Dysfunktion (ED) ist das Kernsymptom sexueller Funktionsstörungen. Diese entstünden beim Diabetes-Patienten vorwiegend durch Atherosklerose sowie Nerven- und Gefäßfehlfunktionen im Genitalbereich, während ein Testosteron-Mangel in der Regel eine untergeordnete Rolle spiele. Gefäßerweiternde Arzneimittel wie PDE-5-Hemmer seien daher sehr erfolgreich.
»Man muss die Männer nach Sexualstörungen fragen«, berichtete die Ärztin. Denn diese könnten Vorboten für ernste Herzerkrankungen wie koronare Herzerkrankung sein und gingen einem Herzinfarkt oft um Jahre voraus.